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    Sind die Täter wirklich Flüchtlinge?

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    Die Nacht der Schande von Köln: Jetzt kommen immer mehr Details über die Männer heraus, die hinter den Gewaltexzessen stecken sollen.

    Es geht um Körperverletzung, Diebstahl, sexuelle Delikte. 379 Anzeigen wurden bis gestern gestellt, rund 150 davon wegen sexueller Übergriffe. 350 Stunden Videomaterial werden derzeit ausgewertet. Gegen mehr als 30 Verdächtige wird ermittelt. Bei zwei Männern fand die Polizei einen Zettel auf Deutsch und Arabisch – mit Wörtern wie „Ich töte dich“, „Ich will fucken“ und „große Brüste“. Laut „Spiegel“ wurden einige der in der Silvesternacht gestohlenen Handys in Flüchtlingsheimen oder im unmittelbaren Umfeld der Heime geortet. Mittlerweile ist klar: Bei den Tätern handelt es sich vorwiegend um junge Männer aus Nordafrika.

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    „Die Integrationspolitik funktioniert nicht, das merken wir Polizisten seit Jahren“, sagt Christine Höxtermann (31), Oberkommissarin in Hamburg und Mitglied der Deutschen Polizeigewerkschaft: „Bislang konnten wir noch die Hand drauf halten, jetzt bekommen es auch die Bürger mit. Wir müssen aussprechen können, dass es sich um Täter aus anderen Kulturkreisen handelt. Die kennen aus ihren Heimatstaaten eine viel aggressivere Polizei und Justiz, die belächeln uns und nehmen mich als Frau erst recht nicht ernst. Ihnen müssen wir endlich zeigen, dass wir hier das Sagen haben und sonst keiner.“

    ► Nach BamS-Informationen haben Polizeibehörden bereits ermittelt, dass es im Vorfeld der Silvesternacht Aufrufe von Nordafrikanern in sozialen Netzwerken gab. Demnach sollten Landsleute aus Köln, dem Umland und sogar den Nachbarstaaten Belgien, Holland und Frankreich nach Köln kommen.

    ► Immer wieder fand die Polizei in den vergangenen Tagen Spuren der Straftaten in der Silvesternacht. Laut einem vertraulichen Bericht der Bundespolizei wurden am Donnerstag drei Marokkaner im Alter von 14, 16 und 17 Jahren bei der Vorbereitung einer Straftat im Hauptbahnhof festgenommen. Einer der Jugendlichen wurde bereits polizeilich gesucht. Die drei Teenager waren auch in der Silvesternacht am Hauptbahnhof unterwegs. Die Beamten konnten Videomaterial auf einem Handy sichern, das nach BamS-Informationen zeigt, wie Frauen und Männer in der Silvesternacht auf der Kölner Domplatte eingekreist und bedrängt werden. Das Handy wurde der Ermittlungsgruppe „Neujahr“ der Kölner Polizei übergeben.

    ► Laut Kölner Staatsanwaltschaft befinden sich derzeit drei Täter aus der Silvesternacht in Untersuchungshaft, die bereits am 1. Januar dem Haftrichter vorgeführt wurden. Ihnen werden Eigentumsdelikte vorgeworfen, bislang keine Sexualstraftaten.

    1. Fall: Gegen 23.30 Uhr soll der Marokkaner A. (23) einer Passantin auf dem Bahnhofsvorplatz das Mobiltelefon aus der Hand gerissen haben. Nach einer Verfolgung wird der junge Mann gestellt. Am Neujahrstag wird Haftbefehl gegen ihn erlassen, seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Pflichtverteidiger Florian Storz (45): „Mein Mandant möchte zurück in sein Heimatland.“

    2. Fall: Kurz vor Mitternacht wurden der Tunesier K. (22) und der Marokkaner S. (18) bei einem Diebstahl erwischt. Sie wollten einem Inder (25) eine Tasche mit einer Kamera wegreißen. Das Opfer hielt die Täter fest, bis Ordnungskräfte eintrafen. Auch sie wurden am Neujahrstag dem Haftrichter vorgeführt und in die Untersuchungshaft gebracht. Nach BamS­Informationen wird derzeit geprüft, ob sie in weitere Straftaten, unter anderem Sexualdelikte, verwickelt sind.

