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    Massives Polizeiaufgebot verhindert größere Krawalle im Schanzenviertel

    

    Elf verletzte Beamte und 17 festgenommene Randalierer – Innenbehörde mit Einsatzkonzept zufrieden

     

    Die Ausschreitungen begannen, als ein Demonstrationszug mit rund 4000 Teilnehmern vor die Rote Flora zog

     

    Viele Autobrände in mehreren Hamburger Stadtteilen – CDU fordert jetzt härtere Gesetze

     

    Den Fehler des Vorjahrs, als zu wenige Polizeibeamte im Schanzenviertel Präsenz zeigten, wollte die Innenbehörde nicht erneut begehen – und so wurden in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag 2300 Beamte eingesetzt, um die befürchteten Ausschreitungen, Plünderungen und brennende Barrikaden zu verhindern. Mit Erfolg: Die Nacht verlief – vergleichsweise – ruhig. Mögliche Randalierer erhielten im Vorfeld Aufenthaltsverbote für das zum Gefahrengebiet erklärte Schanzenviertel. Und erstmals wurden Wasserwerfer präventiv an wichtigen Punkten postiert. Nicht verhindern konnte die Polizei, dass es im Umfeld des Viertels, aber auch in entfernten Stadtteilen zu zahlreichen Autobränden kam. 27 Fahrzeuge wurden an 13 Tatorten zerstört oder beschädigt. Ein Teil der Taten dürften auf das Konto frustrierter Krawallmacher gehen.

     

    Am Sonnabendnachmittag hatte noch vieles auf einer Wiederholung der Straßenschlacht-Szenen von 2010 hingedeutet. Zu der angemeldeten Demonstration, die um 16 Uhr im Schulterblatt unter dem Tenor „Stadt selber machen – für das Recht auf Stadt. Rote Flora und Bauwagen Zomia verteidigen“ begann, waren weit mehr als die 1900 vom Anmelder erwarteten Teilnehmer gekommen. Die Polizei zählte rund 4000 Demonstranten, die im Zickzack-Kurs durch das Viertel und St. Pauli in Richtung Altona zogen. Darunter waren auch über 1000 als gewaltbereit eingestufte Linksautonome, die als Schwarzer Block die Spitze bildeten. Als sich der Aufzug um kurz nach 17 Uhr in Bewegung setzte, vermummten sich viele der Teilnehmer. Böller flogen. Erst nachdem die Polizei die Demonstranten stoppte, beruhigte sich die Lage etwas.

     

    Schon zuvor war es für die Szene nicht sonderlich gut gelaufen. Vermummte Aktivisten hatten beinahe die Rote Flora selbst in Brand gesetzt, als sie gestenreich auf dem Dach des Gebäudes bengalische Feuer schwenkten. Dann gab es unter den Demonstranten mehrere Verletzte, die Knallschäden durch die aus den eigenen Reihen geworfenen Böller erlitten.

     

    Die illegale Pyrotechnik forderte aber auch unter den Polizisten Opfer. „Zwei der 14 im Rahmen des Einsatzes verletzten Beamten erlitten Hörschäden“, sagt Hauptkommissar Andreas Schöpflin. „Sie kamen ins Krankenhaus und mussten zunächst stationär aufgenommen werden.“ In der Bernhard-Nocht-Straße steckten Krawallmacher ein Bundeswehrfahrzeug an. Gegen zwei Gebäude flogen Steine und Farbbeutel. Am Zielort in der Großen Bergstraße drohte die Situation zu eskalieren, als Vermummte einen Zaun des Ikea-Neubaus einrissen und Einsatzkräfte mit Flaschen, Böllern und Steinen bewarfen. Hier kam es zu einem kurzen Wasserwerfereinsatz durch die Polizei. Der Veranstalter beendete danach vorzeitig den Aufzug, die Endkundgebung fiel aus. „Gleich nach der Demonstration kam es noch zu einigen Sachbeschädigungen. Vermummte beschädigten einige Autos und schmissen Scheiben an Gebäuden ein“, so Schöpflin. Betroffen waren auch das Bezirksamt Eimsbüttel, zwei Gaststätten an der Balduinstraße und an der Großen Elbstraße. An der Osterstraße flogen Steine gegen Geldinstitute.

    „Die Anzahl von etwa 1200 gewaltbereiten, teilweise vermummten Autonomen im Demonstrationszug zeigt einmal mehr, dass es vielen nur um Randale und Krawall geht“, bilanzierte Joachim Lenders, Landesvorsitzender der deutschen Polizeigewerkschaft. „Nur dem konsequenten Einschreiten der Polizei und der erfolgreichen Einsatzstrategie ist es zu verdanken, dass nicht noch mehr passiert ist.“ GAL-Politikerin Antje Möller , die selbst mitdemonstrierte, setzte einen anderen Schwerpunkt: „Es war eine überraschend große Demonstration, sehr politisch und mit vielen unterschiedlichen Gruppen.“

     

    Zufrieden äußerte sich auch Hamburgs neuer Innensenator Michael Neumann. Am Sonnabend besuchte er Einsatzkräfte in deren Bereitstellungsräumen. „Ich habe der Polizei bei der Durchführung des Einsatzes freie Hand gelassen“, sagt Neumann. „Ich kann nur sagen, dass das Konzept aufgegangen ist.“ Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Kai Voet van Vormizeele, will hingegen die Beteiligung von gewaltbereiten Jugendlichen nicht mehr hinnehmen: „Das muss uns veranlassen, über weitere gesetzliche Konsequenzen nachzudenken. Es kann nicht hingenommen werden, dass die Eltern dieser Jugendlichen sich aus jeder Verantwortung herausstehlen. Eltern tragen für dieses gewalttätige Verhalten ihrer Kinder eine erhebliche Mitverantwortung.“

    Am Sonntagabend versammelte sich die Szene zur „revolutionären Mai-Demo“. Die Polizei war erneut mit einem Großaufgebot vor Ort. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe dauerte die Demonstration noch an.