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    Gauner muss man Gauner nennen

    Einbrüche nehmen in Deutschland rasant zu. Die Diskussion bei Plasberg zeigt: Über die Herkunft der Täter wird politisch unzureichend diskutiert. Zur Freude von Rechtspopulisten.

    Frank Plasberg versuchte diese Frage und die, welche Ursachen eigentlich hinter der die Einbruchskriminalität stecken, mit seinen Gästen zu beantworten: der grünen Bundestagsabgeordneten Irene Mihalic, dem ehemaligen Staatsanwalt Egbert Bülles, dem früheren WDR-Intendanten Fritz Pleitgen, dem Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft Joachim Lenders und dem baden-württembergischen Innenminister Reinhold Gall (SPD). Es zeigte sich nach wenigen Minuten: Der WDR-Moderator hatte für seine „Hart-aber-Fair“-Sendung dieses Mal die richtigen Gäste eingeladen: Eine Grüne, die einmal Polizeioberkommissarin war und auch noch aus einer Einwandererfamilie stammt. Einen Staatsanwalt, der pensioniert ist und der aus einem langen Berufsleben, ohne Rücksicht zu nehmen, berichten konnte.  Ein ehemaliger Intendant, der die Rolle des guten linksliberalen Mahners dankbar annahm. Und ein sozialdemokratischer Innenminister, der sich – ganz ungewohnt für einen Politiker – aus der Diskussion leider fast völlig heraushielt.

    Wie häufig bei Plasberg werden viele Aspekte eines Themas angerissen, manche mit Filmen vertieft, manche dann schnell wieder am Wegesrand liegen gelassen. Die Frage, ob unsere Polizei personell oder auch technisch zu schlecht ausgerüstet ist, blieb zum Glück in den Ansätzen stecken. Denn diese von Gewerkschaftern gern angestimmte Klage führt in die Irre: In kaum einem anderen Land verdienen Polizisten so gut und sind so gut ausgestattet wie in Deutschland. Bei der Bestimmung der Ursachen hatte jedenfalls die grüne Bundestagsabgeordnete Irene Mihalic völlig Recht: „Aus einem gesellschaftlichen Problem darf kein polizeiliches Problem gemacht werden.“ Der angebliche Stellenmangel oder auch Polizeistrukturreformen taugen wenig zur Erklärung eines derart signifikanten Anstiegs der Einbruchskriminalität. Die Wahrheit ist, dass die Vollmitgliedschaft von Rumänien und Bulgarien und die damit verbundene Armutseinwanderung die Situation verschärft haben. Auch die Entwicklung von sozialen Netzwerken des Internets hat manchen Einbruch erleichtert.

    Die steigende Kriminalität ist auch eine Folge des stärker zutage tretenden Gegensatzes zwischen armen und reichen Ländern in Europa. Wenn „Residenten“, wie der Polizeigewerkschafter Lenders sagte, hoch mobile Einbruchkommandos aus Chile oder einigen osteuropäischen Ländern für kurze Zeit zum Stehlen nach Deutschland holen, dann muss man diese Strukturen benennen, wenn man sie bekämpfen will. Bedenklich und gefährlich ist es, wenn ein früher Oberstaatsanwalt, wie Bülles alle Bürger mit der Namensendung unter Kollektivverdacht stellen will. Es hilft aber auch nichts, zu sagen, die Steuerbetrüger seien ja in der Regel Christen, deshalb sollte man den Migrationshintergrund der Täter verschweigen, was Pleitgen anregte.

    Frank Plasberg stellte die richtige Frage: Wird die Glaubwürdigkeit nicht zerstört, wenn eine Roma-Familie, wie jüngst geschehen, vor Gericht stehe und in der Zeitung nur von einer Großfamilie geschrieben werde? Die Bürger lassen sich ohnehin nichts vormachen. „Ermittler sollten sagen dürfen, was sie bei der Ermittlungsarbeit erleben“, sagte der Polizeigewerkschafter Lenders.

    Rechtspopulismus gedeiht eben nicht nur, weil rassistische Vorurteile vorhanden sind, sondern immer auch dann, wenn über gefährliche Entwicklungen nicht vorbehaltlos politisch diskutiert wird. Gall wies darauf hin, dass die Einbruchsdelikte seit acht Jahren zunehmen. Plasberg jedenfalls hat am Montagabend gezeigt, dass es möglich ist, ohne zu vereinfachen und zu diskriminieren, die Fakten wahrhaftig anzusprechen. Aber die ARD war mit der Reportage von Beckmann und der Talk-Show ebene auch nicht gerade früh dran.