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    Positionspapier der Deutschen Polizeigewerkschaft Hamburg (DPolG) zum Projekt „Zukunftsfähiges Beförderungs- und Stellensystem für die Polizei Hamburg“ (ProBeSt)

    DPolG: ProBeSt…und (fast) alle Fragen offen!

    „Sagen, was ist.“

    (Rudolf Augstein)

    1. Vorbemerkung

    Die Einführung und konsequente Umsetzung der zweigeteilten Laufbahn bei der Polizei gehört seit vielen Jahren zu den gewerkschaftspolitischen Kernforderungen der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in Bund und Ländern. Es ist eine der vornehmsten Aufgaben einer Polizeigewerkschaft für die sozialen Interessen ihrer Mitglieder und aller anderen Kolleginnen und Kollegen einzutreten, und unter anderem für eine gerechte Bewertung und Bezahlung des Polizeiberufes zu kämpfen.

    Gleiches gilt für die Beamtinnen und Beamten der Polizeiverwaltung und unsere tarifbeschäftigten Kolleginnen und Kollegen. Selbstverständlich hat sich auch die DPolG Hamburg für die Einführung der zweigeteilten Laufbahn bei der Hamburger Polizei ausgesprochen, zuletzt 2014 auf dem 24. Landeskongress der DPolG Hamburg – dem höchsten Beschlussorgan unserer Gewerkschaft.

    Die gerechte Bewertung des Polizeiberufes muss für die Politik endlich an erster Stelle stehen. Hierzu sind die rechtlichen Möglichkeiten längst gegeben, da im Zuge der Föderalismusreform alle Bundesländer die Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungs-, Versorgungs- und Laufbahnrecht „ihrer“ Landesbeamtinnen und -beamten vom Bund übernommen haben. Die Realität sieht jedoch völlig anders aus – seit mehr als drei Jahren (!) versuchen Behördenleitung und Polizeiführung ein „neues“, „gerechtes“, „zukunftsfähiges“ und „transparentes“ Beförderungssystem für die Polizei Hamburg zu entwickeln und einzuführen.

    1. Rückblick

    Am 28. September 2012 hatte der damalige Polizeipräsident, Wolfgang Kopitzsch, offiziell das Projekt „Zukunftsfähiges Beförderungssystem für die Polizei“ eingesetzt. Das Projekt war ihm direkt unterstellt und wurde von LPD Kuno Lehmann geleitet. Das Projekt hatte den konkreten Auftrag ein neues Beförderungssystem für die Polizei Hamburg zu entwickeln, das bereits im Laufe des Jahres 2014 umgesetzt werden sollte.

    Das neue Beförderungsmodell sollte den rechtlichen Anforderungen entsprechen, eine angemessene Eingangsbesoldung und Besoldungsgerechtigkeit sicherstellen!

    In der Einsetzungsverfügung hieß es unter anderem:

    –       Das Beförderungsmodell soll retrograde Maßnahmen zur Egalisierung von Beförderungsengpässen wie zum Beispiel Hebungsprogramme etc. überflüssig machen.“

    –       „Unter Erhalt des Arbeitsmarktsegments‚ ‚Eignung für den bisherigen mittleren Dienst’ ist ein Übergang in die zweigeteilte Laufbahn in die Überlegungen einzubeziehen.“

    –       „Es ist zu prüfen, ob eine Sonderlaufbahn Polizei, unter Umständen mit der Reduktion von Statusämtern pro Funktion umsetzbar wäre.“

    –       „Die Besoldungsstruktur soll Führungsfunktionen und besondere Fähigkeiten/Kenntnisse berücksichtigen. Funktionen und Statusamt sind in Einklang zu bringen, eine ‚Technische Laufbahn-Variante’ ist zu prüfen.“

    Des Weiteren sollte das Projekt sicherstellen, dass zukünftig Vorgesetzte und Spezialisten besser bezahlt werden, als nachgeordnete beziehungsweise universell einsetzbare Mitarbeiter. Besoldungsgerechtigkeit, zweigeteilte Laufbahn, Sonderlaufbahn Polizei, Technische Laufbahn…und dann folgte schlagartig die Ernüchterung − der Kostenrahmen wird vom gültigen Haushalt 2013/14 gesetzt.

