Videoüberwachung des Hansaplatzes wird eingestellt
Nur geringe Erfolge bei der Kriminalitätsbekämpfung – Umbau des Platzes steht bevor – Hickhack um offizielle Entscheidung
Die Videoüberwachung auf dem Hansaplatz wird aller Voraussicht nach eingestellt. Für den anstehenden Umbau des Platzes in St. Georg werden die fünf Videokameras, die den Platz heute noch im Blick behalten, abgebaut, und es sieht so aus, als ob sie danach nicht mehr angebracht würden. Dabei hatte die Anlage erst kürzlich ihren Wert bewiesen. Nach dem brutalen Überfall auf einen behinderten Austauschstudenten aus den USA hatten Bilder aus einer der Kameras erst am Donnerstag zu einer Festnahme geführt.
Zunächst schien es, als ob die offizielle Entscheidung bereits gefallen sei, doch dann erklärte die Innenbehörde, dass man erst den Evaluationsbericht über die Videoüberwachung im nächsten Jahr abwarten wolle. Dennoch gilt es als offenes Geheimnis, dass die Videoüberwachung nicht zu besonders vielen Erfolgen bei der Kriminalitätsbekämpfung geführt hat. Die schwenkbaren Kameras waren im Juli 2007 für rund 400 000 Euro angebracht worden. Auf und um den Hansaplatz geschahen damals rund 300 Straftaten im Jahr. Bei den Anwohnern war die die Videoüberwachung von Anfang an umstritten.
Dementsprechend groß ist die Freude im Stadtteil: „Ich habe Innensenator Ahlhaus dazu gratuliert, dass er diese mutige Entscheidung getroffen hat“, sagt Helmut Voigtland, Vorsitzender des Bürgervereins St. Georg, nachdem er erfahren hat, dass die Kameras abgebaut werden sollen. Dass die Entscheidung doch nicht spruchreif seien soll, dazu sagt er: „Ich hoffe, dass es jetzt auch dabei bleibt.“ Die Kameras seien für den Platz destruktiv und stigmatisierten ihn. „Aus meiner Sicht haben sie auch bei der Kriminalitätsbekämpfung nichts gebracht.“
Ganz anders sieht es die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG). Die Videoüberwachung einzustellen wäre ein „sicherheitspolitischer Irrweg“, es gebe „überhaupt keine fachlichen Gründe, die das rechtfertigen können“, sagt Landesvorsitzender Joachim Lenders. Ende September überführte die Polizei eine Frau, die auf einen am Boden liegenden Mann 16 Mal eingetreten hatte. Selbst bei Tötungsdelikten spielten die Bilder aus den Kameras bei Ermittlungen eine Rolle. „Es sind zwar nicht annährend so viele Fälle wie auf der Reeperbahn, die durch die Kameras aufgedeckt oder aufgeklärt werden“, sagt ein Beamter. „Der Platz ist aber immer noch hoch belastet.“
Das sieht Lenders genauso. „Die Kriminalstatistik ist eindeutig, schwere und gefährliche Körperverletzungsdelikte nehmen weiter zu“, sagt er. Die Kriminalitätsentwicklung scheint nicht für die dauerhafte Demontage zu sprechen. Zwar gibt es insgesamt etwas weniger Vorkommnisse, aber die Zahl der Gewalttaten in St. Georg ist im Vergleich zu 2008 in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um 5,8 Prozent auf 128 Taten angestiegen.
Dass die Entscheidung noch nicht gefallen ist, betont auch Antje Möller, Innenexpertin der GAL. „Wir haben generell eine kritische Haltung zu Videoüberwachung als singulärer Maßnahme“, sagt sie. „Aber hier warten wir auf den Evaluationsbericht.“ Dies sei auch kein Zugeständnis an die GAL, schließlich habe man sich im Koalitionsvertrag auf diese Vorgehensweise verständigt.
Dass hinter den Plänen, die Kameras abzubauen, politische Motive stecken, steht für die SPD dagegen fest. „Noch im Frühjahr hat der Senat mitgeteilt, die Zahl der Straftaten sei zurückgegangen. Nun heißt es, die Überwachung bringe nichts. Ist hier fachlich entschieden worden – oder hatten die Grünen bei Ahlhaus gerade einen Gefallen gut?“, fragt SPD-Innenexperte Andreas Dressel. Sollten die Kameras abgebaut werden, sei das „in hohem Maße erklärungsbedürftig“.
So oder so: In St. Georg freut man sich auf die Umgestaltung des großen Platzes. „Die Straßen werden bis an die Häuser aufgepflastert. Wir hoffen, dass sich Außengastronomie dort niederlässt und der Hansaplatz zum lebendigen Mittelpunkt St. Georgs wird“, sagt Voigtländer.