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    Koalition diskutiert Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen

    GAL plädiert dafür, ehemalige Lagerinsassen nach Hamburg zu holen – Meinungen in der CDU geteilt – Innensenator hält sich bedeckt

    Im schwarz-grünen Senat bahnt sich ein Streit über eine Aufnahme ehemaliger Insassen des US-Gefangenenlagers Guantánamo in Hamburg an. Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Antje Möller, sagte der WELT, sie plädiere dafür, frühere Häftlinge des Lagers in Deutschland aufzunehmen. Auch Hamburg müsse sich dann an der Aufnahme beteiligen. „Entscheidend wird sein, den Bundesländern deutlich zu vermitteln, dass es keine Risiken für sie gibt“, sagte Möller.

    CDU-Innenpolitiker André Trepoll dagegen fehlt „jegliches Verständnis“ für diese Aufnahmebereitschaft. „Ich sehe das sehr kritisch und kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es in der Fraktion auf breite Zustimmung stößt. Ich sehe keinen Grund, warum Hamburg diese Menschen aufnehmen sollte.“

    Auslöser der Diskussion ist ein Bericht der „Bild“-Zeitung, wonach drei der noch 183 Insassen des US-Gefangenenlagers auf Kuba nach Hamburg kommen sollen. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe darüber mit Bürgermeister Ole von Beust gesprochen, so „Bild“. Bei den Männern soll es sich um zwei Palästinenser und einen Syrer handeln.

    Senatssprecherin Kristin Breuer dementierte gestern zwar das angebliche Gespräche zwischen Bürgermeister und Kanzlerin: „Weder hat es ein Gespräch zwischen Herrn von Beust und Frau Merkel zu diesem Thema gegeben, noch gibt es eine offizielle Anfrage, noch hat sich der Hamburger Senat damit befasst.“ Zu der Frage, ob eine Aufnahme in Hamburg grundsätzlich denkbar sei, mochte sich jedoch niemand aus dem Senat äußern. Auch Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) beließ es gestern bei der Feststellung, ihm liege keine offizielle Anfrage des Bundes vor.

    Inoffiziell verlautete derweil aus der Innenbehörde, dass man von den sehr konkreten Ankündigungen überrascht worden sein. „Dass es da Gespräche gibt, ist ja schon eineinhalb Jahre bekannt“, sagte ein Beamter. „Da ging es aber nicht konkret um Hamburg.“ Ohnehin könne sich die Stadt voraussichtlich nicht gegen den Zuzug von Ex-Guantánamo-Insassen wehren. „Es sind ja keine Asylbewerber. Diese Leute würden eine Duldung bekommen. Damit können sie auch selbst entscheiden, ob sie nach Hamburg wollen oder nicht.“ Mehr noch: In einigen Jahren können sie dann die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen. Das Hamburg jetzt so konkret ins Spiel gebracht wurde, ist für Insider ein Hinweis darauf, dass es bereits konkrete Äußerungen der Noch-Häftlinge geben könnte, wo sie in Deutschland leben wollen. Hier würden sie zunächst nicht als „Gefährder“ oder Unterstützer der islamistischen Szene eingestuft. „Wir haben über diese Leute keine Informationen. Die Amerikaner werden kaum die Akten über sie mitschicken“, hieß es. Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft und früherer Bürgerschaftsabgeordneter der CDU, sagte, er sei „strikt“ gegen eine Aufnahme. „Man kann nicht mal ernsthaft über eine solche Möglichkeit nachdenken“, so Lenders. „Diese Leute hier zu haben birgt Risiken, die wir nicht brauchen können. Wir haben auch so schon genug Problemfälle in der Stadt. Es gibt für ganz Deutschland keinen Grund, amerikanische Gefangene zu nehmen. Vor allem, weil die USA selbst noch keinen der Häftlinge aufgenommen haben.“

    Der Hamburger CDU-Partei- und Fraktionschef Frank Schira mochte sich gestern nicht zu einer inhaltlichen Positionierung bei dem Thema durchringen. Bisher sei ja nicht einmal klar, ob Deutschland Guantánamo-Insassen aufnehme, wie viele kämen und wie sie auf die Länder verteilt würden, hieß es aus der Partei. Dabei räumen führende CDU-Mitglieder ein, dass eine Aufnahme vor allem für die eigene Klientel sehr problematisch sei. Nicht alle aber lehnen eine Aufnahme rundweg ab. Der Bürgerschaftsabgeordnete Klaus-Peter Hesse etwa sagte der WELT, es gehe dabei vor allem um Solidarität und gerechte Verteilung auch zwischen den Bundesländern.

    SPD-Innenpolitiker Andreas Dressel verlangte gestern Klarheit. „In dieser für die Menschenrechte und unsere Sicherheit zentralen Frage reichen lauwarme Dementis nicht“, so Dressel. „Hier erwarte ich vom schwarz-grünen Senat und vom Innensenator eine klare Ansage. Der Innensenator ist als Vorsitzender der Innenminister-Konferenz in der Pflicht, die Kakophonie der unionsgeführten Länder zu beenden.“