Mopo: Ziehen die Schwerverbrecher nächste Woche nach Jenfeld?
Trotz Anwohner-Protesten versuchen die Behörden, ihren Plan durchzusetzen – die Unterbringung von Ex-Sicherungsverwahrten in Jenfeld entwickelt sich zu einer schier unlösbaren Aufgabe.
Der Mietvertrag für Sex-Gangster Hans-Peter W. und Totschläger Karsten D. gilt nach MOPO-Informationen eigentlich ab dem 15. Dezember – nächste Woche wäre also Schlüsselübergabe. Ob die beiden uneventuell schon ein dritter Mann (ebenfalls ein Sex-Verbrecher) aber überhaupt in den gelben Klinkerbau in der Straße Elfsaal (Jenfeld) einziehen, ist fraglich.
„Sie werden scheitern. Wir machen Ihnen die Hölle heiß“, drohte ein Anwohner auf der Info-Veranstaltung am Dienstag in der Bundeswehr-Uni.
Drei Senatoren stellten dort ihre Pläne vor – und ernteten Kritik, Wut und Hohn. „Sie diskutieren nicht, Sie bestimmen“, wurde ihnen vorgeworfen. Die verängstigten Anwohner fürchten um ihr Wohl und das ihrer Kinder.
Noch auswegloser stellt sich die Situation dar, seit bekannt wurde, dass die beiden Schwerverbrecher gar nicht nach Jenfeld ziehen wollen. Sie fühlen sich dort wie im „Zoo“ und fürchten Proteste der Anwohner.
Allen Problemen zum Trotz – die Justizbehörde geht davon aus, dass sich der Aufruhr vor Ort legen wird – und hält an ihrem Plan fest.
Urs Tabbert, Fachsprecher Justiz der SPD, sagt: „Der Senat hat einen Vorschlag gemacht – und es ist klar: Eine Lösung, die überall auf Zustimmung stößt, gibt es dabei nicht.“ Allen Kritikern müsse bei dieser schwierigen Materie klar sein, dass man die ehemaligen Sicherungsverwahrten rechtlich nicht zum Bezug einer Einrichtung zwingen kann.
Gibt es wirkliche Alternativen zur aktuell verfahrenen Situation? Die MOPO fragte Viviane Spethmann, CDU-Fachsprecherin Justiz, Polizeigewerkschafts-Boss Joachim Lenders und den Anwalt von Hans-Peter W. und Karsten D., Ernst Medecke, wie sie das Problem lösen würden:
„Die Polizei hat damit nichts zu tun“
Joachim Lenders, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft: „Entweder, es gibt ein Gutachten, das besagt, dass diese Personen gemeingefährlich sind und eine Gefahr für die Bevölkerung darstellen – dann gehören sie weggesperrt. Dann kann man sie nicht in ein Haus in ein Wohngebiet stecken, das dafür überhaupt nicht geeignet ist. Dann muss es eine geschlossene Unterkunft wie das Haus 18 in Ochsenzoll sein. Wenn es so ein Gutachten aber nicht gibt – und so sieht das ja in diesem Fall aus – dann frage ich mich, warum man sie gemeinsam an einem Ort und unter strenger Bewachung haben will. Auf gefühlte Gefahr darf man nicht so reagieren. Dann müssen die beiden freigelassen werden, sich in der Stadt eine Wohnung suchen dürfen und psychologisch betreut werden. Aber die Polizei hat dann damit nichts zu tun. Ein Mittelding, so wie wir es jetzt erleben, ist nicht nachvollziehbar.“
„Die Einrichtung darf kein ‚Zoo‘ sein“
Viviane Spethmann, CDU-Fachsprecherin Justiz: „Ich würde im norddeutschen Verbund für die ehemals Sicherungsverwahrten nach einer eigenen Anlage suchen. Weit weg von Wohnbebauung müsste man Unterkünfte finden, die bewacht werden und wo sie sozialtherapeutisch betreut werden. Es sind im Prinzip freie Menschen – aber Menschen, die langsam wieder an die Gesellschaft herangeführt werden müssen. Die kennen kein Handy, keinen Euro, keine Ticketschalter im ÖPNV. Gleichwohl haben Gutachter attestiert, dass eine hohe Rückfallgefahr besteht. Hier muss der Senat handeln und potenzielle Opfer schützen. Deswegen gilt es, eine Einrichtung zu schaffen, die ehemals Sicherungsverwahrten eine Unterkunft bietet, aber auch die nötigen Polizeikräfte für die Bewachung bündelt. Die Einrichtung muss attraktiv sein und kein ‚Zoo‘.“
„Der Standort in Jenfeld ist verbrannt“
Anwalt Ernst Medecke: „Der Standort in Jenfeld ist seit Dienstag verbrannt. Die Senatoren waren auf der Informationsveranstaltung zu schlecht vorbereitet. Ich will aber auch nicht ausschließen, dass es anders gekommen wäre, wenn sie besser vorbereitet gewesen wären. Herrn D. würde ich die Möglichkeit geben, dort zu bleiben, wo er ist. Er ist in der Einrichtung sozialtherapeutisch eingebunden, hat dort einen unbefristeten Mietvertrag und es gibt keinen Druck, daran etwas zu ändern. Bei Herrn W. ist die Lage anders. Da muss man auf Länderebene eine Lösung finden. Der Eulenhof in Wewelsfleth, über den 2010 diskutiert wurde, war perfekt. Leider wurde das Projekt von Herrn Ahlhaus und Herrn Carstensen beerdigt. Der Eulenhof hätte auch für Herrn D. gepasst. Es sind beides naturverbundene Menschen, Herr D. ist in der Anstalt Gärtner-Tätigkeiten nachgegangen. Der Einzug da draußen wäre ideal gewesen – es wird sich aber wieder so etwas finden.“