    Wer sind die Silvester-Täter?

    „Bei unseren Mandanten handelt es sich um moderne Nomaden“, sagt Pflichtverteidiger Ingo Lindemann (42). „Sie sind keine Kriegsflüchtlinge, sondern große Straßenkinder, die mit dem Flüchtlingsstrom durch Europa ziehen. Sie haben, böse ausgedrückt, das große Los gezogen – sprachlos, heimatlos, perspektivlos.“

    Nach BamS-Informationen haben die Täter keinen Asylantrag gestellt. Während etwa der Tunesier einen vorübergehenden Duldungsstatus besitzt und in einer Flüchtlingsunterkunft im rheinischen Stolberg gemeldet ist, hält sich der Marokkaner illegal in Deutschland auf.

    Kann unsere Polizei uns nicht schützen oder will sie nicht?

    FDP-Chef und NRW-Fraktionsvorsitzender Christian Lindner fordert von Innenminister Ralf Jäger (SPD): „Uns interessiert, ob es eine Weisung an die Polizei gab, die Vorgänge herunterzuspielen. Wenn Herr Jäger dem nicht nachkommt, brauchen wir über einen Untersuchungsausschuss Akteneinsicht.“

    Das Vertrauen der Deutschen in die Polizei ist erschüttert. 39 Prozent sind der Meinung, dass die Polizei keinen ausreichenden Schutz bietet. 57 Prozent fühlen sich beschützt.

    49 Prozent befürchten sogar, dass Übergriffe wie in Köln am eigenen Wohnort stattfinden könnten. 50 Prozent sehen diese Gefahr nicht. Dies ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid vom Donnerstag für BamS.

    Die Deutschen nehmen ihre Sicherheit zunehmend selbst in die Hand: Bei Amazon sind im Bereich „Sport & Freizeit“ unter den zehn meistverkauften Produkten acht Pfeffersprays. Auf Facebook hat die nach den Silvesterereignissen gegründete Gruppe „Einer für alle, alle für einen . . . Düsseldorf passt auf“ bereits knapp 12 000 Mitglieder. Die Organisatoren rufen dazu auf, gemeinsam „durch die Stadt zu ziehen“, um sie „für unsere Damen sicherer zu machen“.

    Während die Bürger aufrüsten, baut der Staat ab. Polizeigewerkschaften klagen über Personalabbau und schlechte Ausrüstung. Seit 2000 wurden laut Gewerkschaft der Polizei (GdP) rund 16 000 Stellen gestrichen. Folge: Unterbesetzte Schichten und Mehrarbeit. So mussten Polizisten laut GdP im vergangenen Jahr etwa 18 bis 20 Millionen Überstunden leisten.

    Polizei-Experte Professor Hans-Gerd Jaschke sieht aber auch Fehler bei der Polizei: „Sei es Occupy in Frankfurt, Hogesa in Köln oder jetzt Taschendiebstahl in Verbindung mit sexualisierter Gewalt: Immer wenn die Polizei mit neuen Formen der Gewalt konfrontiert ist, ist sie nicht auf der Höhe der Zeit. Sie verlässt sich zu sehr auf Routine und lässt Sensibilität und Flexibilität im Einsatz vermissen.“

    Bei den Ermittlungen gegen die Täter könnte eine Ausweitung der Videoüberwachung helfen. Justizminister Heiko Maas zu BamS: „Ich finde es richtig, darüber nachzudenken, ob mit einer vernünftigen und maßvollen Videoüberwachung an neuralgischen Plätzen die Aufklärung von Straftaten helfen kann.“

    Im Fall Köln gab es Videoanlagen am Bahnhofsvorplatz. Doch soll die Technik dort so schlecht und veraltet sein, dass auf den Aufnahmen aus der Silvesternacht fast nichts zu erkennen ist.

