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    Politisches Nachspiel für Krawalle

     

     

    Hamburger Bürgerschaftsausschuss soll klären, wie es zu Straßenschlachten kam

    Am Tag nach den Krawallen herrschte auf Hamburgs Straßen Ruhe wie sonst nur inmitten der Sommerferien. Nur 24 Stunden zuvor war es im Stadtteil Wandsbek zu schweren Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und linken Autonomen gekommen. Diese hatten versucht, sich einem Neonazi-Aufmarsch entgegen zu stellen, während sich mehr als 10.000 Bürger zum friedlichen Protest auf dem Rathausmarkt versammelt hatten.

    Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) zeigte sich „wütend und traurig, dass Gewalt- und Straftäter Polizistinnen und Polizisten angreifen und verletzen, die sich für unsere Demokratie, unseren Rechtsstaat und unsere friedliche Gesellschaft einsetzen“. Die Angriffe zeigten, dass Extremisten und Extremismus ständige Bedrohungen und Herausforderungen für die Gesellschaft seien, so Neumann.
     

    Vertreter der CDU, der Grünen und der Linken sprachen sich dafür aus, die Vorfälle in einer Sondersitzung des Innenausschusses zu analysieren. „Man muss die Fragen stellen, ob die Polizei ausreichend aufgestellt war und warum elf Mannschaftswagen offenbar ohne jede Bewachung ausbrennen konnten“, sagte etwa Kai Voet van Vormizeele, Innenpolitiker der Hamburgischen Bürgerschaft. Bereits in der Nacht zu Sonnabend waren auf dem Parkplatz eines Hotels, in dem Einsatzkräfte aus Bochum untergebracht waren, elf Einsatzfahrzeuge samt Ausrüstung in Flammen aufgegangen. Auch der Tag des Neonazi-Aufmarsches selbst bietet nun zahlreiche Vorkommnisse für eine Sondersitzung der parlamentarischen Innenexperten: Sie müssen in erster Linie klären, wie es mitten in einem Wohngebiet zu den Scharmützeln zwischen der Polizei und den Autonomen kommen konnte. Bereits bevor die ersten Rechtsradikalen am Versammlungsort auftauchten, nahmen die Einsatzkräfte in der Nähe der Marschroute etwa 700 Personen in Gewahrsam. Der Marsch der Neonazis setzte sich mit mehr als zwei Stunden Verspätung sowie mit nur 700 Teilnehmern in Bewegung – erwartet worden waren 1000. „Das Störeraufkommen auf der geplanten Marschstrecke war so erheblich, dass ein neuer Marschweg genommen wurde“, sagt Hauptkommissarin Christiane Levgrün.

    Auf dem vom Verwaltungsgericht gestatteten Weg hatten Gegendemonstranten Blockaden errichtet und Feuer gelegt. Aber auch auf der neuen Route kam es zu harten Auseinandersetzungen mit Gegendemonstranten, die in engen Wohnstraßen den Marschweg blockierten. Die Polizei nahm 17 Personen fest. 38 Beamte wurden bei den Auseinandersetzungen mit Gegendemonstranten verletzt.

    „Vor allem die Aktionen militanter Gegendemonstranten waren von bemerkenswerter Intensität“, sagt der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Joachim Lenders. Andreas Dressel, Fraktionschef der Regierungspartei SPD, hob den friedlichen Protest hervor: „Die Botschaft vom Rathausmarkt hat die dumpfen Sprüche der Nazi-Demo bei weitem übertönt.“ Im Bürgerschaftsausschuss müsse nun geklärt werden, ob die Einkesselung von Gegendemonstranten durch die Polizei sowie die kurzfristige Routenänderung der Nazis begründet waren. Christiane Schneider (Linke) sagte: „Leider hat die Polizei eine Sitzblockade mit Wasserwerfern und teilweise sehr brutalem Einsatz gegen die Sitzenden aufgelöst.“

    CDU-Mann Voet van Vormizeele regte an, dass Gerichte ihre Genehmigungspraxis überdenken könnten. Hamburg sei öfter als andere Städte von Krawallen betroffen, da die mediale Aufmerksamkeit ähnlich wie in Berlin sehr hoch sei, so Voet van Vormizeele. Rechte und linke Szene würden Ausschreitungen gezielt inszenieren.