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Nasser Sparprotest: Die Polizei geht baden

„Uns steht das Wasser bis zum Hals“ – unter diesem Motto demonstrierte gestern die Deutsche Polizeigewerkschaft zu Beginn der Sparklausur vor dem Rathaus. Bei der Hamburger Polizei stehen Einsparungen in Höhe von 25 Millionen Euro an. U. a. sollen die Verkehrslehrer an den Schulen wegfallen, die Polizeihubschrauberstaffel soll aufgelöst werden, Kürzungen der Gehälter sind im Gespräch ebenso wie weitere Zusammenlegungen von Kommissariaten. „Die erneute Sparorgie des Senats würde etwa 400 Stellenstreichungen bei der Hamburger Polizei zur Folge haben“, heißt es. Die Innere Sicherheit sei „kurz vor dem Absaufen“, so die Demonstranten. Einer von ihnen stieg symbolisch in eine mit Wasser gefüllte Tonne.

Es ist fünf vor zwölf! -Polizei steht das Wasser bis zum Hals-

Heute hat die dreitägige Senatssparklausur im Hamburger Rathaus begonnen. Dort wird u. a. darüber beraten wie Sparvorschläge in Höhe von 25 Mio. Euro bei der Hamburger Polizei realisiert werden sollen. Entgegen der bisherigen Aussagen des Bürgermeisters Ahlhaus und des Innensenators Vahldieck, dass es nicht zu Einsparungen bei den Polizisten auf der Straße kommen soll, stehen genau diese wieder auf der Agenda:

 

Ø  Weitere Zusammenlegungen / Auflösungen von Polizeikommissariaten

Ø  Reduzierung der „Bürgernahen Beamten“

Ø  Reduzierung / Streichung der Polizeiverkehrslehrer

Ø  Wegfall der Jungendverkehrsschule

Ø  Wegfall der kriminalpolizeilichen Beratungsstellen

Ø  Auflösung der Polizeihubschrauberstaffel

Ø  Auflösung des Verkehrsunfalldienstes / Zusammenlegung von Verkehrsstaffeln

Ø  ….

Dem Senat scheint nichts mehr „heilig“ zu sein, außer den Prestige- und Leuchtturmprojekten wie die Elbphilharmonie, die Stadtbahn (das Hamburger „Stuttgart 21“-Projekt) oder die Sanierung des Gängeviertels. Die Worte des ausgeschieden Bürgermeisters Ole v. Beust klingen uns noch in den Ohren und wurden von Bürgermeister Ahlhaus sinngemäß in seiner Regierungserklärung wiederholt: „Wir müssen definieren was notwendig ist. Was wünschenswert, was schön ist, ist kein Maßstab mehr.

Dazu der Landesvorsitzende der DPolG Hamburg, Joachim Lendes:

„All diese Prestigeobjekte sind sicherlich schön und auch wünschenswert. Notwendig ist allerdings die Gewährleistung der Inneren Sicherheit – sie ist das Rückgrat dieser Gesellschaft. Die DPolG Hamburg ist der festen Überzeugung, dass die Bürger in dieser Stadt sicher und geschützt leben wollen und dieser Sicherheitsstandard steht nicht im Einklang mit den drastischen Sparmaßnahmen die derzeit im Rathaus diskutiert werden. Aus diesem Grund haben wir zum Beginn der Sparklausur des Senats die heutige demonstrative Aktion „Es ist fünf vor zwölf – der Polizei steht das Wasser bis zum Hals“ in Sichtweite des Hamburger Rathauses durchgefüh.

Dies ist die Auftaktveranstaltung für einen „heißen Herbst“, den ich diesem Senat unmissverständlich hiermit ankündige, wenn er von seinen diffusen Sparorgien bei der Inneren Sicherheit nicht abrückt. Weitere demonstrative Protestaktionen werden in den nächsten Wochen folgen und die Deutsche Polizeigewerkschaft wird sich mit ihren Mitgliedern an die Spitze dieser Protestaktion stellen. Wir werden die Bürger darüber aufklären, welche Folgen die Sparmaßnahmen bei der Polizei nach sich ziehen. Die Polizisten halten tagtäglich ihren Kopf für diese Stadt hin und riskieren ihre Gesundheit. Aufgrund des jetzt schon erheblichen Personalmangels schieben sie fast eine Million Überstunden vor sich her und haben eine Belastungssituation erreicht, die die Innere Sicherheit vor dem Kollaps stehen lässt. Als „Anerkennung“ dafür sollen wir mit weiterem Stellenabbau und der Streichung bzw. drastischen Kürzung des Weihnachtsgeldes „belohnt“ werden. Es reicht!“