    Sind unsere Gesetze zu lasch?

    Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte am Samstag, es müsse geprüft werden, ob die Gesetze ausreichend seien. „Das, was in der Silvesternacht passiert ist, das sind widerwärtige kriminelle Taten, die auch nach entschiedenen Antworten verlangen“, so Merkel nach der CDU-Klausur in Mainz.

    Dort beschloss der CDU-Parteivorstand, härter gegen kriminelle Ausländer vorgehen zu wollen. Demnach sollen Asylberechtigte, Flüchtlinge und Asylbewerber in Zukunft bereits dann abgeschoben werden können, wenn sie „rechtskräftig wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe auch unter Bewährung verurteilt wurden, um so insbesondere auch Serienstraftäter erfassen zu können“. Auch soll die rechtliche Grundlage für verdachtsunabhängige Personenkontrollen („Schleierfahndung“) in allen Bundesländern geschaffen werden.

    SPD-Chef Sigmar Gabriel und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) signalisierten Unterstützung für eine Verschärfung des Strafrechts.

    Aktuell sieht das im vergangenen Jahr bereits verschärfte Bleibegesetz ein „besonders schweres Ausweisungsinteresse“ vor, wenn jemand „Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift“. Das dürfte in den Fällen der Silvesternacht unstrittig sein. Aber: Bei einer konkreten, individuellen Gefahr etwa von Folter oder Todesstrafe im entsprechenden Land darf ein ausländischer Straftäter nicht abgeschoben werden.

    Werden Frauen tatsächlich vermehrt zu Opfern?

    Nein. Laut Statistik des Bundeskriminalamts ist die Zahl der polizeilich erfassten Vergewaltigungen und schweren sexuellen Nötigungen mit etwa 8000 pro Jahr seit 15 Jahren etwa gleich hoch.

    Die Täter sind vor allem Verwandte und Bekannte. Drei von zehn Tatverdächtigen bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung sind laut BKA nicht deutsch. Unter ihnen stellen türkische Staatsangehörige mit 24,9 Prozent die größte Gruppe. 11,4 Prozent der ausländischen Tatverdächtigen sind Asylbewerber.

    Deutschlandweit passieren die meisten derartigen Übergriffe in Berlin. Hier kamen 2014 auf 100 000 Einwohner 20 Vergewaltigungen und sexuelle Nötigungen. Auf Rang zwei folgt Köln (19,2 Fälle).

    Nützen die Vorfälle AfD, Pegida und Neonazis?

    Sie bewarfen Polizisten mit Flaschen, Steinen und Böllern, die Sicherheitskräfte setzten Wasserwerfer und Tränengas ein: Die Polizei in Köln hat am Samstag eine Pegida-Demo aufgelöst. Die rechtsextremen Randalierer wurden nach rund 500 Metern gestoppt. Ein Journalist wurde verletzt. Von den rund 1700 Demonstranten waren etwa die Hälfte gewaltbereite Hooligans, so die Polizei. Gleichzeitig protestierten in Köln mehr als 1300 Menschen überwiegend friedlich gegen Rassismus und Sexismus. Die Polizei war insgesamt mit 1700 Beamten vor Ort.

    In vielen Internetforen scheint die Aufklärung der Silvesternacht bereits abgeschlossen. Kommentarspalten quellen vor Hetze gegen Ausländer über. Die Facebook-Seite „Nett-Werk“ für Augenzeugen am Kölner Hauptbahnhof wurde beispielsweise abgeschaltet, weil dort offen zu Lynchjustiz aufgerufen wurde.

