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    Polizei-Chef Werner Jantosch schlägt zurück

    In einem Brandbrief kritisierten Top-Beamte seine Führung. Polizei-Chef Werner Jantosch (59) reagiert jetzt mit einer internen Rundmail. Die Botschaft: Wer meckert, ist ein Nestbeschmutzer.

    Funkstille im Polizeipräsidium. Kein Wort an die Öffentlichkeit von Polizeipräsident Werner Jantosch zu den schweren Vorwürfen einer Gruppe seiner eigenen Führungsbeamten, er würde einen diktatorischen Führungsstil pflegen. Doch intern schickte der umstrittene Polizeichef eine Rundmail an alle Polizisten, griff darin die Kritiker massiv an und warf ihnen vor, „der Polizei enorm zu schaden“.

    Werner Jantosch schrieb: „Ich bedaure es sehr, dass ein solches diffamierendes Bild der Polizei Hamburg in die Öffentlichkeit getragen wurde. Wer so vorgeht, schadet dem Ansehen der Polizei enorm.“

    Die Kritiker aus den eigenen Reihen hatten Jantosch vorgeworfen sich nur mit Ja-Sagern zu umgeben und Widerworte gegen seine Auffassungen teilweise mit Strafversetzungen zu ahnden. In dieses streng hierarchische System von Befehl und Gehorsam sind auch seine engsten Führungsmitarbeiter, die leitenden Polizeidirektoren Kuno Lehmann und Peter Born, eingebunden.

    Jantosch an die Adresse der Kritiker: „Wer aus Angst vor persönlichen Nachteilen Kritik nicht offen – stattdessen anonym – äußert und sich nicht an den richtigen Adressaten – stattdessen an die Medien – wendet, handelt nicht verantwortungsvoll und kann nicht von tatsächlicher Besorgnis motiviert sein. Dann würde das offene Gespräch, der Dialog, gesucht werden.“

    Doch so manchem Führungsbeamten, der das „offene Gespräch“ mit Jantosch suchte, ist das nicht gut bekommen. Interne Gesprächsrunden, der so genannte Führungsdialog, werden von Kritikern auch Führungsmonolog oder „Jantoschs Märchenstunde“ genannt. Ein Leiter eines Polizeikommissariats, der Widerworte gab, fand sich später im Führungs- und Lagedienst wieder. Das ist ein Job, den junge Polizeiräte meist als erste Verwendung nach der Ausbildung bekommen. Also eine klare Herabstufung.

    In einem weiteren Fall hatte sich ein Polizeiführer mutig vor seine Untergebenen gestellt. Als er sich nicht entschuldigen wollte, fand er sich auf einem extrem unbeliebten Dienstposten wieder.

    Doch wer es sich richtig mit der Polizeiführung verscherzt, muss sogar damit rechnen, unsanfte Begegnung mit dem Mobilen Einsatzkommando (MEK) zu machen. So bestellte Polizeidirektor Kuno Lehmann den Streifenpolizisten Kamiar M. unter einem Vorwand in sein Büro. Dort wartete das MEK und brachte den unbewaffneten Beamten mit gezogenen Revolvern zu Boden. Dem Schutzmann war ein Sexualdelikt vorgeworfen worden. Er wurde vor Gericht freigesprochen.

    Auf eine Entschuldigung wartet der Polizist bis heute. Werner Jantosch hat in einem Interview einmal gesagt, dass er gern aus Fehlern lernt. Viele seiner Untergebenen können das eher nicht bestätigen.

    Reaktionen

    Riesenwirbel nach dem MOPO-Bericht über die Kritik von Polizeiführern an Polizeipräsident Werner Jantosch. Hier die wichtigsten Stimmen aus Politik und Polizeigewerkschaften:

    SPD-Innenexperte Andreas Dressel: „Auch uns erreichen viele kritische Stimmen aus der Polizei. Die Führungsrunden gleichen Befehlsausgaben. Eine moderne Großstadtpolizei wie die Hamburger kann man nicht mit Methoden aus den späten 50er Jahren des letzten Jahrhunderts führen.“

    Christiane Schneider, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion: „Man kann den Schritt führender Polizeibeamten gar nicht hoch genug bewerten. Sie legen den Finger in die Wunde. Es gibt innerhalb der Polizei ein Demokratiedefizit, das sich seit Schill gefährlich zugespitzt hat. Ich hoffe, dass der Brief eine öffentliche Diskussion in Gang setzt.“

    Antje Möller, Vizefraktionschefin der GAL und Innenexpertin: „Hierarchische Strukturen und interne Abschottung sind immer wieder im Fokus grüner Kritik gewesen. Anonyme Vorwürfe tragen nicht zur Verbesserung der Situation bei und sind deshalb nur schwer zu kommentieren.“

    Uwe Koßel von der Gewerkschaft der Polizei (GdP): „ Die massiven Vorwürfe gegen den Polizeipräsidenten bedürfen dringend der lückenlosen Aufklärung. Das werwarten wir vom Innensenator.“

    Joachim Lenders von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG): „ Wir teilen einige der Kritikpunkte. Aber ich gehe davon aus, dass die Verfasser aus Verärgerung darüber gehandelt haben, bei Beförderungen übergangen worden zu sein.“

    Innenbehörden-Sprecher Ralf Kunz: „Wer konstruktive Kritik übt, findet bei der Hamburger Polizei immer ein offenes Ohr. Wem etwas nicht passt, der muss sich aber auch offen und ehrlich äußern.