 

Der Landesvorstand

 

Für Rückfragen: Landesvorsitzender Joachim Lenders

Tel. 040 / 254026 – 0 oder 0172 / 56 96 280

Schwarz-Grün plant Auflösung der Bezirksämter

Fachbehörden könnten Aufgaben übernehmen – Bezirksversammlungen sollen erhalten bleiben

 Der Senat plant eine weitgehende Reform der Hamburger Verwaltungsstruktur. Die sieben Bezirksämter sollen ihre Eigenständigkeit verlieren und nur noch als erweiterte Kundenzentren fungieren. Ihre Aufgaben könnten die Behörden des Senats übernehmen. Während die Bürger vor Ort ihre Ansprechpartner behalten, fallen die Entscheidungen dann woanders. Die Bezirksversammlungen würden nach diesem Plan erhalten bleiben, um die Bevölkerung politisch zu vertreten.

 Der Plan entstand in den Diskussionen um die Sparziele des Senats. Er soll im Weiteren verfeinert und noch in diesem Jahr in einer Enquetekommission weiter verfolgt werden. Das erfuhr die WELT aus Senatskreisen.

 Die Verwaltungsreform soll die Ämter und Behörden verschlanken. In der Finanzbehörde wurden auch zwei weitere Pläne zur Bezirksreform diskutiert: So sollten die sieben Bezirke zu sechs oder gar vier zusammengeschlossen werden. Ein weiterer sah vor, die Bezirke aufzulösen und sie durch 22 „Bürgerämter“ zu ersetzen. Beide Varianten verwarfen die Politiker jedoch.

 Der neue Plan gerät offenbar auch nicht in Konflikt mit der Ankündigung des Bürgermeisters, „alle sieben Bezirke, die Bezirksversammlungen und Bezirksamtsleiter“ erhalten zu wollen. CDU- und GAL-Fraktion signalisierten bereits Zustimmung zu dem Vorhaben.

 Unterdessen scheint der Streit zwischen den Hamburger Bezirken und Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) über Einsparungen im Sozialbereich ist beigelegt. Nach Informationen von NDR 90,3 wird es in den Bezirken bei der Familien- und Seniorenberatung keine Kürzungen geben. Wesentliche Bereiche bleiben damit unangetastet.

 Die Einigung wurde in einem vertraulichen Gespräch während der Bürgerschaftssitzung am Mittwoch getroffen. Vier CDU-Fraktionschefs aus den Bezirken hatten sich mit Finanzsenator Frigge und dessen Staatsrat getroffen, um die Streitigkeiten über das Sparpaket beizulegen.

 In dem Gespräch habe die Finanzbehörde Fehler eingeräumt, sagte der Harburger CDU-Chef Ralf-Dieter Fischer. Demnach werde die Behauptung, die Bezirke hätten bei einer in der vergangenen Woche präsentierten Sparliste mitgearbeitet, nicht aufrechterhalten. Es sei eine weitgehende Einigung über die wesentlichen Streitpunkte des Sparpakets erzielt worden, so Fischer. Geprüft würden allerdings Einsparungen beim Schulmedizinischen Dienst. Möglicherweise wird es zukünftig keine Schulzahnärzte mehr geben.

Das Sparvolumen, das die Bezirke erbringen müssen, schrumpfe nach Einschätzung Fischers von rund 13 Millionen auf zehn Millionen Euro. Jetzt wollten Bezirksamtsleiter und Finanzbehörde ein einvernehmliches Sparpaket schnüren.

Für Wirbel sorgt die mögliche Streichung der Polizei-Hubschrauberstaffel mit ihren beiden Maschinen vom Typ EC 135. Aus CDU-Kreisen hieß es, die Staffel könne man zur Not entbehren, eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen. Der Wegfall der vier Piloten und fünf Bordtechniker würde Einsparungen von rund 1,8 Millionen Euro jährlich bringen. Zusätzlich könnte die Stadt beim Verkauf der beiden erst 2004 für 11,4 Millionen Euro angeschafften Hubschrauber rund sechs Millionen Euro kassieren.

