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Gewerkschaften laufen Sturm gegen die Senats-Sparpläne

Polizeigewerkschaft wirft Beust Missbrauch des Beamtenrechts und Wortbruch vor

Gewerkschaften haben die Sparpläne des schwarz-grünen Senats als Willkür kritisiert und scharfe Proteste angekündigt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) warfen Bürgermeister Ole von Beust (CDU) gestern einen Missbrauch des Beamtenrechts und Wortbruch vor. Der Regierungschef hatte am Mittwoch in der Bürgerschaft angekündigt, dass den Beschäftigten im öffentlichen Dienst wegen der desolaten Haushaltslage das Weihnachtsgeld gekürzt oder ganz gestrichen werde. Insgesamt will der Senat die Ausgaben des Stadtstaates 2011 um rund 510 Millionen Euro kürzen. Der Wirtschaftsrat der CDU begrüßte dagegen die Sparbeschlüsse des Senats. „Als Tarifpartei werden wir nicht hinnehmen, dass ein Bürgermeister wie ein Gutsherr verkündet, was einen Bediensteten zusteht und was nicht“, sagte Hamburgs Ver.di-Chef Wolfgang Rose. Unter diesen Voraussetzungen müssen das Beamtenrecht geändert werden. „Das Verhandlungs- und Streikrecht muss für alle Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes gelten, ob angestellt oder verbeamtet.“ Rose kritisierte die Sparbeschlüsse scharf, wonach 100 Millionen Euro beim Personal und 150 Millionen Euro durch Effizienzsteigerungen bei Verwaltung und öffentlichen Betrieben erzielt werden sollen. Die restlichen 260 Millionen Euro sollen die Behörden laut Beust bis zum Herbst in ihren Ressorts einsparen. Hamburgs DGB-Chef Uwe Grund fordert Beust auf, über Mehreinnahmen nicht nur laut nachzudenken, sondern im Bundesrat zu handeln und den Spitzensteuersatz wieder auf das Niveau zu Helmut Kohls Zeiten anzuheben und die Erben der Superreichen zu besteuern. Außerdem müsse er dafür sorgen, dass Milliardeneinkünfte nicht mehr an der Steuer vorbeigeschleust werden können. Die Kürzung des Weihnachtsgeldes kritisierte Grund scharf. „Zusammen mit Stellenstreichungen und Mehrarbeit wird, wenn das Sparpaket erst richtig geschnürt ist, ein Protest erwachse, wie ihn dieser Senat nicht besser verdient.“ Nach Ansicht der Deutschen Polizeigewerkschaft hat Bürgermeister Beust das Vertrauen seiner Beamten missbraucht. Noch vor wenigen Monaten habe Beust erklärt, dass bei den Beamten genug gespart worden sei. Genau dies wolle der Senat nun tun, obwohl er dies eigentlich gar nicht könne. Die Bezahlung der Beschäftigten werde nicht per Gesetz, sondern per Tarifvertrag geregelt, betonte die DPolG. Sie wies darauf hin, dass der schwarz-grüne Senat durch seine Leuchtturmprojekte über seine Verhältnisse gelebt habe. Der Hamburger Vorsitzende des CDU Wirtschaftsrats Matthias Leutke nannte die Sparbeschlüsse dagegen „gut und richtig“. „Wenn wir heute nicht bereit sind, verstärkte Einschnitte in der Struktur des Betriebskostenhaushaltes vorzunehmen, dann rollt ein Tsunami zur Konsolidierung auf uns zu.“ Die GAL begrüßte vor allem Beusts Ankündigung, sich für einen höheren Spitzensteuersatz einzusetzen. „Wir freuen uns, dass sich Ole von Beust mit seinem Vorstoß unserer grünen Forderung angeschlossen hat und werden ihn nach Kräften unterstützen“, erklärte Hamburgs Grünen Chefin Katharina Fegebank. Die nicht im Parlament vertretene FDP verlangte ein neutrales Spargutachten für den Hamburger Haushalt. Der schwarz-grüne Senat habe sich mit seinem Haushalt in eine ideologische Einbahnstraße verirrt, aus der er aus eigener Kraft nicht mehr hinausfinde, sagte FDP-Chef Rolf Salo.

