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    Polizeieinsatz und „qualifizierte Duldung“ im Kreuzfeuer der Politik

    Innensenator: Konzept der Stärke ist aufgegangen – SPD fordert politische Aufarbeitung – Kritik an Altonas Bezirksamtschef

    Die Fragen, ob man die gewalttätigen Randalierer beim Schanzenfest besser hätte unter Kontrolle bringen können und ob die Polizei richtig gehandelt hat, bestimmen am Tag nach dem Schanzenfest die politische Debatte. Aber auch der Bezirk steht in der Verantwortung, der das Fest tagsüber geduldet hatte. Politiker quer durch alle Parteien zeigten sich entsetzt von der Randale. Bis auf die Linke verurteilen sie unisono das Verhalten der Demonstranten.

    „Diesen gewaltbereiten Straftätern ging es nur um Störung und Krawall und sonst gar nichts“, sagte Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) am Sonntag. „Aufgrund der von vornherein hohen Gewaltbereitschaft einer Vielzahl von Extremisten war es richtig und notwendig, diesen Straftätern mit besonders stark aufgestellten Polizeikräften zu begegnen. Dieses Konzept der Entschlossenheit, der Stärke und der frühzeitigen Präsenz ist aufgegangen.“

    Die SPD mahnt, die Krawalle müssten jetzt politisch aufgearbeitet werden, um Ursachen und Konsequenzen zu klären. Auch die Jusos setzen ein Zeichen: „Wer mutwillig Steine auf andere Menschen schmeißt und damit Menschenleben in Gefahr bringt, gehört dafür mit der vollen Härte des Gesetzes zur Verantwortung gezogen“, meint der Juso-Landeschef Nicholas Gildemeister.

    Allerdings steht die Frage im Raum, ob der Bezirk Altona richtig gehandelt hat. SPD-Innenexperte Andreas Dressel nimmt die Differenzen zwischen der Innenbehörde und dem Bezirksamt ins Visier: „Dass Innensenator und Bezirksamtsleiter in dieser zentralen Frage auf unterschiedlichen Wellenlängen gefunkt haben, darf sich nicht wiederholen. Es kann nicht sein, dass hier Verantwortlichkeiten hin- und her geschoben werden.“

    Noch einen Schritt weiter geht Joachim Lenders von der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Den Raum für diese Gewaltorgie haben die Bezirkspolitiker und der Bezirksamtsleiter zu verantworten, weil sie mit dem neu erfundenen Begriff der qualifizierten Duldung einen rechtsfreien Raum geschaffen haben“, sagt er. „Es ist billig, wenn der Bezirksamtsleiter so tut, als sei er nur für das Fest tagsüber und nicht für die Nacht verantwortlich. Politiker, die Verantwortung und Haftung einfordern, sollten diesen Maßstab auch mal an sich selbst anlegen.“

    Bezirksamtschef Jürgen Warmke-Rose weist dies zurück: „Auch aus heutiger Sicht war es kein Fehler, dieses Fest so zu dulden“, sagt er. „Die Straftaten, die ab 23.30 Uhr begangen wurden, können nicht darauf zurückgeführt werden, dass es vorher ein friedliches Fest gab, an dem zu einhundert Prozent andere Leute teilgenommen haben.“ Viel schlimmer wäre es geworden, wenn das Fest ab dem Morgen wegen Ordnungswidrigkeiten untersagt worden wäre. Altonas CDU-Fraktionschef Uwe Szczesny findet es bestürzend, dass ein sehr hoher Anteil an „bewussten Krawalltouristen“ zu der Randale in die Schanze gekommen war. Aber auch er sieht es nicht als Fehler, das Fest zugelassen zu haben, man habe es ohnehin nicht verhindern können.

    Ahlhaus ist anderer Meinung: „Ich halte es nicht für richtig, dass hier einer Gruppe, die sich nicht verhandlungsbereit gezeigt hat, Rabatt eingeräumt wurde.“ Den Krawalltouristen gegenüber müsse der Rechtsstaat deutlich zeigen, dass er sich nicht auf der Nase herumtanzen lasse. Erst dann würden die Randalierer erkennen, dass es sich für sie nicht lohne, Krawall zu machen.

    Einzig die Linke nimmt eine andere Haltung zum Schanzenfest ein: Die Links-Innenexpertin Christiane Schneider spricht von „unprovozierter Polizeigewalt“ gegenüber friedlichen Demonstranten und der gewaltsamen Unterdrückung „politisch unliebsamer Lebensäußerungen“. Schneiders Fazit: „Polizeiknüppel und Wasserwerfer lösen keine gesellschaftlichen Probleme“.