Scharfe interne Kritik an Polizeipräsident Jantosch
Anonymer Brief von Beamten sorgt für Unruhe in den Behörden – Deutsche Polizeigewerkschaft wittert Kampagne gegen Ahlhaus
Eine harsche, anonym gehaltene Kritik an Hamburgs Polizeiführung sorgt in den Sicherheitsbehörden für große Unruhe. In einem Brief werfen ungenannte Polizeiführer dem Polizeipräsidenten Werner Jantosch „diktatorischen Führungsstil“ und „Selbstherrlichkeit“ vor. Leitende Polizeiführer wie Peter Born werden als Fehlbesetzungen eingestuft. Die Reaktion ist gespalten und folgt den Parteilinien.
„Dass die Stimmung innerhalb der Polizei Hamburg angespannt ist, ist seit Längerem bekannt. Die Gewerkschaft der Polizei Hamburg (GdP) hat in den vergangenen Jahren mehrfach darauf hingewiesen“, heißt es seitens der GdP. Die massiven Vorwürfe gegen den Polizeipräsidenten bedürften dringend der Aufklärung. „Dies ist man allen Kollegen der Hamburger Polizei schuldig“, so deren Landesvorsitzender Uwe Koßel. Die der Gewerkschaft nahestehende SPD schlägt in dieselbe Kerbe: „Wir erwarten vom Innensenator eine umgehende und lückenlose Aufklärung. Anstatt seine ganze Energie auf seine Bürgermeisterkandidatur zu verwenden, ist Herr Ahlhaus gefragt, jetzt an der richtigen Stelle anzupacken“, so der Innenexperte Andreas Dressel. Auch die SPD würden viele kritische Stimmen aus der Polizei erreichen. Dressel: „Die Führungsrunden gleichen demnach Befehlsausgaben, anstelle von Kooperation gebe es lediglich Ansagen aus dem Küchenkabinett des Polizeipräsidenten.“ Der Innensenator bürde den Beamten auf der Straße durch Einsparungen und Personalwegfall immer größere Belastungen auf, so der SPD-Politiker. Gleichzeitig würden Polizeiführung und Behördenleitung in Projekte investieren, die nicht der Einsatzkraft der Polizei dienen, sondern lediglich dem Prestige der Hauptakteure in Innenbehörde und Polizeipräsidium. Gemeint sind damit die Reiterstaffel, deren Kosten verschleiert werden würden, und ein lange geplantes Polizeimuseum, in dem die Exponate der ehemals rein internen Sammlung öffentlich gezeigt werden sollen.
Ganz anders ist die Sichtweise der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Diese anonyme Kritik ist unter aller Kanone“, sagt deren Landesvorsitzender Joachim Lenders – ein CDU-Mitglied. „Als ob wir angesichts der anstehenden Sparmaßnahmen von über 20 Millionen Euro nichts Besseres zu tun hätten. Da gibt es Dinge, die mir weitaus größere Sorgen bereiten.“ Kritik an den Führungsqualitäten von Polizeiführer Born im Zusammenhang mit dem Einsatz am 1. Mai 2008 hält Lenders für haltlos. „Es war ein schwieriger Einsatz, bei dem der Polizeiführer Born die Stadt vor Schlimmeren bewahrt hat. Da gab es andere Einsätze, bei denen eher Kritik gerechtfertigt gewesen wäre.“ Lenders schließt nicht aus, dass der Brandbrief eher Innensenator Christoph Ahlhaus vor seiner Wahl zum Bürgermeister schaden soll.
Ahlhaus selbst will sich nicht äußern. „Senator Ahlhaus gehört seit Jahren zur Führung der Innenbehörde. Er darf sich nicht wegducken. Er muss klar sagen, ob er über die Kritik an der Führungskultur innerhalb der Polizei informiert war und was er gegebenenfalls getan hat“, fordert Dressel. Zumindest einer der Sprecher des Innensenators, Ralf Kunz, findet Worte. „Wer konstruktiv Kritik übt, findet bei der Hamburger Polizei immer ein offenes Ohr. Wem etwas nicht passt, der muss sich aber auch offen und ehrlich äußern. Das ist für eine zivilisierte Auseinandersetzung selbstverständlich“, sagt Kunz. „Wer sich in die Anonymität flüchtet und seine offenbar rein parteipolitische Klageschrift verbreitet, kann nicht erwarten, dass sich Polizei und Innenbehörde mit ihm auseinandersetzen.“
Auch die Polizeiführung will nicht direkt auf die Vorwürfe eingehen. „Generell haben die Mitarbeiter innerhalb der Polizei die Möglichkeit, sich frei zu äußern“, sagt Polizeisprecher Mirko Streiber. „Dazu gibt es innerhalb der Polizei oder über Interessenverbände wie Gewerkschaften verschiedene Möglichkeiten. Die jetzt gewählte Form lässt keinen Dialog zu.“