Für die Polizei ginge ein Einsatzmittel verloren, das im Jahr 700 Stunden in der Luft ist und bei Fahndungen, zur Personensuche mit der erst vergangenes Jahr angeschafften Wärmebildkamera, zur Beweissicherung bei Umweltdelikten oder zur Verkehrsaufklärung eingesetzt wird.

Eine Abschaffung der beiden Helikopter mit den Rufzeichen „Libelle 1“ und „Libelle 2“ stößt auf massive Kritik. „Wir schaffen Pferde an und Hubschrauber ab. Das ist nicht ansatzweise nachvollziehbar“, sagt Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft.

„Die Hubschrauber sind unverzichtbar“, heißt es von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die in Bad Bramstedt stationierten Hubschrauber der Bundespolizei seien kein adäquater Ersatz.

Wut über Kürzungen bei Polizei vom 17.09.2010

Ab 2011 wird die Hamburger Polizei auf ihre Hubschrauberstaffel sowie das Orchester verzichten müssen. Sie sind dem Rotstift der Innenbehörde zum Opfer gefallen (BILD berichtete) – sehr zum Unmut der Betroffenen! „Der Verlust der Hubschrauberstaffel führt zu einer drastischen Einschränkung der inneren Sicherheit“, sagt der Landesvorsitzene der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lenders. „Jeden Tag wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben, das führt bei den Kollegen zu großer Verunsicherung.“ Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist entrüstet: „Die Hubschrauberstaffel kann Menschenleben retten und spielt eine wichtige Rolle bei Fahndungsaktionen!“ Mit dem Orchester verliert die Stadt eine Hamburgensie. Klarinettist und GdP-Mitglied Michael Meiners (49): „Wir sind das älteste Polizeiorchester der Welt, erfüllen auch eine soziale Aufgabe.“

„Krawalltouristen“ zünden erneut die Schanze an

Polizei kann Randale nach dem Straßenfest jedoch eindämmen. Anwohner treten der Gewalt entgegen

Den ganzen Tag über blieb das Schanzenfest mit Flohmärkten der Anwohner friedlich. Doch als die letzten Händler abgezogen waren, begannen am Samstagabend im Schanzenviertel die Krawalle. Wie schon in den Vorjahren lieferten sich die Randalierer im Anschluss an das Straßenfest schwere Auseinandersetzungen mit der Polizei. Barrikaden brannten, Steine und Flaschen flogen. 14 Menschen wurden dabei leicht verletzt, darunter elf Polizisten. Die Beamten nahmen 42 Randalierer vorläufig fest, drei weitere kamen in Gewahrsam. Zwei Brandstifter sollen dem Haftrichter vorgeführt werden. Die Randalierer waren erneut zumeist jugendliche „Krawalltouristen“, die aus anderen Stadtteilen oder von außerhalb Hamburgs angereist waren. Unter den Festgenommenen ist nach Polizeiangaben nicht einer, der in dem Viertel selbst wohnt.

 Trotz dieser Bilanz scheint die Polizeitaktik in diesem Jahr besser aufgegangen zu sein als zuvor: Die Beamten hielten sich zunächst im Hintergrund und griffen erst bei massiven Straftaten ein. Deshalb verliefen die Auseinandersetzungen weniger gewalttätig als im vergangenen Jahr, als 40 Polizisten zum Teil schwer verletzt wurden. Dazu mag auch das Verhalten vieler Anwohner beigetragen haben, die sich erkennbar gegen die Krawalle wendeten. So hatten acht Gastronomen ihre Bars und Cafés am Abend geschlossen.

Das Großaufgebot der Polizei hatte sich auf dem benachbarten Heiligengeistfeld und in der Umgebung aufgebaut. „Der konsequente, mit hohem Kräfteaufwand geführte Einsatz führte dazu, dass weitere Ausschreitungen unterbunden werden konnten“, sagt Polizeisprecher Mirko Streiber. 2300 Polizisten standen bereit. Bereits im Vorfeld war Verstärkung aus verschiedenen Bundesländern angefordert worden. Diesmal hatte die Polizei auch sehr viele Zivilfahnder eingesetzt. Sie beobachteten nicht nur, wo sich Krawalle entzündeten, sondern auch, wie Anwohner einschritten und zum Beispiel Brände wieder löschten.

