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    Polizeigewerkschaft: „Die Justiz hat versagt“

    Logo MopoPolitiker sind empört. Polizisten schütteln nur mit dem Kopf. Joachim Lenders, Chef der Polizeigewerkschaft, spricht von „Justizversagen“. Wieso nur wurde Serienvergewaltiger Mark S. (35) aus dem Knast entlassen, obwohl absehbar war, dass er wieder Frauen überfallen und missbrauchen wird?

    Zwölf Jahre saß er im Knast – und kam dann frei. Offenbar ohne Therapie und ganz sicher ohne Überwachung wurde er einfach nach Hause geschickt. Mitten in eine Welt, in der er schon so viel Unglück angerichtet hat.

    Und prompt schlug Mark S. wieder zu: Auf einem Friedhof an der Bernadottestraße (Ottensen) überfiel er eine 65-Jährige am Grab ihres Mannes. Die Frau wehrte sich verzweifelt, Mark S. rang sie nieder und mißbrauchte sie.

    Die Tat war nur eine Frage der Zeit: „Nach meiner Kenntnis gab es vor der Entlassung bereits Zweifel, dass er sich normal in das Leben eingliedern kann. Und sogar Befürchtungen, dass er eine erhebliche Gefährdung für die Gesellschaft darstellt“, sagt Joachim Lenders, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft. Gutachter hatten Mark S. angeblich als gefährlich eingestuft. Trotzdem ließ ihn das Landgericht laufen.

    Dabei ist schon das Vorstrafenregister ein Armutszeugnis für die Hamburger Richter: Bereits als junger Mann stand Mark S. unter anderem wegen Autoklau und Einbrüchen vor Gericht – ernsthafte Folgen hatte das nie. Im Jahr 2000 überfiel er dann eine 44-jährige Frau aus Ottensen, verletzte sie mit einem Messer schwer am Hals, zwang sie zum Oralverkehr. Der Vergewaltiger wurde gefasst – und zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt.

    Zwei Jahre später kam anhand alter DNA-Spuren raus: Der damals 23-Jährige hatte vier weitere Frauen gewaltsam zum Sex gezwungen – zwei 30-Jährige in Ottensen, eine 41-Jährige in Altona und eine 25-Jährige auf St. Pauli. Die Haftstrafe wurde auf zwölf Jahre verlängert – doch eine anschließende Sicherungsverwahrung wurde nicht verfügt. Mitte Januar kam Mark S. frei. Auch jetzt wurde nicht dafür gesorgt, dass Hamburgs Frauen vor Mark S. geschützt werden. Dabei hätte man auch nachträglich Sicherungsverwahrung anordnen können, sagt SPD-Rechtsexperte Urs Tabbert. Das meint auch Lenders: „Solche Täter müssen in Sicherheitsverwahrung bleiben oder von der Polizei observiert werden! Dass der Mann nach wenigen Tagen wieder eine abscheuliche Tat begangen hat, zeigt, dass die Justiz versagt hat. Man hätte alles daran setzen müssen, an dem Mann dranzubleiben.“

    Dabei gab es deutliche Warnungen: „Die Staatsanwaltschaft hat den Mann auch nach der Haftstrafe als gefährlich eingestuft und eine elektronische Fußfessel beantragt. Das Landgericht hat dies abgelehnt“, sagt Staatsanwältin Nana Frombach.

    Selbst eine psychiatrische Behandlung scheint nicht angeordnet worden zu sein. Für eine Stellungnahme war das Gericht am Sonnabend nicht erreichbar.

    Selbst nach der jüngsten Vergewaltigung ließen die Richter Mark S. erst laufen: Denn die Polizei wurde schnell auf den Mann aufmerksam, er wohnte nur rund einen Kilometer vom Tatort entfernt. Die Beamten nahmen ihn fest. Doch der Richter ließ ihn wieder laufen – weil ihm überzeugende Beweise für den Überfall fehlten. Erst als bei einer Wohnungsdurchsuchung Faserspuren von Täter und Opfer gefunden wurden, kam er in den Knast. Die Politik fordert jetzt Aufklärung. Andre Trepoll (CDU): „Wenn das so stimmt, ist hier wirklich der schlimmstmögliche Fall eingetreten. Warum hat das Warnsystem nicht angeschlagen?“