Senat verteidigt Aufnahme eines Guantánamo-Häftlings
SPD und Polizeigewerkschaft erwarten Aufklärung
Nach der Ankündigung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), sowohl Rheinland-Pfalz als auch Hamburg würden jeweils einen Häftling aus dem US-Gefangenenlager Guantánamo aufnehmen, ist in der Hansestadt eine Debatte um die daraus resultierende Sicherheitslage entbrannt.
Bei den beiden Männern, die in einigen Wochen nach Deutschland einreisen werden, soll es sich um einen 35-jährigen Syrer und um einen 31-jährigen Palästinenser handeln.
Obwohl der Hamburger Senat die genaue Identität des betreffenden Mannes noch gar nicht kennt, verteidigt Senatssprecherin Kristin Breuer das Angebot an die Bundesregierung: „Der 11. September 2001 wird auch immer wieder mit Hamburg in Verbindung gebracht, daher ist die Hansestadt in einer besonderen Pflicht, die USA zu unterstützen. Aus diesem Grund wie auch aus humanitären Gründen haben wir der Bundesregierung daher zugesagt, einen aus der Haft entlassenen Insassen des US-Gefangenenlagers Guantánamo aufzunehmen.“ Dabei stellte der Senat Bedingungen: Hamburg solle sich nicht als einziges Bundesland der Verantwortung stellen; zudem müsse die betreffende Person „eingehenden Sicherheitsprüfungen“ standhalten.
Sowohl Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) als auch Verfassungsschutz-Chef Heino Vahldieck äußerten sich am Donnerstag auf WELT-Anfrage nicht zum Thema. Dieses Verhalten kritisiert Andreas Dressel, Innenexperte der SPD-Bürgerschaftsfraktion: „Der Innensenator muss nachvollziehbar darlegen, dass die Aufnahme die Sicherheit unserer Stadt nicht gefährdet. Bisher hat er sich bei diesem Thema ein unwürdiges Versteckspiel geleistet und Parlament und Öffentlichkeit trotz mehrfacher Nachfragen im Unklaren gelassen, obwohl hinter den Kulissen bereits sondiert wurde.“ Generell unterstützt Dressel das Hamburger Angebot. „Wir dürfen dabei aber nicht verkennen, dass für eine Entwarnung bei islamistischen Tendenzen auch vor der eigenen Haustür keine Veranlassung besteht“, sagt er.
Bei der Deutschen Polizeigewerkschaft schlägt man ähnliche Töne an. Der Hamburger Landesvorsitzende Joachim Lenders kritisiert die Argumentation des Senates: „Wir meinen, gerade weil Hamburg in die Anschläge des 11. September verwickelt war und weil hier eine islamistische Szene aktiv ist, tragen wir eine Verantwortung und müssen die Aufnahme ablehnen.“ Nach Lenders‘ Ansicht ist die Aufnahme in Deutschland generell „kontraproduktiv“ – insbesondere in Hamburg. „Ich hätte mir gewünscht, dass sich der Innensenator und der Verfassungsschutz-Chef zum Thema äußern. Denn der Ex-Häftling wird überwacht werden müssen, und das bindet wieder einmal Personal bei der Polizei.“
Der Hamburger FDP-Bundestagsabgeordnete Burkhardt Müller-Sönksen begrüßt hingegen die Entscheidung: „Den Forderungen der deutschen Menschenrechtspolitik lässt sie nun Taten folgen.“ Und Christiane Schneider, Innenpolitikerin der Linken, plädiert sogar dafür, dass Hamburg zukünftig noch mehr Guantánamo-Häftlinge aufnimmt: „Wir fordern ja die Auflösung des Lagers, und dann muss man auch die Konsequenzen ziehen. Es ist ein Gebot der Menschlichkeit, und wir haben eine Mitverantwortung, die Häftlinge aufzunehmen.“ De Maizière hatte jedoch bereits angekündigt, keine weiteren Häftlinge aufnehmen zu wollen.
Relativierend meldete sich gestern Bürgermeister Ole von Beust (CDU) im Gespräch mit dem Fernsehsender Hamburg 1 zu Wort: „Bei aller Liebe, es geht um einen Einzigen, der aus der Haft entlassen wurde, und durch den geht sicherlich nicht die Sicherheitslage der Stadt in die Grütze.“