    Die DPolG Hamburg positionierte sich eindeutig:

    (…) „Wie glaubwürdig und zukunftsfähig kann ein Projekt sein, wenn es über keine finanziellen Ressourcen und Spielräume verfügt? Wie fühlen sich die ‚universell einsetzbaren‘ Kolleginnen und Kollegen, wenn sie lesen, dass die Vorgesetzten und Spezialisten mehr Geld bekommen sollen, sie es aber bezahlen müssen (durch noch längere Wartezeiten?), denn irgendwo muss das Geld ja herkommen. Die ‚universell einsetzbaren‘ Kolleginnen und Kollegen sind das Rückgrat der Hamburger Polizei – sie versehen ihren Dienst auf den Polizeikommissariaten, bei der Bereitschaftspolizei, in den Einsatzzügen, der Verkehrsdirektion, im Landeskriminalamt…! Sie sind die Allrounder ohne die Polizei nicht funktionieren kann − und ausgerechnet sie sollen keine gerechte Chance auf Beförderung bekommen? Ihnen soll keine berufliche Perspektive geboten werden? Das machen wir als DPolG Hamburg nicht mit!“ (…)

    (Quelle: „Polizeispiegel“ November 2012)

    Nicht mitgemacht hat das auch die Innenbehörde, dort wurde die Reißleine gezogen und das Projekt schließlich gesichtswahrend in die Alltagsorganisation überführt. Was nichts anderes bedeutete, als es geräuschlos zu beerdigen und den Reset-Knopf zu drücken.

    III. ProBeSt − Alles auf Anfang?

    Das Projekt „Zukunftsfähiges Beförderungs- und Stellensystem für die Polizei Hamburg“ (ProBeSt) wurde im April 2014 vom damaligen Innenstaatsrat Volker Schiek eingesetzt, das ursprüngliche Zeitziel zur Vorlage eines neuen Beförderungs-, Beurteilungs- und Stellensystems für die Polizei war der 30. April dieses Jahres. Zwischenzeitlich wurde das Projekt unbefristet verlängert. Zum Projektleiter wurde der Chef der Hamburger Wasserschutzpolizei, LKD Frank-Martin Heise, berufen.

    Die DPolG Hamburg hatte gleich zu Beginn ihre Position in einem Gespräch mit ProBeSt formuliert: „Landesvorsitzender Joachim Lenders betonte, dass aus Sicht der DPolG alle Entscheidungen begrüßt werden, die die unsägliche Beförderungssituation für alle Kolleginnen und Kollegen verbessert. Die DPolG wird sich zielführenden Vorschlägen nicht verschließen und sich aktiv am Diskussionsprozess beteiligen.

    Beurteilungen müssen der tatsächlichen Leistung entsprechen, taktische Spielereien müssen der Vergangenheit angehören. Kolleginnen und Kollegen, die sich ‚bewegen‘ und Verwendungsbreite nachweisen, muss dies auch anerkannt werden. Berufserfahrung muss sich auszahlen und zwar im Wortsinn. Denkverbote darf es nicht geben. Sowohl die Einführung der zweigeteilten Laufbahn (Vorbild: NRW) als auch eine Sonderlaufbahn P müssen ernsthaft geprüft werden.“

    (Quelle: „Polizeispiegel“ Juni 2014)

    Zugleich war sich ProBeSt bewusst, dass es innerhalb der Polizei und der Gewerkschaften eine hohe Erwartungshaltung an das Projekt gäbe und die Kolleginnen und Kollegen selbstverständlich einen Anspruch darauf haben, ein neues Beförderungs- und Beurteilungssystem zu bekommen, das endlich langfristig und rechtssicher trägt sowie eine Grundzufriedenheit schafft.