 Am Nachmittag hatten rund 9000 Menschen friedlich das Schanzenfest gefeiert. Gegen 22 Uhr eskalierte die Lage dann. Während viele friedliche Besucher das Viertel verließen, begannen mehrere Hundert Krawallmacher Polizisten mit Steinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern zu bewerfen. Zudem wurden mehrere Mülltonnen und ein Auto angezündet sowie die Scheiben von zwei Polizeiwagen, einem Supermarkt und einem Modegeschäft eingeschlagen. Die Schaufenster einer Bankfiliale wurden ebenfalls mit Steinen attackiert, hielten aber stand. Die Einsatzkräfte gingen mit Wasserwerfern und Straßensperren gegen die Unruhestifter vor. Zeitweise wurde der S-Bahn-Verkehr im Viertel unterbrochen, da einzelne Randalierer die Gleise überquerten, um von einer Eisenbahnbrücke aus Beamte mit Flaschen zu bewerfen, sagte ein Sprecher der Bundespolizei.

 Hamburgs Innensenator Heino Vahldieck (CDU) verurteilte die Ausschreitungen: „Jeder Steinwurf auf einen Polizisten ist einer zu viel, jede eingeschlagene Schaufensterscheibe ist ein Akt sinnloser Zerstörungswut“, sagte er. Die Einsatztaktik der Polizei habe sich als „goldrichtig“ erwiesen. Laut Vahldieck habe auch dies dazu beigetragen, dass „die Ausschreitungen im Vergleich zu früheren Jahren in Grenzen gehalten werden konnten“.

Die SPD verurteilte die Randale ebenfalls. „Alle Aufrufe zur Gewaltfreiheit haben leider nicht verhindert, dass es wieder Randale im Schanzenviertel auch mit verletzten Polizisten gegeben hat. Wieder haben Krawalltouristen die Schanze als Bühne für ihre sinnlose Gewaltlust missbraucht“, sagte der SPD-Innenexperte Andreas Dressel. „Positiv ist aber zu bemerken, dass es immer wieder Menschen aus dem Viertel gegeben hat, die deeskalierend eingegriffen haben.“ Weniger erfreut äußerte sich Joachim Lenders von der Deutschen Polizeigewerkschaft: „Die Hoffnung auf ein friedliches Schanzenfest haben wir Polizisten zumindest aufgegeben. Wir müssen den Kopf dafür hinhalten – vermutlich auch nächstes Jahr“, sagte er und kritisierte die „Gewaltexzesse“.

 Auch am Schlump und an der Schäferkampsallee schlugen Krawallmacher, die aus der Schanze kamen, zu. Sie richteten nach Polizeiangaben eine „Orgie der Zerstörung“ an, zerrten Blumenkübel und Bauzäune auf die Straße und setzten Müllcontainer in Brand. An der Schäferkampsallee wurden zwei 17 und 28 Jahre alte Brandstifter festgenommen, die versucht hatten, mehrere Autos anzuzünden.

Randalierer liefern sich Straßenschlacht mit der Polizei

Brennende Mülltonnen, eingeschlagene Scheiben sowie ein Hagel aus Steinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern: Bei einem Straßenfest der linken Szene ist es im Hamburger Schanzenviertel am Wochenende erneut zu Krawallen zwischen Randalierern und Polizei gekommen.

Insgesamt wurden in der Nacht zu Sonntag 14 Menschen leicht verletzt, darunter elf Polizisten. Die Beamten nahmen 42 Randalierer vorläufig fest, drei weitere wurden in Gewahrsam genommen. Die Polizei zog dennoch eine positive Bilanz: Das übliche Katz-und-Maus-Spiel zwischen Randalierern und Einsatzkräften sei ausgeblieben.

Tausende Menschen hatten am Sonnabend zuvor friedlich das Schanzenfest gefeiert. Gegen 22.Uhr eskalierte dann die Lage. Mehrere Hundert Krawallmacher bewarfen Polizisten mit Steinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern. Sie zündeten mehrere Mülltonnen sowie Autos an und schlugen die Scheiben von vier Polizeiwagen, einem Supermarkt und einem Modegeschäft ein. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, um die Straßen rund um das Autonomenzentrum „Rote Flora“ im Schanzenviertel zu räumen. Nach Angaben der Polizeigewerkschaft befanden sich bis zu 1500 hoch aggressive Gewalttäter im Umfeld der Flora.

