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    Der Staat versagt

    Die Runde auf einen Blick: (von links): Irene Mihalic (Grüne), Reinhold Gall, (SPD), Fritz Pleitgen (Journalist), Joachim Lenders (Polizeigewerkschaft, CDU) und Egbert Bülles (ehem. Oberstaatsanwalt).  

    Die Polizei kann offenbar Einbrecher nicht mehr aufhalten. Was tun? Ex-WDR-Intendant Pleitgen läuft Streife mit seinem Hund. Doch hilft das? Die Runde bei Plasberg ist ratlos.

    Die Polizei macht nur noch Beileidsbesuche, sagt Frank Plasberg zum Auftakt, helfen kann sie den Einbruchsopfern nicht. Ganz so schlimm ist es noch nicht, aber die Aufklärungsquote ist schon bedenklich: Seit acht Jahren steigt die Zahl der Einbrüche in Deutschland, die Aufklärungsquote liegt bundesweit bei 15,5 Prozent. In Köln, sagt Egbert Bülles, langjähriger Kölner Staatsanwalt, sogar nur bei 7,9 Prozent. Sein Resümee: Der Staat versagt und kann seine Bürger nicht mehr schützen.

    Aber was sollten Polizei und Bürger tun? Fritz Pleitgen ist Mitglied einer Nachbarschaftswache und fährt Streife mit seinem Hund; der kann ganz schon böse bellen, sagt der ehemalige WDR-Intendant, aber als allgemeines Rezept will er das nicht verstanden wissen. Viel lieber wäre ihm eine starke Polizei. Doch die, sagt Joachim Lenders, Chef der Hamburger Polizeigewerkschaft, ist personell weder für eine wirksame Prävention, noch für eine erfolgreiche Strafverfolgung ausgerüstet. Er selbst ist das beste Beispiel: In seinem Haus auf dem Land wurde eingebrochen; erst danach hat er sich eine Alarmanlage angeschafft.

    Journalist und Ex-WDR-Intendant Fritz Pleitgen ist Mitglied einer Nachbarschaftswache und fährt Streife mit seinem Hund; der kann ganz schon böse bellen.

    Man ist sich schnell einig: Die Polizei muss sich besser auf die international operierenden Einbrecherbanden einstellen, die Politik das nötige Geld bereitstellen, und die Bürger sollten ein Mindestmaß an Sicherheitsvorsorge leisten. Dann wechselt Plasberg mit einer Statistik das Thema: Offiziell wird in Deutschland die Herkunft der Täter nicht statistisch erfasst; außer bei Intensivtätern in Berlin.21 Prozent deutsche Straftäter stehen dort 79 Prozent Ausländern und Deutschen mit Migrationshintergrund gegenüber.

    Die Sendung

    Talk: Hart aber fair zum Thema „Ängstliche Bürger, hilflose Polizei: Was schützt gegen Einbruch und Trickbetrug?“

    Bei diesem Thema wird es emotional: Lenders vergleicht die reisenden Banden aus dem Ausland mit Heuschrecken, die über deutsche Städte herfallen; Bülles berichtet, dass den Enkeltrick vor allem Menschen anwenden, deren Namen auf „ic“ enden. Da fühlt sich Irene Mihalic, Grünen-Politikerin und ehemalige Polizeioberkommissarin, auch persönlich angesprochen. Was würde es denn helfen, fragt sie, die Nationalität der gefassten Kriminellen statistisch zu erfassen? Eine schlüssige Antwort erhält sie nicht, es sei denn, man hält Bülles‘ Hinweis, bestimmte Nationalitäten würde in Familienbünden arbeiten, für schlüssig.

    Beinahe wie von selbst kommt dann die Rede auf „Lügenpresse“. Plasberg zitiert den Fall einer Leverkusener Großfamilie, deren Nationalität nie genannt werde, obwohl vor Ort alle wüssten, dass es sich im eine Roma-Familie handele. Jetzt geht es darum, ob man in Deutschland noch „Kartext“ (Lenders) reden dürfe oder ob diese Form von „Klartext“ in Wahrheit der Anfang der Diskriminierung sei. Bevor es jetzt hitzig wird, lässt Plasberg einen Bericht über die mörderische Diskriminierung von Sinti und Roma im Dritten Reich einspielen. Aber warum hat er die Debatte über die „geborenen“ Kriminellen dann überhaupt erst angefangen?

    Sehr viel klüger ist man am Ende nicht. Aber das war wohl auch nicht das Ziel. Stattdessen wurde mal wieder eine Stellvertreterdebatte geführt, in der (beinahe) jede Meinung vertreten ist. Große Hoffnung, dass sich bei der Zahl der Einbrüche rasch etwas bessert, macht Plasberg nicht. Am ehesten kann man sich noch an einen Halbsatz von Egbert Bülles halten: Es gibt so viele gute Menschen.