16 verletzte Einsatzkräfte bei Krawallen in der Schanze

Bei schweren Krawallen im Hamburger Schanzenviertel sind in der Nacht auf Sonntag mindestens 15 Polizisten und ein Feierwehrmann verletzt worden. Die Randalierer plünderten einen Drogeriemarkt, warfen die Scheiben von Banken und Geschäften ein und zündeten Barrikaden an, wie die Polizei gestern mitteilte. Die SPD warf der Innenbehörde vor, die Lage unterschätzt und zu wenig Polizisten mobilisiert zu haben.

Polizeisprecher Holger Vehren berichtete, erneut hätten sich zahlreiche jugendliche Krawalltouristen an den Ausschreitungen beteiligt. 40 Personen wurden vorläufig festgenommen, 29 in Gewahrsam genommen. Bereits in der Nacht zuvor waren in dem Viertel mindestens 18 Polizisten verletzt worden.

Die Ausschreitungen am Sonnabend begannen laut Polizei nach einer Demonstration mit rund 1500 Teilnehmern unter dem Motto „Revolutionäre 1. Mai Demonstration: Kapitalismus zerschlagen!“. Polizisten seien „massiv“ mit Steinen beworfen worden, die Polizei setzte Wasserwerfer ein.

Die Demonstranten zündeten den Angaben zufolge Barrikaden und Müllcontainer an und beschädigten Parkbänke, Verkehrsschilder und parkende Fahrzeuge. Laut Polizei plünderten und verwüsteten sie einen Drogeriemarkt und warfen die Scheiben zweier Banken  und mehrerer Geschäfte ein. Zur Höhe des Sachschadens gab es zunächst keine Angaben.

Im gesamten Bereich des Schanzenviertels seien Polizisten bis etwa 01.30 Uhr aus Gruppen mit bis zu 200 Personen heraus mit Steinen und Flaschen beworfen worden. Die Polizisten gingen den Angaben zufolge mit Schlagstöcken und Wasserwerfern vor. Der verletzte Feuerwehrmann musste ins Krankenhaus gebracht werden.

Polizeisprecher Vehren sagte, die Krawalle hätten in etwa das Ausmaß derjenigen im vergangenen Jahr gehabt. Dieses Jahr seien offenbar erneut auch zahlreiche nicht-politisch orientierte Jugendliche unter den Randalierern gewesen, für die die Auseinandersetzungen mit der Polizei eher „Eventcharakter“ hätten. In Hamburg seien rund 1200 Polizisten aus Hamburg und Schleswig-Holstein sowie der Bundespolizei eingesetzt worden.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion kritisierte die Polizeitaktik scharf. Ihr innenpolitischer Sprecher Andreas Dressel erklärte, die Sicherheitsbehörden hätten fälschlicherweise vorausgesagt, dass das Geschehen rund um den 1. Mai in Hamburg „vergleichsweise ruhig verlaufen“ werde.

„Was nützt eine Vorfeldaufklärung in der linksextremistischen Szene, wenn der Anteil der reinen Krawalltouristen und sogenannter erlebnisorientierter Jugendlichen, die sich einer politischen Einordnung entziehen, immer größer wird? Hierauf muss man vorbereitet sein und das war man offenkundig nicht“., erklärte Dresse.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte dagegen dem Sender N24, man könne nicht von einem Misserfolg in Hamburg sprechen. Die Krawalle hätten sich nicht von denen 2009 unterschieden. Die Polizei sei sehr entschlossen vorgegangen.

Teeflaschen gegen Gewerkschaft

Unbekannte haben einen Anschlag auf die Landesgeschäftsstelle der Deutschen Polizeigewerkschaft am Holzdamm in Hamburg-St. Georg verübt. In der Nacht zu Montag warfen sie zwei mit Teer gefüllte Flaschen gegen die Eingangstür sowie eine Scheibe des Gebäudes. Die Täter hinterließen mit Parolen beschriebene Zettel. Die Ermittler wollen nun die Aufnahmen der Überwaschungskamera des benachbarten Hotels „Atlantic“ sichten.