Skip to main content

    Schanze-Krawalle: Randalierer greifen Polizeiwache an

    Nach friedlicher Partynacht eskaliert die Lage auf dem Schulterblatt erneut – Polizei nimmt 40 Gewalttäter fest

    Fast blieb es ein ruhiges Schanzenfest: Tausende feierten friedlich vom Nachmittag bis weit nach Mitternacht auf dem Schulterblatt, die Polizei hielt sich zurück, Ärger gab es keinen. Doch Krawallmacher suchten dann doch die Eskalation. 150 bis 200 Randalierer stürmten gegen 1.45 Uhr auf die Polizeiwache an der Lerchenstraße zu. Das war das Ende der bis dahin friedlichen Veranstaltung. Bei der Verfolgung der Randalierer kam es rund um die Rote Flora zur Straßenschlacht, die bis etwa 3 Uhr andauerte.

    An Flohmarktständen, vor Bierbuden und in den anliegenden Kneipen hatten mehrere Tausend Menschen friedlich den Abend im Szeneviertel verbracht. Dichtgedrängt standen die Menschen auf der Straße. Die Polizei hielt sich völlig zurück, kein einziger uniformierter Beamter tauchte auf. Die Masse der rund 2000 Polizisten stand auf dem Heiligengeistfeld in Bereitschaft.

    Nachdem der Flohmarkt aber beendet und eine Bühne abgebaut war, loderten erste Feuer. Im Schanzenpark schlugen die Flammen mehrere Meter hoch. Immer neues Material, darunter ganze Plastikmülleimer, wurde herangeschleppt und in die Flammen geworfen. Auch Feuerwerkskörper und Feuerzeuge flogen in die Flammen. Es knallte und zischte. Die Dunkelheit hüllte den pechschwarzen Rauchpilz ein. Auf der Piazza in der Straße Schulterblatt sorgten selbsternannte Ordnungshüter aus der linken Szene für Ruhe. Immer wieder machten sie kleineren Krawalltrupps klar, dass man feiern wolle. Es schien zunächst, als würde es klappen.

    Gegen 1 Uhr war es dann mit der Ruhe vollens vorbei. Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, wurde Augenzeuge. „Ich saß gerade im Wagen an der Budapester Straße und wollte etwas essen“, sagt er. Dann tauchten plötzlich 150 bis 200 Vermummte auf. Ein Verkehrsposten der Polizei, der die Autos um das Schanzenviertel herumleitete, ergriff die Flucht. „Dann rannte der Mob die Straße hoch. Fahrzeuge, die auf der Straße unterwegs waren, wurden angegriffen und beschädigt. Die Gruppe ging auf die Wache los. Mit einem Verkehrsschild hebelten sie ein Fenster auf und warfen Böller hinein. Im ersten Stock gingen Scheiben zu Bruch. Danach wurde ein Bushäuschen zerstört und Feuer gelegt“, sagt Lenders. „Alles ging blitzschnell. Als Einsatzkräfte herankamen, flüchtete die Gruppe durch die Juliusstraße Richtung Piazza.“

    Einem Journalisten, der die Szene ebenfalls beobachtete und der sie später auf der Piazza identisch schilderte, drohte ein dunkel gekleideter Mann Schläge wegen der „Lügen“ an. Die Szene hatte schnell ihre Version über den Angriff auf die Polizeiwache. „Das waren doch zivile Bullen“.

    Mit dem Angriff auf die Polizeiwache kippte die Situation. Die Einsatzkräfte vom Heiligengeistfeld rückten an. „Bei der Verfolgung gab es massiven Flaschenbewurf“, sagt der Chef der Bereitschaftspolizei, Hartmut Dudde. Es folgte die Räumung des Schulterblatts von zwei Seiten. Die Masse der Feiernden, viele schon erheblich alkoholisiert, hatte nichts von dem Angriff auf die Polizei mitbekommen. Die meisten wurden völlig überrascht, räumten aber nicht die Straße. Es kam zum Schlagstock- und Wasserwerfereinsatz. Festnahmeeinheiten rannten los und gingen zuweilen wahllos auf Menschen zu. Flaschen und Steine wiederum flogen auf Einsatzkräfte. Es gab vor allem auf der Seite von Krawallmachern und Passanten Verletzte. Randalierer errichteten kleine Barrikaden, legten Feuer. In Trupps zogen Vermummte im Umfeld durch das Viertel. An der Ludwigstraße plünderten sie einen Computerladen. Es gab mehrere Festnahmen. Immer wieder kam es zu Steinwürfen und Brandstiftungen. Erst am frühen Morgen beruhigte sich die Situation.

    Bei den Krawallen hat es nach Polizeiangaben mindestens 60 Verletzte und 130 Fest- und Ingewahrsamnahmen gegeben. Allein am frühen Sonntagmorgen kam es zu 47 Festnahmen und 20 Ingewahrsamnahmen. Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) sprach von einem „enormen Gewaltpotenzial“ und lobte den Einsatz der Beamten. Man sei konsequent eingeschritten, als es zu Straftaten kam.