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    SPD lehnt Warnschussarrest ab

    Nach der Entscheidung der Bundesregierung, die Inhaftierung jugendlicher Straftäter trotz Bewährung zu erlauben, ist in Hamburg eine heftige Debatte darüber entbrannt

    SPD-Justizsenatorin Jana Schiedek äußert erhebliche Zweifel am Abschreckungseffekt des Arrestes

    CDU und Polizeigewerkschaft begrüßen die Entscheidung – sie hatten das Instrumentarium seit Jahren gefordert

    Ist der Warnschussarrest, den die Bundesregierung einführen will, ein notwendiger Schuss vor den Bug für die Jugendlichen oder doch eher ein Schuss in den Ofen, weil die Maßnahme die Erwartungen nicht erfüllen kann? Diese Frage beschäftigt nach der Ankündigung aus Berlin die Hamburger Politik.

    Hamburgs Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) hat sich am Montag klar gegen die Pläne der Koalition von CDU und FDP ausgesprochen. Sie lehne die Einführung des Warnschussarrestes ab, erklärte Schiedek auf Anfrage der „Welt“. „Es bestehen erhebliche Zweifel, ob einem solchen Arrest tatsächlich der gewünschte Abschreckungseffekt zukommt“, so die Justizsenatorin. „Denn solche Jugendliche und Heranwachsende, gegen die eine Jugendstrafe auf Bewährung verhängt wird und bei denen dann überhaupt nur die Verhängung des Warnschussarrestes in Betracht kommt, haben in der Regel schon einen Jugendarrest hinter sich.“ Ein erneuter Arrest sei damit sinnlos, so Schiedek, „da ein Abschreckungseffekt nicht mehr zu erwarten ist“.

    Hintergrund der Diskussion ist eine Ankündigung der Bundesregierung, junge Straftäter in Zukunft trotz einer nur zur Bewährung ausgesetzten Strafe vorübergehend inhaftieren zu können. Die Jugendlichen sollen bis zu vier Wochen ins Gefängnis gehen. Idee des Warnschussarrestes ist, den jungen Straftätern den Unterschied klarzumachen, wie es ist, hinter Gittern zu sitzen oder dank der Bewährungsstrafe in Freiheit bleiben zu können.

    Pläne für einen Warnschussarrest sind seit Jahren in der justizpolitischen Szene diskutiert worden – in Hamburg zuletzt intensiv unter Innensenator Udo Nagel (parteilos). Bisher hatte sich die Idee aber nicht durchsetzen können. Auch die Grünen gehören zu den Kritikern. „Warnschussarrest ist kein geeignetes Mittel, um die Jugendkriminalität zu senken“, argumentiert Farid Müller, justizpolitischer Sprecher der Hamburger GAL-Fraktion. „Mehr als 70 Prozent der Betroffenen werden nach einem Jugendarrest wieder rückfällig.“ Die Rückfallquote bei Jugendlichen mit einer Bewährungsstrafe liegt in der Regel rund zehn Prozentpunkte darunter. Außerdem glaubt Müller, dass Hamburg „mit verkürzten Gerichtsverfahrenszeiten und regelmäßigen Fallkonferenzen das richtige Maß zwischen Erziehung und Strafe bei jugendlichen Tätern gefunden“ habe. Diese Maßnahme hatten die Grünen in ihrer Regierungszeit angestoßen.

    Die CDU, die damals ebenfalls mit in der Regierungsverantwortung war, stützt die Entscheidung der Bundesregierung hingegen. „Das ist ein weiteres Instrumentarium im Jugendstrafrecht, das hilfreich ist“, sagt Viviane Spethmann, die justizpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion. „Wir haben diese Möglichkeit seit Jahren gefordert, weil sie einfach sinnvoll ist. Ich kann nur sagen: Endlich kommt sie.“

    Joachim Lenders, Hamburger Landesvorsitzender und Stellvertretender Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), gehört ebenfalls zu den Befürwortern der Maßnahme. „Ich begrüße das sehr und halte es für richtig“, sagte Lenders im Gespräch mit der „Welt“. Straffällig gewordene Jugendliche würden dann mit einer Bewährungsstrafe nicht aus dem Gerichtssaal gehen „und glauben, es passiere ihnen nichts. Ich sage immer, da braucht es einen Schuss vor den Bug.“ Sicherlich werde auch der Warnschussarrest nicht alle Jugendlichen davon abhalten, wieder straffällig zu werden. Aber Lenders erhofft sich von dem frühen Warnschuss schon, dass „viele mit ihrer Bewährungsstrafe vorsichtiger umgehen“. Schließlich hätten sie schon gesehen, wie die Konsequenzen aussehen könnten, wenn sie nach einer vertanen Bewährung doch ins Gefängnis müssten.