Vier Verletzte nach Schanzenfest
Vier Verletzte und 13 Festnahmen nach Krawallen im Schanzenviertel. Anwohner vertreiben Randalierer. 29-Jähriger erleidet mehrere Stichwunden und liegt im Krankenhaus
Auch in diesem Jahr endete das Schanzenfest mit gewalttätigen Auseinandersetzungen. Traurige Höhepunkte waren zwei Messerangriffe, bei denen ein 27-Jähriger leicht und ein 29 Jahre alter Mann schwer verletzt wurden. Am Ende musste die Polizei Wasserwerfer einsetzen, um 300 Krawallmacher in den Griff zu bekommen, die Einsatzkräfte mit Steinen und Flaschen beworfen hatten.
Dabei hatte der Abend auffallend ruhig begonnen – da hoffte die Einsatzführung der Polizei noch darauf, dass das Schanzenfest in diesem Jahr endlich einmal ohne Krawalle ausklingt. Die Zeichen dafür standen im Vorfeld durchaus gut. Es hatte keine so intensive Mobilisierung in der Szene wie in den vergangenen Jahren gegeben, die Tage vor dem Fest waren unaufgeregt. Am Abend selbst fuhren die Sicherheitsbehörden dann auch einen „Schmusekurs“ – die Einsatzkräfte hielten sich zurück. Selbst als erste Straftaten wie Brandstiftungen begangen wurden, überließ die Polizei das Eingreifen den Bewohnern. Die lieferten sich Rangeleien mit den Krawallmachern. Dabei kam es, so Augenzeugen, zu Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Gruppen.
Im Park hinter der Roten Flora erlitt kurz nach Mitternacht ein 27-Jähriger mehrere Messerverletzungen. Später sagte er bei der Polizei aus, dass er schlichtend eingreifen wollte, als Anlieger gegen Krawallmacher vorgingen. Was die Gründe für die vier Messerstiche gegen einen 29-Jährigen waren, der ebenfalls hinter der Roten Floraverletzt wurde, ist unbekannt. Erst konnte mit ihm nicht gesprochen werden, weil er notoperiert werden musste. Dann war der Mann laut Polizeisprecher Mirko Streiber nicht gewillt, die möglichen Gründe für den Angriff auf ihn zu nennen.
Dass die Polizei trotz der vielen offensichtlichen Straftaten wie Brandstiftung oder Auseinandersetzungen zwischen verschiedensten Gruppen wie Linksautonomen, jugendlichen Migranten, Spaß-Krawallmachern oder Anwohnern lange Zeit nicht sichtbar eingegriffen hat, will Streiber nicht als fehlende Strafverfolgung in einem rechtsfreien Raum gewertet wissen. „Dass nicht sofort uniformierte Kräfte eingreifen, bedeutet nicht, dass wir die Taten nicht verfolgen“, so der Polizeisprecher. Erkenntnisse von Zivilfahndern oder Bilder von Überwachungskameras würden für Ermittlungen genutzt werden. „Man muss in so einer Situation die Verhältnismäßigkeit wahren“, so Streiber.
Der Traum von einem friedlichen Nachklapp des Schanzenfestes zerplatzte spätestens um 2.15 Uhr. „Nachdem 30 bis 40 Störer die Haspa im Schulterblatt mit Gegenständen bewarfen und versuchten, die Tür aufzubrechen, rückten Polizeikräfte ins Schanzenviertel vor“, sagt Hauptkommissarin Ulrike Sweden. Die Auseinandersetzungen dauerten diesmal „nur“ eine halbe Stunde. Allein der Umstand war selbst dem ansonsten in der Sache eher als „Hardliner“ bekannten Landesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Joachim Lenders, eine positive Bewertung wert. „Die Auseinandersetzungen sind deutlich unter dem Level der vergangenen Jahre geblieben“, sagt Lenders. Auch Streiber zieht eine positive Bilanz. „Es war lange Zeit friedlich geblieben“, sagt der Polizeisprecher. Erst als die meisten der „normalen Personen“ abgewandert waren und die gewaltbereite Klientel die Oberhand bekommen hätte, sei das passiert, was eigentlich immer nach dem Schanzenfest stattfindet: Krawall. Der endete gegen 2.45 Uhr, als die Randalierer Richtung Sternschanzenbahnhof flüchteten. Schon zwei Minuten später – es ist ein von allen Seiten gut organisiertes nicht angemeldetes Fest – begann die Stadtreinigung mit der Beseitigung der Trümmer und des Mülls der Veranstaltung. Offizielle Bilanz: ein verletzter Polizist. Im Vorjahr waren es noch fünf verletzte Beamte. 13 Festnahmen und zwei Ingewahrsamnahmen konnte die Polizei in diesem Jahr für sich verbuchen.
Joachim Lenders ist dann auch trotz positiver Entwicklung mit der Gesamtsituation nicht zufrieden. „Es gibt kein anderes Stadtteilfest, das auch nur ansatzweise unter vergleichbaren Bedingungen stattfindet“, sagt Lenders, der damit auf die fehlende Genehmigung, die fehlende Kostenübernahme für polizeiliche Verkehrsmaßnahmen, Aufräumarbeiten oder andere Gebühren anspielt. Abgerechnet wird am Ende dennoch: Für drei Hundertschaften, die Hamburg anfordern musste, wird die Stadt zahlen müssen. „In der Schanze“, meint Lenders, „gelten in der Praxis für so ein Fest eben doch andere oder keine Gesetze.“