Die Opfer leiden ewig, die Täter kriegen Geld
Straßburg – Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sorgt in Deutschland für Empörung.
Die Straßburger Richter sprachen drei mehrfach vorbestraften und als gefährlich eingestuften Sexualstraftätern wegen nachträglich verhängter Sicherungsverwahrung insgesamt 125 000 Euro Haftentschädigung zu – auf Steuerzahlerkosten! Zudem müssen die Männer freigelassen werden.
Die Praxis in Deutschland verstoße gegen die Menschenrechte, entschied der Gerichtshof.
Aber was ist mit den Opfern der Straftäter? In BILD sprechen Betroffene und Experten.
• Joachim R.s (54) Tochter Stephanie wurde im Jahr 2006 in Dresden von Sextäter Mario M. gefangenen gehalten, immer wieder vergewaltigt.
In BILD klagt der Vater an: „Es ist eine Schweinerei, dass diese Straftäter jetzt eine Entschädigung erhalten. Wir müssen für Geld betteln und kämpfen. Es geht uns hundsmiserabel bei solchen Meldungen. Wie Betroffene auf solche Gerichtsentscheidungen reagieren, interessiert offenbar niemanden.“
• CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach (58) kritisiert das Urteil scharf:
„Entschädigungen für die Schwerverbrecher wären eine erneute Demütigung der Opfer. Die zuständigen Regierungen sollten deshalb jetzt genau prüfen, ob die Entscheidung für Deutschland tatsächlich bindend sein muss.” Und weiter: „Das Urteil steht im Gegensatz zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das zu Recht eine nachträgliche Sicherungsverwahrung erlaubt. In manchen Fällen kann ein Richter bei der Urteilsverkündung nicht wissen, dass ein Schwerverbrecher in der Haft jede Therapie ablehnen wird und deshalb eine Gefahr für die Öffentlichkeit ist.“
• Joachim Lenders von der Deutschen Polizeigewerkschaft:
„Polizisten müssen die Straftäter nicht nur fangen, sondern auch noch bewachen, wenn sie entlassen werden, damit sie nicht wieder etwas anstellen. Man fasst sich an den Kopf, wenn man hört, dass die Verbrecher auch noch Entschädigungen bekommen.“
• Polizeihauptkommissar Lothar Engel (54, Mitglied der GdP) überwacht mit Kollegen in Heinsberg (NRW) einen weiteren bereits aus der Haft entlassenen Sexualstraftäter:
„Es kann nicht sein, dass gefährliche Verbrecher wie Mörder oder Sexualstraftäter frei kommen, weil die Gesetze lückenhaft sind. Hier müssen wir schon eine 24-Stunden-Überwachung für einen freigelassenen Gewalttäter stemmen. Dadurch fehlen die Kollegen natürlich an anderen Stellen, das Personal ist ohnehin knapp. Die Fälle in Duisburg und Steinfurt, wo aus der Sicherungsverwahrung entlassene Sexualstraftäter wieder rückfällig geworden sind, sind klare Belege, dass wir mit unserer kritischen Haltung recht haben.
• Opfer-Jurist Thomas Kämmer betreut seit sieben Jahren bundesweit Gewaltopfer:
„Dass die Beschwerdeführer jetzt mit Geld entschädigt werden und Hoffnung auf Freiheit haben, ist ein absolutes Armutszeugnis für die deutschen Politiker. Das sind Schwerverbrecher, die Opfern viel Leid zugefügt haben. Es ist ja nicht ausgeschlossen, dass die Verurteilten wieder eine Straftat begehen.“