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    Zweigeteilte Laufbahn? Ja, aber richtig!

    Die Einführung und konsequente Umsetzung der zweigeteilten Laufbahn bei der Polizei gehört seit vielen Jahren zu den gewerkschaftspolitischen Kernforderungen der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in Bund und Ländern. Es ist eine der vornehmsten Aufgaben einer Polizeigewerkschaft für die sozialen Interessen ihrer Mitglieder und aller anderen Kolleginnen und Kollegen einzutreten, und unter anderem für eine gerechte Bewertung und Bezahlung des Polizeiberufes zu kämpfen. Gleiches gilt für die Beamtinnen und Beamten der Polizeiverwaltung und unsere tarifbeschäftigten Kolleginnen und Kollegen. Dieses naheliegende Selbstverständnis bedarf keiner weiteren Erörterung.

    Selbstverständlich hat sich auch die DPolG Hamburg für die Einführung der zweigeteilten Laufbahn bei der Hamburger Polizei ausgesprochen, zuletzt 2008 auf dem 23. Landeskongress der DPolG Hamburg – dem höchsten Beschlussorgan unserer Gewerkschaft. Die DPolG Hamburg hat dabei immer (!), die Einführung des „Funktions- und leistungsorientierten Laufbahnverlaufsmodells (LVM) als bedeutsamen Zwischenschritt hin zu einer zweigeteilten Laufbahn bewertet. Das LVM ist „zerklagt“ worden! Das aktuelle Beförderungsmodell der Polizei bestätigt die Auffassung der DPolG, dass die Klagen Einzelner ein System beendet haben, von dem die überwiegende Anzahl sowohl der Kolleginnen und Kollegen des mittleren aber auch des gehobenen Dienstes profitiert haben bzw. hätten. Wie wertvoll feste Verweilzeiten und planbare, regelhafte Beförderungen für die große Masse der Kolleginnen und Kollegen des Polizeivollzuges waren und sind, wird jetzt augenfällig. Das LVM bei der Hamburger Polizei ist Geschichte.

    • Ist die Einführung der zweigeteilten Laufbahn die Alternative, die Zukunft? Ja, aber…

    Egal wo sie ihren Dienst versehen, ob unmittelbar betroffen oder nicht, alle Polizistinnen und Polizisten kennen den Begriff der zweigeteilten Laufbahn. Was verbirgt sich aber genau unter dem Begriff zweigeteilte Laufbahn und – noch viel wichtiger –, was bedeutet konkret die Einführung der zweigeteilten Laufbahn für die Kolleginnen und Kollegen des mittleren und gehobenen Dienstes? Welche Voraussetzungen sind notwendig, um von einer „echten“ zweigeteilten Laufbahn zu sprechen? Was ist Makulatur? Ist die zweigeteilte Laufbahn im Bundesland „A“ gleichzusetzen, mit der zweigeteilten Laufbahn im Bundesland „B“? Mitnichten!

    • „Plötzlich und unerwartet“ – ein Blick zurück

    „Auf Drängen der Polizeigewerkschaften gab die nordrhein-westfälische Landesregierung der Unternehmensberatung Kienbaum den Auftrag, die schutzpolizeiliche Arbeit hinsichtlich der Eingruppierung zu untersuchen. Im Sommer 1991 wurde dieses Gutachten vorgelegt (Kienbaum 1991). Es besagte u. a., dass die Einsatzanforderungen auch des Streifenpolizisten so hoch und die Tätigkeiten so anspruchsvoll seien, dass die Regeltätigkeit der Polizei den Kriterien des gehobenen Dienstes entspreche. Dieses Urteil erschütterte die Polizeien. Einige Länder (Hessen, Niedersachsen, NRW) zogen die Konsequenz, den mittleren Dienst auslaufen zu lassen, nicht mehr für ihn auszubilden, dessen Angehörige auf verschiedene Weise in den gehobenen Dienst zu befördern (…).“(Quelle: “Die Polizei(en) in Deutschland“, H. Groß, B. Frevel, C. Dams, VS-Verlag Wiesbaden 2008)

    Kienbaum hat mit dem damaligen Gutachten festgestellt, was die Polizeigewerkschaften und die Kolleginnen und Kollegen bereits wussten, Polizeivollzugsdienst ist gehobener und höherer Dienst und beginnt mit der Besoldungsgruppe A9. Der mittlere Dienst eignet sich nur noch als Schautafel für das Polizeimuseum in der „Weißt-Du-noch-Abteilung?“

    Zwischenzeitlich haben die Länderpolizeien Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland die zweigeteilte Laufbahn eingeführt. Dort wird nur noch für den gehobenen Dienst eingestellt − das war es dann aber auch an Gemeinsamkeiten.

    • Ländervergleich

    – Positivbeispiel: Nordrhein-Westfalen

    Die Einführung der zweigeteilten Laufbahn wird von der DPolG Nordrhein-Westfalen als Erfolgsgeschichte bewertet. Entscheidend waren dabei die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Ressourcen und die konsequente Fortführung der Umsetzung der zweigeteilten Laufbahn durch die Politik − unabhängig von der parteipolitischen Zusammensetzung der Landesregierung. Der mittlere Dienst ist faktisch nicht mehr vorhanden. Alle Kolleginnen und Kollegen des Polizeivollzugsdienstes gehen mindestens mit der Besoldungsgruppe A11 ruhegehaltsfähig in Pension. Die durchschnittliche Verweilzeit A9gD nach A10 beträgt zehn Jahre, ähnliche Verweilzeiten gibt es für die Beförderungen nach A11 (zur Erinnerung: beim LVM der Polizei Hamburg wären es vom PK zum PHK 15 Jahre gewesen).