    Die Erwartungshaltung der Kolleginnen und Kollegen des Polizeivollzuges aller Laufbahnzweige an ProBeSt ist bis heute enorm. Das Projekt legte auch gleich los, zahlreiche Informations- und Diskussionsveranstaltungen befeuerten diese Erwartungshaltung und gaben vielen Kolleginnen und Kollegen das Gefühl, dass BIS und Polizei gewillt sind, endlich Nägel mit Köpfen zu machen und die Beförderungsdiskussion über das „Ob“ und „Wie“ in der Hamburger Polizei zu beenden.

    Wie ist heute – knapp eineinhalb Jahre nach Projektstart – der Stand der Dinge?

    Etwas öffentlich Vorzeigbares gibt es nicht! Die Sonderlaufbahn Polizei (sogenanntes progressives Modell) wird aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht weiter verfolgt (oder schlicht, weil es das Personalamt so will?). An einem neuen Beförderungs-, Beurteilungs- und Stellensystem wird gearbeitet. Als nächster Schritt soll eine Dienstpostenbewertung für alle Funktionen des Polizeivollzugs erfolgen. Dies soll unter Umständen von einer eigens geschaffenen „Stellenbewertungskommission“ umgesetzt werden.

    Zwei Beförderungsmodelle werden fortentwickelt. Dazu gehört ein Modell, das nur noch für den gehobenen Polizeivollzugsdienst ausbildet − Details sind nicht bekannt beziehungsweise werden öffentlich nicht diskutiert. Zudem werden nicht alle freien Beförderungsstellen ausgeschrieben, sondern stehen unter Bewertungsvorbehalt (siehe letzte A12-Ausschreibung) und führten im Ergebnis unter anderem dazu, dass sich der Personalratsvorsitzende und stellvertretende DPolG-Landesvorsitzende, Freddi Lohse, aus der ProBeSt-Lenkungsgruppe zurückzog.

     

    Forderungen der DPolG Hamburg:

    –       Die DPolG fordert bei der Ausgestaltung der alternativen Beförderungsmodelle ein transparentes Verfahren. Die betroffenen Kolleginnen und Kollegen müssen in den Prozess eingebunden und nicht am Tag X vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

    –       Wie sehen die Modelle konkret aus? Was kosten sie? Wer „bezahlt“? Wie realistisch ist die Einführung eines neuen Beförderungssystems unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen? Was ist machbar?

    –       Die DPolG erwartet, dass alle freien Beförderungsstellen ohne Wenn und Aber ausgeschrieben werden!

    –       Die Polizei braucht keine zusätzliche „Stellenbewertungskommission“, denn es gibt bereits eine – das ist die VT 5.

    –       Schluss mit der Geheimniskrämerei, die Kolleginnen und Kollegen wollen Antworten und nicht länger hingehalten werden!

     

    Eine neue Beförderungssystematik, die die jetzige Beförderungssituation noch weiter verschlechtert, wird es mit der DPolG nicht geben!

    Es ist völlig unstrittig, dass die selbstgesteckten Ziele von ProBeSt eine Mammutaufgabe darstellen und mal eben so „über Nacht“ nicht zu erreichen sind. Die Kolleginnen und Kollegen gewinnen jedoch zunehmend den Eindruck, dass grundlegende Veränderungen nicht zu erwarten sind, von Verbesserungen ganz zu schweigen!

    Die DPolG fordert BDK und GdP auf, sich ebenfalls eindeutig im Sinne der Kolleginnen und Kollegen zu positionieren!

    Am 26. November ist Personalversammlung: ProBeSt muss endlich liefern!!!

     

    Der Landesvorstand                                                                         Hamburg, 07.10.2015

     

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