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    Hamburgs Polizei soll bis zu 400 Stellen streichen

    Einsparungen von rund 22 Millionen Euro geplant – Reiterstaffel offenbar noch teurer als kalkuliert

    Der Senat hat der Hamburger Polizei ein außergewöhnlich hohes Sparpaket auferlegt. Bis zu 400 Stellen sollen bei der Polizei wegfallen – so lautet die Auflage, die die Polizei bekommen hat, wie die WELT aus mehreren Quellen erfahren hat. Die Polizeiführung soll in den Apparat den Auftrag gegeben haben, Sparmaßnahmen im Umfang von rund 22 Millionen Euro zu prüfen, die einen Gegenwert von 400 Stellen haben.

    Innerhalb der Polizei werden bereits konkrete Maßnahmen diskutiert. Dazu gehört die Abschaffung von einem der beiden Polizeihubschrauber. Ebenso im Gespräch sind die Reduzierung der Zahl der 72 Verkehrslehrer und die der 230 Bürgernahen Beamten. Hier will man laut Vorschlag bis zu 100 Stellen sparen. Auch die Stäbe könnten reduziert werden. So könnten Bereiche zusammengelegt werden.

    Als sicher gilt jetzt die Abschaffung des Polizeiorchesters, die schon im Herbst 2009 bei der ersten Sparrunde im Gespräch war. Diskutiert wird auch die Zusammenlegung weiterer Polizeiwachen. Hier könnten die Davidwache und die Wache Lerchenstraße, die Wachen Sievekingsdamm und St. Georg sowie die Wachen Osdorf und Koppelstraße fusionieren. Dies könnte insgesamt sogar 100 Stellen einsparen.

    Bei der Kripo steht der gesamte Bereich Prävention zur Disposition. Ausgenommen ist lediglich die Sparte Opferschutz. Auch ein Thema: Die Peterwagen sollen kleiner werden. Das könnte Betriebskosten sparen. Nicht angefasst werden soll die Bereitschaftspolizei. Das hat einen simplen Grund: Es droht dann der Verlust von Bundesmitteln.

    „Die Innenbehörde muss im Rahmen der Konsolidierungsmaßnahmen selbstverständlich auch ihren Sparbeitrag erbringen“, erklärt Innenbehörden-Sprecher Ralf Kunz. „Der Polizeipräsident hat den Auftrag gegeben, nach Einsparpotenzialen zu suchen. Es handelt sich zunächst um Vorschläge, die derzeit zusammengetragen werden. Wasserstandsmeldungen zu diesem Thema geben wir weder ab, noch kommentieren wir sie.“ CDU-Innenexperte Kai Voet van Vormizeele betont, dass nicht bei den Polizeibeamten auf der Straße gestrichen werde. „Es ist einfach klar, dass wir sparen müssen und dass auch jede Behörde ihren Beitrag dazu leisten muss. Bis zum Herbst werden wir eine Vorlage bekommen, um dann über jede Maßnahme entscheiden zu können. Heute ist noch nichts entschieden.“

    „Alle Behörden haben einen Sparauftrag bekommen, so auch die Innenbehörde“, sagt GAL-Innenexpertin Antje Möller. „Ich würde es richtig finden, auch die Vorschläge, die es im November gab, noch einmal zu überprüfen. Aus meiner Sicht sehe ich auch die Chance, die Notwendigkeit der großen Stäbe auf Leitungsebene zu überprüfen.“

    Dennoch: Der Vorwurf des SPD-Innenexperten Andreas Dressel lautet, dass die Polizei schrumpft. Am 1. Mai 2010 habe die Polizei rechnerisch genau 7531 Polizisten beschäftigt, zwei Jahre vorher – zu Beginn der Amtszeit von Innensenators Ahlhaus seien es knapp 230 Vollzugsbeamte mehr gewesen. „Vom Stellenzuwachs der letzten Jahre ist nicht mehr viel übrig; viele Dienststellen haben deutlich Personal verloren. Nur die Leitungsbereiche wurden verstärkt“, meint Dressel. Früher habe die CDU das Motto ausgegeben, Polizisten weg vom Schreibtisch, rauf auf die Straße. Jetzt sei es offenbar umgekehrt. „Wenn jetzt noch ein Minus von bis zu 400 Stellen dazukäme, würde das den endgültigen Kollaps bedeuten. Die Sparkommissare sollten gewarnt sein.“

    Die Sparvorgabe, die 400 Stellen entspricht, ist illusorisch“, sagt Freddy Lohse von der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Wir hätten dann weniger Polizisten als zu Zeiten des Innensenators Wrocklage.“ Ohnehin würden selbst bei Umsetzung aller bislang durchgesickerten Vorschläge nicht die 400 Stellen eingespart werden können. Am Sonntag will die Gewerkschaft gegen die Pläne mobil machen und sich sogar während der Tagung des CDU-Landesvorstandes vor der Parteizentrale am Leinpfad postieren.

    Ein umstrittener Plan ist die Aufstellung einer neuen Reiterstaffel der Polizei. Dressel hat dies mit einer Kleinen Anfrage erneut hinterfragt. „Es zeigt sich, dass die Angabe jährlicher Kosten in Höhe von 200 000 Euro nicht zu halten ist“, stellt Dressel fest. Offenbar seien die Personalkosten in Höhe von jährlich mehr als einer halben Million Euro nicht berücksichtigt worden. „Dass in diesen Rotstiftzeiten noch Geld da ist für eine Reiterstaffel, ist kaum nachzuvollziehen.“

    Der Innensenator wolle sich offenbar ein „Reiterdenkmal auf Kosten der Steuerzahler“ setzen. Und nun werde dieses Prestigeprojekt in den Dauerkosten erheblich teurer. Dressel: „Für Pferde ist Geld da – für Polizisten nicht. Das passt nicht zusammen.“