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    Achtung, Reifenkontrolle!

    Die Polizei hat mit den ersten vorweihnachtlichen Verkehrskontrollen begonnen – und nimmt dabei besonders die Bereifung der Fahrzeuge ins Visier

     Für viele Autotypen sind Winterreifen nicht lieferbar, deswegen drückt auch die Polizei gelegentlich ein Auge zu.

    Nach einem Urteil des Landgerichts geht der Versicherungsschutz nicht automatisch verloren, wenn ein Fahrer ohne Winterreifen einen Unfall verursacht.

     Der erste Winterreifensünder, den Polizeikommissarin Marlies Farrar an der Kontrollstelle an der Nordkanalstraße ertappte, kam aus dem sonnigen Spanien. Eine Stunde zuvor war er in Hamburg gelandet und hatte sich einen Mietwagen besorgt. Jetzt machte er ungläubige Augen und zeigte einen Zettel vor, mit dem sich die Verleihfirma aus der Verantwortung stehlen wollte. Der kaum Deutsch sprechende Mann hatte unterschreiben müssen, dass er den Seat ohne Winterreifen und auf eigene Verantwortung fahren würde. „Dreist“, fällt der Polizistin dazu ein. In diesem Fall gibt es einen Strafzettel. Der geht direkt an die Mietwagenfirma. Ansonsten sind die Beamten auch mal nachsichtig. „Wenn einer keine Winterreifen drauf hat und glaubhaft beteuert, dass er keine mehr bekommen hat, dann kann man schon mal ein Auge zudrücken“, sagt ein Kollege.

     Das kann schnell passieren. Bei vielen Fahrzeugen heißt es: Winterreifen sind aus. „Das ist bei uns von Fahrzeug zu Fahrzeug verschieden“, sagt André Wendlandt, Verkaufsleiter bei Volkswagen Automobile am Großmoorbogen. „Für einige Typen sind Winterreifen gar nicht lieferbar.“ Selbst Händler stehen auf dem Schlauch. Vorführwagen müssen stehen bleiben, weil für sie keine Winterreifen mehr zu bekommen sind.

     „Die Lieferengpässe sind schon sehr arg“, weiß Reifenfachverkäufer Dennis Meyer von Reifen Helm in Eppendorf. Vor allem Besitzer mit Fahrzeugen, die kleine Reifengrößen haben, stehen vor einem Problem. „Da ist einfach nichts mehr zu bekommen“, sagt Meyer. Nachlieferungen wird es nach Einschätzung des Fachmanns bestenfalls in übersichtlichen Mengen geben.

     „Bei uns sind Winterreifen nicht das große Problem“, sagt dagegen David Breuer von B&K. Die BMW-Käufer ordern bei einem Neuwagen in der Regel gleich Winterräder mit. „Wir lagern sie ein und montieren sie, wenn in der Werkstatt die Fahrzeuge unserer Kunden fit für den Winter gemacht werden.“

     „Pech gehabt“, sagt Matthias Schmitting zu den Autofahrern, die keine Winterreifen mehr bekommen haben. Letztendlich gibt es die Bestimmung bereits seit dem vergangenen Jahr. „Es ist keine neue Erkenntnis, dass man im Winter Winterreifen braucht“, so Schmitting. „88 Prozent der Autofahrer haben sich auch darauf eingestellt.“

     Der Rest muss jetzt den Wagen stehen lassen oder oft deutlich höhere Preise für Reifen zahlen. „Die Preise für Winterreifen liegen selbst für Händler, die sich auf dem freien Markt versorgen müssen, um Engpässe zu überbrücken, durchschnittlich 30 Prozent über dem Listenpreis“, sagt Reifenfachmann Meyer. Bei besonders gesuchten Reifengrößen hat sich der Preis sogar verdoppelt. Motorradfahrer haben oft gar keine Chance, sich auf das Gesetz einzustellen. Für 98 Prozent der Maschinen gibt es keine Winterreifen. Wer ohne Winterreifen von der Polizei gestoppt wird, riskiert laut Schmitting einen Punkt in Flensburg und ein Bußgeld über 40 Euro. Behindert er auf winterlichen Straßen wegen seiner Sommerreifen den Verkehr, sind 80 Euro fällig. Der Versicherungsschutz geht bei einem Unfall mit Sommerreifen auf winterlichen Straßen aber nicht zwangsläufig verloren. Das entschied das Landgericht Hamburg. Es gab der Klage eines Autofahrers statt, der mit seinem mit Sommerreifen ausgerüsteten Wagen auf einer glatten, abschüssigen Straße gegen eine Mauer gerutscht war und dessen Versicherung deshalb nicht den vollen Schaden zahlen wollte. Nach Meinung des Gerichts liegt keine grobe Fahrlässigkeit vor, wenn nicht auszuschließen ist, dass sich der Unfall auch mit Winter- oder Ganzjahresreifen ereignet hätte.

     Eine weitere gute Nachricht für Winterreifen-Muffel kommt aus der Polizei. „Es wird weitere vorweihnachtliche Kontrollen geben“, sagt Freddi Lohse von der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Die werden aber einen geringeren Umfang als in den vergangenen Jahren haben, weil Zusatzaufgaben, wie die Bekämpfung der Autobrände, übernommen werden müssen. Außerdem fehlen die Präsenzschichten von den Wachen.“