Auch in dem Bereich des %S-Bahnhofs Sternschanze kam es zu Zwischenfällen. Vermummte Randalierer kletterten auf mehrere Eisenbahnbrücken, hielten sich auf den Gleisen auf und bewarfen Poli-%zisten mit Flaschen. Die Bundespolizei veranlasste zwischen 23.15 und 1.20 Uhr eine Streckensperrung für den Fern- und S-Bahnverkehr zwischen Dammtor und Sternschanze. Um 3.20 Uhr sei der Einsatz beendet worden und weitgehend Ruhe eingekehrt.

Im Vergleich zu den vergangenen Jahren hielten sich die nächtlichen Krawalle in Grenzen, wie ein Polizeisprecher gestern betonte. Das Konzept der Polizei sei aufgegangen. Zunächst hätten sich die Beamten zurückgehalten und später erst nach den ersten Ausschreitungen eingegriffen. Dadurch hätten die Beamten die Lage schnell im Griff gehabt. 2300 Hamburger Polizisten waren im Einsatz. Diese seien von acht Hundertschaften aus anderen Bundesländern und der Bundespolizei verstärkt worden.

Innensenator Heino Vahldieck (CDU) verurteilte die Ausschreitungen: „Jeder Steinwurf auf einen Polizisten ist %einer zu viel, jede eingeschlagene Schaufensterscheibe ist ein Akt sinnloser Zerstörungswut.“ Die Polizeigewerkschaft kritisierte unterdessen die %zunehmende Respektlosigkeit und die aggressive Stimmung gegen ihre Einsatzkräfte. „Bürger in Uniform müssen das aushalten und ertragen, was in der Gesellschaft aus dem Ruder gelaufen ist“, sagte der Hamburger Landesvorsitzende Joachim Lenders. Er forderte härtere Strafen bei Angriffen auf Einsatzkräfte.

In dem Hamburger Szeneviertel kommt es seit Jahren immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Linksradikalen und Polizei. Zuletzt waren im Juli und vor einem Jahr zahlreiche Menschen nach dem Schanzenfest rund um den Autonomentreff „Rote Flora“ verletzt worden. Zunehmend mischen sich aber auch „erlebnisorientierte Randalierer“ unter die Unruhestifter.

So entschärfte die Polizei die Krawalle

Lage im Schanzenviertel schnell unter Kontrolle. Innensenator Vahldieck: „Die Taktik war goldrichtig.“ Trotzdem gab’s elf verletzte Beamte.

Sie blieben ruhig, nahmen vieles hin. Die Pöbeleien, die gereckten Stinkefinger, einige geworfene Feuerzeuge. Erst als schließlich Steine flogen, rückte die Polizei mit aller Härte im Schanzenviertel ein – und konnte die Lage noch vor Mitternacht weitestgehend unter Kontrolle bringen. Politiker sind sich sicher: Die Strategie der Polizei ist aufgegangen.

„Die Taktik hat sich als goldrichtig erwiesen“, lobt der neue Innensenator Heino Vahldieck (CDU). Vor allem die vielen Personenkontrollen am frühen Abend und gezielte Ansprachen an potenzielle Gefährder hätten Wirkung gezeigt. „Dank gebührt auch der Feuerwehr, die den schwierigen Einsatz im Schanzenviertel mit Bravour gemeistert hat.“

Statt direkt vor der Roten Flora in der Schanze präsent zu sein, hatten die rund 2300 Polizisten aus dem ganzen Bundesgebiet zunächst einen weiten Ring um das Viertel gebildet. Dann wurde das Zentrum des Krawalls am Schulterblatt mit Wasserwerfern schnell geräumt und mit Polizeiketten abgesichert, die kleinen Scharmützel mit Autonomen wurden gemieden.

