Skip to main content

    Hochrisiko-Verbrecher sollen nach Fuhlsbüttel

    Niedersachsens Justizminister: Hamburg und Rosdorf Standorte für Sicherungsverwahrte

    Norddeutsche Länder hätten sich auf gemeinsame Lösung zur Umsetzung des Karlsruher Urteils geeinigt

    Hamburgs Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) dementiert das: Noch keine Einigung über die Unterbringung

    Hamburg soll offenbar einen Großteil der in Norddeutschland einsitzenden Schwerverbrecher aufnehmen, für die die Gerichte wegen ihrer Gefährlichkeit Sicherungsverwahrung nach der normalen Haft angeordnet haben. Die fünf norddeutschen Bundesländer hatten bei einer Sitzung der Justizminister kürzlich vereinbart, die Sicherungsverwahrung langfristig gefährlicher Straftäter künftig an zwei zentralen Standorten zu konzentrieren. Niedersachsens Justizminister Bernd Busemann (CDU) sagte jetzt in Hannover, die Unterbringung sei voraussichtlich in Hamburg und Rosdorf bei Göttingen geplant. Bisher wurden Hochrisiko-Verbrecher auf besondere Abteilungen unterschiedlicher Gefängnisse verteilt. Hintergrund der Neuregelung ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach Sicherungsverwahrte bis Mai 2013 eine Unterbringung bekommen müssen, die sich deutlich von der Strafhaft unterscheidet. So müssen etwa die Wohnräume größer sein als herkömmliche Gefängniszellen.

    Auf dem Gelände von Niedersachsens angeblich sicherster Haftanstalt in Rosdorf im Landkreis Göttingen sollen in die Errichtung eines neuen Gebäudes zehn bis 12,5 Millionen Euro investiert werden. Die 54 geplanten Plätze sollen für Straftäter aus Bremen, Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern genutzt werden können. In der Hamburger Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel wurde zu Jahresbeginn eine neue Abteilung für Sicherungsverwahrte mit 31 Plätzen eröffnet, sodass „Santa Fu“ für die Unterbringung der norddeutschen Sicherungsverwahrten ebenfalls infrage kommt. Derzeit gibt es im Hamburger Justizvollzug 22 Sicherungsverwahrte.

    Hamburgs Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) allerdings dementierte gestern, dass es bereits eine Entscheidung gebe. „Wir sind zu einer Zusammenarbeit mit den norddeutschen Ländern bereit“, sagte Schiedek. „Es gibt allerdings noch keinerlei Festlegungen. Für uns kommt es darauf an, dass es eine gute Lösung für Unterbringung, Entlassungsvorbereitung und Nachsorge zwischen den Ländern gibt. Dafür haben wir eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die ein Gesamtkonzept erstellen soll.“ Dieses solle so schnell wie möglich vorliegen, hieß es aus der Justizbehörde.

    CDU-Justizpolitikerin Viviane Spethmann sagte, eine gemeinsame Lösung sei zu begrüßen. Die JVA Fuhlsbüttel bringe die Voraussetzungen mit. Es sei aber „merkwürdig“, dass weder die Senatorin noch SPD-Fraktionschef Andreas Dressel die Bürgerschaft im Rechtsausschuss unterrichtet hätten.

    Noch deutlicher wurde GAL-Rechtspolitiker Farid Müller. „Wenn diese Nachricht aus Niedersachsen zutrifft, dann hat die Senatorin bewusst die Bürgerschaft getäuscht“, so Müller. „Mit Täuschung und Desinformation schafft Politik aber kein Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Senats, wie mit gefährlichen ehemaligen Straftätern zukünftig umzugehen ist.“

    SPD-Rechtspolitiker Urs Tabbert betonte dagegen, ihm sei keine Entscheidung für bestimmte Standorte bekannt. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Herr Busemann da schon weiter ist als die Arbeitsgruppe, die die Standorte suchen soll“, sagte Tabbert.

    „Wir begrüßen eine solche Einrichtung in ,Santa Fu'“, sagte dagegen Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Eine adäquate Unterbringung nach den Vorgaben der Gerichte verhindere, „dass diese gefährlichen Menschen freigelassen werden und dann rund um die Uhr überwacht werden müssen“, so Lenders.

    Welche Auswirkungen solche Entlassungen haben können, zeigt das Beispiel Hans-Peter W. (53), der für 30 Jahre in Haft saß, bevor er aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auf freien Fuß gesetzt werden musste. Der Mann kam nach Hamburg, war hier zunächst in Hammerbrook, Harburg und Niendorf untergebracht, bevor er nach Eilbek zog. Seit dem ersten Tag wird er rund um die Uhr von der Polizei bewacht. Wie aufwendig das ist, zeigte sich erst mit der Zeit. „Am Anfang war er viel im Haus“, sagt ein Beamter. Mittlerweile hat Hans-Peter W. einen Hund, den er auf ausgedehnten Touren mit dem Fahrrad begleitet. Die Polizei, die für die Bewachung dauerhaft mit einem Zug der Bereitschaftspolizei gebunden ist, hat deswegen kürzlich zwei Dienstfahrräder angeschafft.