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    Gruppe von 20 Menschen greift Polizeibeamte an

    Fingierter Notruf Streifenwagen-Besatzung kann gerade noch Verstärkung rufen

    Für Polizeioberkommissarin C. (36) und ihren Kollegen Polizeikommissar Z. (32) sah es zunächst nach einem Routineeinsatz aus, als sie Donnerstagabend zum Übergangswohnheim am Curslacker Neuer Deich 78-80 gerufen wurden. Doch was die beiden Beamten dort erlebten, wird sie im Rückblick wohl noch einige Tage beschäftigen: Massiv wurden die Polizisten dort bedrängt.

    In der Anlage, die von der sozialen Dienstleistungsgesellschaft „fördern und wohnen“ betreut wird, hatte an jenem Abend einer der 480 Bewohner – Menschen, die aus verschiedenen Gründen wohnungslos sind – ohne Anlass einen Notrufmelder betätigt. Eine Straftat. Um 19.30 Uhr hält der Streifenwagen vor dem Gebäude. Die Beamten nehmen Personalien auf, kehren zum Streifenwagen zurück. Dort stellen sie geschockt fest, dass der vordere rechte Reifen zerstochen ist. Doch damit nicht genug: Plötzlich umringt eine Gruppe von etwa 20 Menschen die beiden Beamten, bepöbelt und bedrängt sie. Ein junger Mann wird handgreiflich, weil er sich ausweisen soll. Als die Beamten ihn vorläufig festnehmen, eskaliert die Situation. Eine junge Frau versucht, den Mann zu befreien, die Polizisten zur Seite zu drängen.

    Die Ordnungshüter schaffen es, Verstärkung zu rufen: Fünf Streifenwagen sind binnen Minuten am Einsatzort. Der Mann und die Frau, die beide aus Billstedt stammen, werden mit auf die Wache genommen.

    Schlimmeres konnte verhindert werden – doch nicht nur die Polizisten sind geschockt. „Wir müssen die Situation analysieren. Diese Attacke hat auch uns erschreckt“, sagt Christiane Schröder (46) von „fördern und wohnen“. Kommende Woche soll es nun Gespräche mit der Polizei geben.

    „Einen solchen Angriff auf Polizeibeamte, von so vielen Personen, habe ich während meiner Dienstzeit in Bergedorf noch nicht erlebt“, sagt Polizeidirektor Bernd Krösser (46). Offensichtlich wachse der Kreis der Menschen, die keinen Respekt vor der Arbeit der Polizei haben.

    Für Freddi Lohse, stellvertretender Landesvorsitzender der Polizeigewerkschaft, ist Gewalt gegen Polizisten schon lange trauriger Alltag. „Der Werteverfall in der Gesellschaft, wegbrechende Hemmschwellen, Gewalt leider auch gegen Polizisten: Es wird von Jahr zu Jahr schlimmer“, sagt der 50-Jährige.

    Längst nicht die einzige Belastung für Polizisten: Hinzu kämen Personalmangel und ständige Einsparungen. Gerade in Bergdorf sei die Situation höchst problematisch. „Manchmal finden die Beamten im Polizeikommissariat 43 zum Schichtwechsel 40 Einsatzbefehle vor, die sie abzuarbeiten haben. Präventive Streifenfahrten, um Präsenz zu zeigen, finden kaum noch statt“, sagt Lohse.

    Dadurch werde auch das Problem der Gewalt gegen Polizisten geschürt: „Wenn im Stadtbild kaum noch Polizisten wahrgenommen werden, muss man sich nicht wundern dass dann einige schräge Gestalten Morgenluft wittern“, sagt er. Und jetzt sollen in Hamburg im Rahmen der Haushaltskonsolidierung weitere 22,5 Millionen Euro bei der Polizeiarbeit eingespart werden. „Das wären dann 400 Polizeibeamte weniger in Hamburg. Das ist Irrsinn“, sagt Freddi Lohse. Schon jetzt schieben die Ordnungshüter einen riesigen Überstundenberg vor sich her. Für ihren Einsatz werden sie bisweilen sogar auf der Straße bespuckt.