    Extremismus-Experte Dr. Bernd Wagner zu BamS: „Viele sehen sich jetzt im Besitz einer neuen – rechtsradikalen – ‚Wahrheit‘, wie in einem Erweckungserlebnis.“

    Die AfD versucht aus dieser Situation Kapital zu schlagen. Partei-Chefin Frauke Petry vergleicht auf ihrer Facebookseite die Ereignisse in Köln mit den Vergewaltigungen an deutschen Frauen im Jahr 1945 durch Soldaten der roten Armee: „Massenhafter Missbrauch von Frauen in Köln erinnert an rechtlose Zustände zum Kriegsende.“

    Experte Wagner warnt: „Die massive Kriminalität von Banden und das gleichzeitige Versagen von den Behörden nutzen Rechtsradikale als Rechtfertigung. Bis zur Begründung von Gewalt. Die gefährliche Zuspitzung der Rechten lautet: Das Finale hat begonnen, die oder wir.“

    Haben Migranten wirklich ein anderes Frauenbild?

    Das ist eine Frage der Herkunft. Die Frauenrechte in Syrien, Irak, Saudi-Arabien und Ägypten sind am rückschrittlichsten, hat die Thomson Reuters Foundation ermittelt. In Ländern, in denen konservative islamische Kräfte das Sagen haben, sehen die Machthaber Frauen am liebsten ausschließlich zu Hause. Sie spielen öffentlich keine Rolle, sollen nicht widersprechen und keinen Spaß an Sex haben.

    „In konservativen Familien ist Sexualität absolut Tabu“, heißt es in einer Expertise des Dortmunder Erziehungswissenschaftlers Ahmet Toprak über gewaltbereite junge Muslime mit Migrationshintergrund. Das trage vor allem bei Männern zu einer überholten Einstellung zu Sexualität und Geschlechterrollen bei. „Unbegleitete Frauen im öffentlichen Leben kennen sie nicht.“ Signale wie ein kurzer Rock oder Flirten könnten falsch verstanden werden.

    Frauenrechtlerinnen warnen jetzt vor Rückschritten für die Rechte der Frauen in Deutschland. „Wollen wir in einer Gesellschaft leben, in der eine Männerdominanz auf der Straße Realität ist?“, sagt die deutsch-türkische Anwältin Seyran Ates. „Da dürfen wir auf keinen Fall einen Millimeter zurücktreten, nur weil jetzt andere Kulturen und Ethnien dazukommen.“

    Gibt es Migranten, die schlechter integrierbar sind?

    16,3 Millionen Mitbürger haben einen Migrationshintergrund. Die meisten davon stammen aus der Türkei (3 Mio.), gefolgt von Ex-­Jugoslawien (1,6 Mio.), Polen, Russland und Italien.

    Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Aydan Özoguz (48, SPD), glaubt: „Bildung spielt bei der Frage, ob Integration gelingt, eine extrem wichtige Rolle.“

    Verfehlte Integration führt zu massiven Problemen. So leben in einigen Städten Migranten in regelrechten Ghettos. Jörg Radek, Vizechef der Gewerkschaft der Polizei (GdP): „Dort herrschen Familienclans mit patriarchalischen Strukturen, die wir uns überhaupt nicht vorstellen können. “Streitigkeiten klären dort sogenannte „Friedensrichter“. Einige bekannte Clanmitglieder kamen vor 20 bis 30 Jahren als Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Libanon.

    Ein besonders schlimmer Fall aus dieser Woche: Am Donnerstag sollen zwei Brüder aus Syrien (26, 20) ihre ältere Schwester Ramia in Hanau erstochen haben, um Schmach an der Familie zu sühnen. Ramia war erst vor einem halben Jahr aus Syrien nach Deutschland geflohen, lebte mit Mann und Kind in einem Mehrfamilienhaus. Weil sie offensichtlich einen Liebhaber hatte, handelte es sich möglicherweise um einen „Ehrenmord“.