Polizeisprecher Andreas Schöpflin: „Das übliche Katz-und-Maus-Spiel der vergangenen Jahre ist in diesem Jahr zum Glück ausgeblieben.“ Dennoch zählte die Polizei am Ende der Krawalle elf Verletzte in ihren Reihen. SPD-Innenxperte Andreas Dressel will deshalb mit einer Anfrage an den Senat klären, wie die Strategie der Polizei für das Schanzenfest verbessert werden kann. „Wir müssen weiter alles versuchen, aus diesem alljährlichen Gewaltritual herauszukommen.“

Die Deutsche Polizeigewerkschaft fordert unterdessen erneut schärfere Strafen für Attacken auf Polizisten und die Feuerwehr. „Den Diskussionen zu diesem Thema müssen jetzt auch die entsprechenden Rechtsnormen folgen“, sagt der Landesvorsitzende Joachim Lenders. Die „Bürger in Uniform“ müssten aushalten, was in der Gesellschaft aus dem Ruder gelaufen ist. Lenders: „Die Hoffnung auf ein friedliches Schanzenfest haben zumindest wir Polizisten bereits aufgegeben. Wir müssen den Kopf hinhalten – vermutlich auch im nächsten Jahr.“

Schanzenfest: wiederkehrende Gewaltexzesse

Wieder ist es zu schweren Ausschreitungen in den späten Abendstunden des Schanzenfestes gekommen. Das Fazit der Krawalle: mindestens 11 verletzte Polizeibeamte, erheblicher Sachschaden an Geschäften und Banken durch Molotowcocktails, beschädigte Einsatzfahrzeuge, diverse Straßenbarrikaden und Brände die gelegt wurden. Die ritualisierten Gewaltexzesse der Vorjahre haben sich auch in diesem Jahr wiederholt. Erschreckend dabei ist, dass die Täter nicht nur in der gewaltbereiten linksautonomen Szene anzusiedeln sind, sondern vermehrt auch besonders junge Täter mit Migrationshintergrund waren. Bis zu 1500 hoch aggressive Gewalttäter befanden sich im Umfeld der Flora, die nach Auffassung der Deutschen Polizeigewerkschaft nach wie vor die Keimzelle für derartige Gewaltexzesse ist und bleibt. Aus diesem Grund verbieten sich auch jegliche Überlegungen die „Rote Flora“ wieder in den Besitz der Stadt Hamburg zu überführen.

Dazu der Landesvorsitzende der DPolG Hamburg, Joachim Lenders:

„Man fragt sich nach einer solchen Krawallnacht, wie lange man diese „Gewaltspiele“ noch ertragen muss? Die Polizeistrategie ist zumindest aufgegangen. Nach ersten Sachbeschädigungen und Angriffen auf Polizeibeamte haben die Einsatzkräfte schnell und zügig die aufkeimende Gewalt eingedämmt. Es hat sich gezeigt, dass es die richtige Entscheidung war mit einem hohen Personaleinsatz (8 zusätzliche auswärtige Hundertschaften) in diesen Einsatz zu gehen.

Es ist sehr erfreulich, dass es den Einsatzkräften gelungen ist 45 Festnahmen zu tätigen. Jetzt ist es an der Justiz den höchstmöglichen Strafrahmen auszuschöpfen und diesem Gewaltmob die Konsequenzen ihres Handelns aufzuzeigen. Wir mussten feststellen, dass die Gewalttäter sich sehr mobil verhalten haben und immer neue Taktiken anwenden, wie beispielsweise den Einsatz einer Nebelmaschine, der ein noch nicht näher identifiziertes Mittel beigemischt wurde. Unsere Einsatzkräfte wurden davon zwar nicht betroffen, weil sie sich aus dem Einflussbereich zurückgezogen hatten, wir müssen allerdings in dieser Nacht mindestens 11 verletzte Polizeibeamte beklagen. Ungezählt sind die Beleidigungen und Pöbeleien, die die Einsatzkräfte wieder mal ertragen mussten. Die Respektlosigkeit und die grundsätzlich aggressive Stimmung gegenüber den Polizisten nimmt in erschreckenderweise immer mehr zu.

Gewalt gehört in jedweder Form geächtet, besonders gravierend ist sie meiner Auffassung nach, wenn sie sich eigentlich gegen den Staat richtet und dann deren Repräsentanten, die Polizisten, trifft. Bürger in Uniform müssen das aushalten und ertragen, was in der Gesellschaft aus dem Ruder gelaufen ist. Wir diskutieren und debattieren schon viel zu lange über Strafverschärfungen bei Angriffen auf Einsatzkräfte (Polizei, Feuerwehr, Sanitäts- und Rettungskräfte). Den Diskussionen müssen jetzt endlich auch die entsprechenden Rechtsnormen folgen.

