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    Krawalle und Terrorgefahr: Polizei ächzt unter Überlastung

    Ein gestohlenes Rad, die aufgebrochene Terrassentür, das geraubte Handy – nicht nur auf der Bergedorfer Wache stöhnen Polizisten: Obwohl es reichlich Arbeit gibt, müssen Kollegen immer wieder bei Demonstrationen oder „verschärften Terrorlagen“ einspringen. „Die Überstunden aller 9800 Hamburger Polizeibeschäftigten liegen bei 890 000“, sagt Joachim Lenders, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Wenn unsere fünf Hundertschaften der Bereitschaftspolizei nicht ausreichen, wird Alarmdienst ausgerufen.“ Die Kommissariate müssen Beamte abgeben. Folge: Statt vier sind nur noch drei Schichten auf den Wachen verfügbar, „dann machen die Kollegen zwölf Stunden Dienst am Stück“. Konfliktträchtige Fußballspiele sind immerhin planbar, so Lenders: „Nicht aber durchgeknallte Rechte, die Plötzlich vor einem Asylheim stehen und damit die Linken wie Schmeißfliegen anziehen.“ Die Terrorabwehr in Bremen unterstützten Hamburger MEK-Einheiten spontan. Manches lässt sich besser vorausplanen: Am 16. März reisen gleich zwei Hundertschaften nach Frankfurt. Dort werden Demos erwartet zur Neueröffnung der europäischen Zentralbank. Einen G7-Gipfel auf Schloss Elmau (Bayern) im Juni werden 17 000 Polizisten sichern, darunter zwei Hamburger Hundertschaften. Kurz bevor die Überstunden die Millionengrenze erreichen, zahle die Bürgerschaft meist jährlich zwei Millionen Euro aus, sagt Lenders: „Aber gerade ältere Kollegen hätten lieber Freizeitausgleich.“ 500 neue Stellen für Hamburgs Polizei fordern die Gewerkschafter, demonstrieren dafür kommenden Dienstag wie auch für eine Tarifsteigerung von 5,5 Prozent. Derzeit müht sich die Innenbehörde, zumindest die anstehende Pensionierungswelle zu bewältigen. 2015 will Hamburg 325 statt 250 neue Polizisten einstellen, sagt Sprecher Mirko Streiber. Der Zustrom jüngerer Kollegen könnte auch in anderer Hinsicht für Entspannung sorgen: Die Krankenquote liegt derzeit bei zehn Prozent, „uns fehlen täglich 1000 von 10 000 Mitarbeitern“. Zudem arbeite eine Arbeitsgruppe daran, den Schichtdienst attraktiver zu gestalten. „Immer wenn es Krawalle beim VfB Lübeck gibt oder irgendwo in Deutschland einen größeren Polizeieinsatz ist Schwarzenbek dabei“, sagt Ernst Jenner, Leiter der Polizeizentralstation. 28 Beamte versehen in Schwarzenbek und Umgebung ihren Dienst. Einer davon gehört einer Einsatzhundertschaft an. Sobald sie angefordert wird, fehlt er in Scharzenbek, häufig auch ein zweiter Beamter. Kehren sie zurück, haben sie jeder bis zu 100 Überstunden angehäuft. Jenner: „Wir müssten eigentlich deutlich mehr Verkehrskontrollen vornehmen und würden gern unsere Aufklärungsquote von 48,8 Prozent verbessern. Aber das wird zunehmend schwieriger, zumal sich Großeinsätze häufen.“ Die nächste Herausforderung ergibt sich am 14. Und 15. April. Dann treffen sich die Außenminister der sieben wichtigsten Industriestaaten in Lübeck, geschützt von bis zu 3500 Polizisten aus ganz Deutschland. „Wir haben in Schleswig-Holstein erstmals eine Urlaubssperre“, sagt Manfred Börner, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei. In der Fläche fehlen zunehmend Beamte, warnt Börner: Dass jetzt in Kiel darüber nachgedacht werde, 122 Polizisten einzusparen, „ist das falsche Signal“.