     Zweigeteilte Laufbahn Polizei NRW in Zahlen

     Stellenentwicklung der Polizei Nordrhein-Westfalen (gehobener Dienst)

                                  1997         2007              2012      
             A 13       1.259            1.314       1.452
             A 12       2.540      2.641       2.879
             A 11       3.821      9.962     15.428
             A 10       8.463      9.706       9.568
             A  9     13.607    12.805       9.952

     Der Haushalt von NRW weist aktuell für die Polizei einen Stellenbestand von 39.279 Stellen im gehobenen Polizeivollzugsdienst aus. Von diesem Stellenbestand sind allein 15.428 Stellen mit A11 bewertet (39,28 Prozent). Diese Tatsache ist ein großer Erfolg für unsere Kolleginnen und Kollegen in Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus sind die Bewerberzahlen in NRW stabil. Als problematisch wird von den Kolleginnen und Kollegen die zu geringe Anzahl der vorhandenen A12- und A13 Stellen gesehen.

     – Negativbeispiel: Niedersachsen

    Völlig anders hingegen ist die Situation in Niedersachsen. Für viele Kolleginnen und Kollegen ist die zweigeteilte Laufbahn keine Erfolgsgeschichte. Ruhestand mit A10 oder gar A11 ist in Niedersachsen keine Selbstverständlichkeit. Durch den sogenannten A11er-Erlass, der nur für bestimmte Dienstposten eine A11-Bewertung festschreibt, bleibt das Erreichen der Besoldungsgruppe A11 für die Masse der Kollegen aus dem mittleren Dienst unrealistisch.

    „Die Beförderungsaussichten sind heute so schlecht wie nie zuvor. Die Attraktivität der Polizei für potentielle Einsteiger hat sich erheblich verschlechtert, wobei die zweigeteilte Laufbahn zur Steigerung der Attraktivität durchaus in der Lage gewesen wäre. (…) Der mittlere Dienst wurde abgeschafft, aber die zu Beginn der 90er-Jahre geforderte beziehungsweise beabsichtigte Aufwertung für die Bediensteten der Polizei in Niedersachsen entsprechend des Grundsatzes der an der gesteigerten Qualifikation orientierten Besoldung, ist genauso nicht eingetreten, wie die beabsichtigte Steigerung der Attraktivität des Polizeiberufes für die Nachwuchsgewinnung. (Quelle: „Die zweigeteilte Laufbahn“, Horst Graf, GdP Niedersachsen, Kreisgruppe Salzgitter)

    Aber warum in die Ferne schweifen. Auch bei der Hamburger Polizei wurde die zweigeteilte Laufbahn erfolgreich umgesetzt − für unsere Kolleginnen und Kollegen der Kriminalpolizei. Hunderte Kriminalpolizistinnen und –polizisten wurden in den gehobenen Dienst übergeleitet.

    Viele dieser Kollegen sind beziehungsweise werden mit A11 in den Ruhestand gehen (aufgrund der Verweilzeiten auch ein Ergebnis des LVM).

    Polizei Hamburg in Zahlen (Stand: 08/2012)

                      Polizei (insgesamt)      davon mittleres Dienst        A 7           A 8         A 9      A 9 mit Zulage   
         Sch            5.804               1.544       400      828    291           25
         WS               484                  115        18       63    33            1

     Insgesamt befinden sich zurzeit 1.659 Kolleginnen und Kollegen der Laufbahnzweige Schutz- und Wasserschutzpolizei im mittleren Polizeivollzugsdienst.

     Polizei Hamburg – gehobener Polizeivollzugsdienst – Stellen (Anzahl)

                                      Sch                      K                       WS                      Gesamt          
            A 13           120           105             17              242
            A 12           328           265             50              643
        A 9/10/11        5.208        1.029           437           6.669

     Hinweis: A9 bis A11 gebündelte Stellen.                 

    • Fazit

    Die DPolG Hamburg sagt ja zur zweigeteilten Laufbahn, ja zur gerechten Bewertung und Bezahlung des Polizeiberufes, ja zur zwingend notwendigen Steigerung der Berufsattraktivität. Aber und das ist der entscheidende Punkt, die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Die Politik muss Geld in die Hand nehmen und die zweigeteilte Laufbahn konsequent über die Parteigrenzen hinweg umsetzen. Nur dann kann die zweigeteilte Laufbahn für alle Kolleginnen und Kollegen des Polizeivollzuges ein Erfolg werden. Hier kann die Polizei Nordrhein-Westfalen als beispielgebend betrachtet werden. In Hamburg ist angesichts der erneuten Kürzungen davon jedoch nicht auszugehen. Zur Erinnerung: Im Zuge der Schaffung des Laufbahnverlaufmodells hat die Innenbehörde auch die Einführung der zweigeteilten Laufbahn geprüft und durchgerechnet. Für die zweigeteilte Laufbahn und damit den Wegfall des mittleren Dienstes und die Anpassung der Stellenplanobergrenzen nach dem Bundesbesoldungsgesetz wurden Kosten von jährlich (!) 56 Millionen Euro für die Hamburger Polizei veranschlagt.

     

    Der Landesvorstand