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    Welt: Polizei: Kritik an später Fahndung

    Veröffentlichung von Fotos erfolgte erst nach Monaten

    Drei Monate war es her, dass in Neuwiedenthal ein 18-Jährige krankenhausreif geprügelt wurde. Der Täter wurde von Überwachungskameras gefilmt. Doch erst am Dienstag veröffentlichte die Polizei die Fotos. Mit verblüffendem Erfolg. Schon wenige Stunden später erschien ein 19-Jähriger im Polizeipräsidium mit seinen Eltern und stellte sich. Sein Vater hatte die Öffentlichkeitsfahndung im Internet gesehen und den Sohn erkannt. Der Erfolg ist kein Einzelfall. Am Tag zuvor stellte sich ein 22-Jähriger einen Tag nach der Veröffentlichung von Bildern, die ihn und seine Komplizen zeigen, nachdem sie im S-Bahnhof Berliner Tor einen Mann schwer verletzt hatten.

    Diese Täter hätte man schon viel früher ermitteln können, meint Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Ich kann bis heute nicht verstehen, warum man sich mit der Öffentlichkeitsfahndung so schwer tut. Vor allem, wenn es bereits ein sehr klares Bild vom Tatgeschehen gibt und es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um den Täter handelt“, so Lenders. Bei den Fällen ginge es um schwere Straftaten, bei denen den Opfern erheblicher körperlicher Schaden zugefügt wurde. „Die vorangegangenen, erfolglosen Ermittlungen haben in großem Maße Personal gebunden, das man hätte anders einsetzen können“, sagt Lenders.

    Die Polizei sieht keinen Handlungsspielraum. „Wir entscheiden nicht, ob ein Foto veröffentlicht wird“, sagt Hauptkommissar Andreas Schöpflin. Das ist Sache eines Richters. Den entsprechenden Antrag stellt die Staatsanwaltschaft. „Das Gesetz regelt das Vorgehen“, sagt Wilhelm Möllers, Sprecher der Staatsanwaltschaft. „Es müssen alle anderen Ermittlungsansätze erschöpft sein.“ Das dürfte Auslegungssache sein. Eine Öffentlichkeitsfahndung ist nach Paragraf 131b der Strafprozessordnung zulässig, wenn „die Feststellung der Identität eines unbekannten Täters auf andere Weise erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wäre“.