Die Welt: Schweinske-Cup: Debatte über Polizeitaktik
St. Pauli sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt – Polizei sucht weitere Zeugen
31 erkannte Krawallmacher reisten für Gewalttaten extra nach Hamburg an
Nach den Ausschreitungen beim Schweinske-Cup in und um die Alsterdorfer Sporthalle wird klar, dass die Veranstaltung von Gewalttätern gezielt als Plattform für Krawall genutzt wurde. Unter den 76 in Gewahrsam oder festgenommenen Personen sind Hooligans, als Gewalttäter bekannte Linksextremisten und zahlreiche Kriminelle, die in der Vergangenheit vor allem durch Gewaltdelikte auffielen. Die Polizei hofft jetzt, noch weitere Krawallmacher durch privat gemachte Videos zu identifizieren.
„Unter den Fest- und Ingewahrsamnahmen befanden sich zehn im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen registrierte Gewalttäter, vier bekannte Gewalttäter aus dem linken Spektrum sowie 16 bereits kriminalpolizeilich in Erscheinung getretene Tatverdächtige“, sagt Hauptkommissarin Karina Sadowsky. „31 der Personen kamen von auswärts. Selbst aus Schottland und Österreich stammen einige der festgesetzten Personen.“ Mittlerweile hat das Fachkommissariat für Szene- und Gruppengewalt, die ZD 64, die Ermittlungen übernommen.
Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, nennt die Ausschreitungen eine „von unglaublicher Brutalität geprägte Gewaltorgie“. „Was mich wirklich aufregt, ist die jetzt auch noch aufkommende Kritik an dem polizeilichen Vorgehen beim Trennen der gewalttätigen Fangruppen“, so Lenders. Er spielt damit auf die Kritik von St.-Pauli-Präsident Stefan Orth und dessen Sicherheitschef Sven Brux an, die der Polizei am Montag vorwarfen, dass sie „einseitig und überzogen“ reagiert habe. Die Schuld an den Krawallen sehen sie bei etwa 120 rechtsradikalen Lübeck-Fans, die ungehindert zwei Angriffe auf St.-Pauli-Anhänger ausgeführt hätten.
Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) zeigte sich schockiert von den Geschehnissen. „Diese Leute sind kriminell, ich finde es unglaublich, was sie diesem traditionsreichen Familien-Fußballturnier angetan haben“, sagte er. Neumann hat als Reaktion auf die Vorfälle Vertreter des Hamburger Fanprojekts, der Fanklubs des HSV und von St. Pauli sowie Repräsentanten der beiden Profiklubs, des Hamburger Sportbundes, des Hamburger Fußball-Verbandes und der Polizei zu einem Gespräch ins Rathaus eingeladen. „Ich habe große Zweifel, ob sich solche Veranstaltungen in Zukunft durchführen lassen. Aus der ersten Erregung heraus würde ich sagen: Nein“, sagte der Innensenator dem „Hamburger Abendblatt“.