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    Vor Saisonstart: Polizei rechnet mit deutlich steigender Fan-Gewalt

    Interne Analyse weist wachsende Zahl an Problemspielen aus – Mehr gewaltbereite Anhänger bei Pauli als beim HSV

    Allein in der Hinrunde geht die Polizei von 26 brisanten Partien in Hamburg aus – nicht nur in den oberen Ligen, sondern auch bei den zweiten Mannschaften

    Auf die am Wochenende beginnende Fußballbundesliga-Saison blickt die Hamburger Polizei mit großer Sorge – laut einer aktuellen Lageeinschätzung wird das Gewaltpotenzial einiger Fangruppen als erheblich eingeschätzt. Allein in der Hinrunde erwarten die Sicherheitsbehörden 26 der sogenannten Risiko- oder Sicherheitsspiele. Diese Einstufung ist aus Einschätzung des bisherigen Fanverhaltens der jeweils beteiligten Vereine entwickelt worden. „Man kann sich vorstellen, was das für eine Belastung ist und mit welchem Gewaltpotenzial es die Polizei zu tun hat“, sagte ein leitender Polizeibeamter. In einer internen und bisher unveröffentlichten Studie, die der „Welt“ vorliegt, wurde zudem die abgelaufene Saison analysiert. Das Ergebnis: Dem HSV werden 400 gewaltbereite Problemfans zugerechnet, beim FC St. Pauli, der am kommenden Sonnabend die Saison eröffnet, sind es sogar 500 Personen.

    „Die letzte Fußballsaison war für die Polizei bereits von hohen Belastungen geprägt. Das Gewaltpotenzial hat ein noch nicht gekanntes Ausmaß erreicht“, heißt es. Bei den Einsätzen rund um die Fußballspiele der vergangenen Saison wurden rund 70 Polizisten verletzt. Es gab über 300 Fest- oder Ingewahrsamnahmen. Mehr als 250 Strafanzeigen fertigten Polizisten im Zusammenhang mit Fußballgewalt.

    „Dieses Jahr werden vermutlich wegen der Vielzahl der Einsätze diese Zahlen weit überstiegen werden“, heißt es in der Lageeinschätzung. Die Polizei rechnet bei den Risiko- und Sicherheitsspielen mit einem Kräfteansatz von 500 bis 1600 Beamten. In vielen Fällen werden Hundertschaften der Bereitschaftspolizei aus anderen Bundesländern angefordert werden müssen.

    „Wir stehen diese Saison vor einer erheblichen Herausforderung“, sagt auch der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Joachim Lenders. „Die Zahl der Sicherheitsspiele wird sich mehr als verdoppeln. Vergangenes Jahr hatten wir lediglich elf solcher Spiele. Das Personal, das wir diese Saison einsetzen müssen, wird woanders fehlen.“ Lenders erneuert in diesem Zusammenhang noch einmal seine Forderung nach einer Abgabe der Vereine für die Polizeieinsätze. „Gerade die Situation hier in Hamburg führt doch jedem deutlich vor Augen, dass es längst nicht mehr nur die erste, sonder mittlerweile sogar die vierte Liga ist, in der es zu Problemspielen kommt, zu denen die Polizei mehrere Hundertschaften einsetzen muss.“ Es sei nicht hinnehmbar, dass in diesem Fall die Leistung der Polizei kostenfrei in Anspruch genommen werden könne, während jeder andere vergleichbare Veranstalter zur Kasse gebeten werden, so der Standpunkt der Polizeigewerkschaft.

    Dabei spielt der Gewerkschafter darauf an, dass neben dem Erstligisten HSV und dem Zweitligisten St. Pauli auch deren jeweils zweite Mannschaft so hochklassig spielt, dass es zu Begegnungen mit gewalttätig eingestuften Fangruppen kommt. Beide Teams spielen in der kommenden Saison in der Regionalliga und treffen also auch im Derby aufeinander. Außerdem erwartet St. Pauli Mannschaften wie Magdeburg, Cottbus II, Meppen,Hannover II, Kiel, Halle, Lübeck und Wolfsburg II, bei denen laut Polizeieinschätzung ein „feindschaftliches Verhältnis“ zwischen Teilen der Fangruppen besteht. Der HSV II hat sechs Begegnungen in Hamburg mit auswärtigen Mannschaften, die „feindschaftlich“ gesinnte Fans mitbringt.

    Die Spitzenmannschaften sind dagegen beinahe harmlos. Auf „nur“ zehn Risikospiele bringen es beide Vereine zusammen in der Hinrunde. Besonders problematisch werden dabei die Anhänger von Eintracht Frankfurt eingestuft, die kurz vor Weihnachten ans Millerntor reisen. Das brisante Spiel der Rostocker auf dem Kiez wird erst im kommenden April stattfinden, die Hamburger Polizei wird im Herbst allerdings auch mit zum Auswärtsspiel reisen müssen.