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    Polizeireform sorgt für neuen Unmut

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    Wachen bekommen zusätzliche Aufgaben, etwa das Abnehmen von Fingerabdrücken

    • Bisher werden Verdächtige zentral im Polizeipräsidium erkennungsdienstlich behandelt. Gewerkschaft: „Wachen werden Fußabtreter der Polizei“

    Der Umbau der Hamburger Polizei soll nicht zu einer Schwächung der Präsenz führen, so das Versprechen von Innensenator Michael Neumann (SPD), der in dieser Woche seine Pläne im Führungszirkel der Ordnungshüter vorstellen will. Sparvorgaben in Form von Personalabbau sollen ausschließlich die Verwaltung treffen. Jetzt aber sickern Pläne durch, die Zweifel daran nähren. Der Vorschlag selbst kommt aus der Polizeispitze und würde bei der Umsetzung eine Verlagerung von Arbeit in erheblichem Umfang an die Polizeikommissariate bedeuten.

    Erkennungsdienstliche Behandlung (ED) nennt man es, wenn von Festgenommenen Fingerabdrücke gemacht werden. Das ist mittlerweile nur ein Teil einer umfangreichen Dokumentation persönlicher Merkmale von Verdächtigen. In den vergangenen Jahren sind das Erstellen von DNA-Proben und auch Ohrabdrücke dazugekommen. Zudem müssen Fotos, eine Personenbeschreibung nach Vorgaben des Bundeskriminalamtes angefertigt oder eine Inaugenscheinnahme des ganzen Körpers durchgeführt werden, um Tattoos, Narben oder andere unveränderliche Merkmale festzustellen. Bislang wird das zentral im Polizeipräsidium bei der Dienststelle LKA 14 abgearbeitet. 34 Mitarbeiter der Polizei sind damit beschäftigt. Sie verrichten ihre Arbeit im Schichtdienst. Täglich, rund um die Uhr.

    Diese ED-Behandlungen, durchschnittlich 25 am Tag, sollen zukünftig an den Polizeikommissariaten (PK) durchgeführt werden. Genauer gesagt soll die Arbeit an vermutlich vier Leit-PK anfallen. Dies sind die Kommissariate, die in einem Verbund mehrerer Wachen eine Führungsfunktion übernehmen. Dort würde nicht nur entsprechende Technik, von der Einrichtung einer Fotostation, einem Folien-Kühlschrank für Ohr-Abdruckfolien bis zu einem vom Bundeskriminalamt zertifizierten Drucker zum Ausdruck von Fingerabdrücken, angeschafft werden. Es müsste auch Personal für die ED-Behandlung bereitgestellt werden.

    Dafür würde jedes Leit-PK ein bis zwei Mitarbeiter aufbieten müssen. Interne Berechnungen ergaben, dass monatlich, je nach Bereich, zwischen 44 und 167 ED-Behandlungen anfallen. Routiniertes Personal braucht 30 bis 40 Minuten pro ED-Behandlung. Ist der Verdächtige betrunken, ist es eine schwangere Frau, ein Jugendlicher oder hat er gar eine ansteckende Krankheit wie Aids oder Hepatitis C, wird der Vorgang schwieriger und damit zeitintensiver. Interne Berechnungen inklusive Transport und Bewachung gehen von bis zu 6,5 Arbeitsstunden aus, die für ein Kommissariat pro ED-Behandlung anfallen. Es müsste, selbst bei unterster Belastungsgrenze, ein Mitarbeiter des Kommissariates dafür abgestellt werden.

     Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) geht davon aus, dass die jeweiligen Kollegen aus dem Vollzug kommen. „Andere Möglichkeiten sind momentan nicht absehbar“, so Thomas Jungfer, stellvertretender Landesvorsitzender der DPolG.

    Rein rechnerisch wäre die Verlagerung der ED-Behandlung ein Gewinn für die Polizei. Die 34 Mitarbeiter beim LKA 14 könnten eingespart werden. Sie sind keine Vollzugsbeamten, sondern Verwaltungsangestellte. Außerdem erhofft man sich Einsparungen beim Gefangenentransport, da Verdächtige nicht mehr von den Wachen zum Polizeipräsidium gebracht werden müssten.

    „Das wäre ein unseriöser Trick, der Arbeit an Polizeikommissariate verlagert und zulasten der Präsenz geht. Die Wachen werden damit wieder zum Fußabtreter der Polizei gemacht“, ärgert sich Jungfer. Er befürchtet weitere vergleichbare Fallen der Polizeireform. Dass die Kommunikation zwischen Polizeiführung und Beamten nicht besonders gut ist, untermauert eine Umfrage der Gewerkschaft. Von 1100 Polizisten, die sich befragen ließen, fühlten sich nur 73 in Sachen Reform gut informiert.