Sicherheit als Wahlkampfschlager
Gastkommentar des Landesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft Joachim Lenders
Die CDU hat mit den Kürzungen bei der Polizei einen fatalen Fehler gemacht
Brennende Autos, gestiegene Einbruchszahlen, spektakuläre Gewaltdelikte – das sind Schlagzeilen, die Menschen berühren. Auch Bürger, die nicht selbst Opfer einer Straftat geworden sind, spüren Verunsicherung. Im bürokratischen Amtsdeutsch spricht man vom subjektiven Sicherheitsgefühl und versichert von offizieller Stelle, dass dies im Widerspruch zur objektiven Sicherheitslage steht.
Die Hamburger Bürger wollen aber nicht mit offiziellen Statistiken beruhigt werden. Sie wollen in größtmöglicher Sicherheit leben. Das hat auch mit dem Lebensgefühl einer Stadt zu tun. Sicherheit ist auch ein Markenkern, ein Standortfaktor, der berücksichtigt wird. Die totale Sicherheit gibt es nirgends auf dieser Welt, und es wäre Utopie, daran zu glauben. Die „größtmögliche Sicherheit“ aber ist machbar – wenn die Rahmenbedingungen stimmen.
Damit erklärt sich auch, warum im Bürgerschaftswahlkampf das Thema innere Sicherheit wieder eine große Rolle spielt. Jede Partei will mit ihren Konzepten überzeugen. Aber verbergen sich tatsächlich Konzepte und Ideen hinter Aussagen wie „Kriminalität minus 25 Prozent – Und nu?“ oder „Mehr Polizei – dafür steht Bürgermeister Christoph Ahlhaus“?
Sein Kontrahent Olaf Scholz spricht von „verstetigten Einstellungszahlen“ bei der Polizei. Das heißt im Klartext, dass jeder pensionierte Polizist ersetzt wird durch einen Berufsanfänger. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, außer man möchte Polizeistellen streichen. Das will natürlich niemand in Wahlkampfzeiten.
Es mutet etwas armselig an, dass der Bürgermeister nun lächelnd davon spricht „mehr Polizei“ haben zu wollen. Herr Ahlhaus hat im Rahmen der Haushaltskonsolidierung und des damit verbundenen Sparpakets in Höhe von 500 Millionen Euro auch die weitere Streichung von Polizeistellen verkündet.
Jetzt erklärt der Bürgermeister zur allgemeinen Überraschung, dass er für 100 Stellen mehr bei der Polizei sorgen wird. Ob derartige Aussagen einfach Wahlkampfgetöse sind, bleibt dahingestellt. Fakt ist und bleibt, dass die CDU seit Jahren verantwortlich zeichnet im Innenressort und die anfänglich deutlich gestiegenen Einstellungszahlen nicht fortgesetzt und damit begonnen hat, sie wieder abzubauen. Ein fataler Fehler, der bereits im Jahr 2001 zu einem Machtwechsel im Rathaus führte. Auf den letzten Metern zur anstehenden Bürgerschaftswahl erschien damals der „Heilsbringer“ in der Person des Olaf Scholz als neuer Innensenator. Schnell erkannte Scholz, dass der Zug der Sozialdemokratie auf eine Katastrophe zuraste. Waren sich führende SPDler noch sicher, dass doch nicht wegen der inneren Sicherheit der Machtverlust im Rathaus drohen könnte, hatte Scholz das Gespür dafür, dass es schiefgehen kann, wenn nicht schnell die Weichen anders gestellt werden. Der Versuch, das Ruder herumzureißen, war anerkennenswert, kam aber zu spät. An der inneren Sicherheit entschied sich die Wahl und führte nach 44 Jahren zum Machtverlust der SPD.
Heute sind wir von Verhältnissen wie 2001 weit entfernt. Es ist der CDU zugute zu halten, dass die Polizei wieder so arbeiten konnte, wie man es von ihr erwartet, so wie es ihr gesetzlicher Auftrag ist. Die CDU hat auch dafür gesorgt, dass wieder Vertrauen zwischen Politik und Polizei hergestellt wurde. Was wird Olaf Scholz anders oder besser machen, wenn er die Macht im Rathaus erobert? Den Akteuren Scholz, Fraktionschef Neumann und Innenpolitiker Dressel glaubt man, dass sie kein gestörtes Verhältnis zur Polizei haben. Gilt dies aber tatsächlich auch für alle Teile (Flügel) der SPD? Warum hat niemand vor 2001 in der SPD einen innenpolitisch willenlos agierenden Innensenator Wrocklage Einhalt geboten und ihn gestoppt?
Die Verantwortlichen werden nicht müde zu erklären, dass sie aus den Fehlern von damals gelernt haben. Die Frage aber bleibt: Ist man in der SPD nach zehn Jahren auf der Oppositionsbank beim Thema innere Sicherheit „resozialisiert“?