Die Hoffnung auf ein friedliches Schanzenfest haben wir Polizisten zumindest aufgegeben. Wir müssen den Kopf dafür hinhalten – vermutlich auch nächstes Jahr.“

Polizeichef: „Diesmal wird es schlimm!“

Wieder 19 Fahrzeuge in Brand gesetzt: Die Polizei rechnet beim Schanzenfest am Sonnabend mit schweren Krawallen. Die Organisatoren sagen: „Innenbehörde ist schuld an drohender Eskalation.“ 3000 Polizisten im Einsatz.

Es sind die krawalligen Vorboten des Schanzenfestes. Bereits die zweite Nacht in Folge haben unbekannte Täter etliche Autos angezündet. „Wir rechnen mit dem Schlimmsten. Es könnte zu den schwersten Krawallen kommen, die wir jemals beim Schanzenfest hatten“, sagt Joachim Lenders, Landes-Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG).

Insgesamt wurden in der Nacht zu Freitag 19 Fahrzeuge bei Brandanschlägen zerstört oder beschädigt, davon etliche Luxus-Schlitten (unter anderem Mercedes, Landrover und Audi). Die Tatorte: Borchlingweg (Othmarschen), Heinrich-Hertz-Straße (Barmbek), Gothaer Weg (Billstedt) und Kelloggstraße (Jenfeld). Zwar waren Dutzende Beamte im Einsatz, fassen konnten sie die Täter jedoch nicht. Die Ermittler (Tel. 428656789) suchen Zeugen.

Schon in der Nacht zu Donnerstag waren in Bramfeld acht Fahrzeuge in Flammen aufgegangen (MOPO berichtete). „Wir vermuten einen Zusammenhang mit dem Schanzenfest“, sagt Polizeisprecher Mirko Streiber. Die Beamten planen einen massiven Einsatz: Knapp 3000 Polizisten, unter anderem aus Berlin und Bayern, werden vor Ort sein. „Wir haben alles auf der Straße, was laufen kann. Dieser Einsatz wird Millionen kosten“, sagt Uwe Koßel, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Unterdessen ließen die Mitglieder der „Schanzenfestvorbereitung“ am Freitag in einer Mitteilung verkünden, dass die Innenbehörde die Schuld an der Eskalation trage. Die Begründung: Im Vorfeld des Schanzenfestes hatten Polizisten Aufenthaltsverbote gegen bekannte Krawallmacher ausgesprochen (MOPO berichtete). Zudem wurde das Schanzenviertel von Sonnabend 18 Uhr bis Sonntag 8 Uhr zum Gefahrengebiet erklärt. Das bedeutet: Auch ohne, dass ein Tatverdacht vorliegt, können die Beamten Personen kontrollieren, durchsuchen und gegebenenfalls Platzverweise erteilen.

Außerdem steht in der Mitteilung, dass man versucht hätte, Privatwohnungen in der Schanze anzumieten, um „Stützpunkte mit Beamten einzurichten, die das Fest heimlich filmen und überwachen. Diese Aufnahmen sind illegal.“ Zu der Anmietung wollte sich die Polizei nicht äußern.

Die Mitglieder der „Schanzenfestvorbereitung“ riefen letztlich insbesondere „Menschen mit Aufenthaltsverboten“ dazu auf, am Fest teilzunehmen und sich nicht einschüchtern zu lassen.

Brandserie erreicht neuen Höhepunkt

Kurz vor dem Schanzenfest gehen 19 Autos in Flammen auf – Sicherheitsbehörden rechnen mit schwersten Krawallen

 Unmittelbar vor dem Schanzenfest, das heute Nachmittag ab 14 Uhr stattfindet, sind in Hamburg in einer Nacht 19 Autos bei Brandanschlägen beschädigt oder zerstört worden, so viele wie nie zuvor. In vier verschiedenen Stadtteilen geschahen die Taten, dabei kam es in Othmarschen zum schwersten Anschlag: Am Borchlingweg gingen sechs Autos in Flammen auf, zwei weitere wurden beschädigt.

Jetzt ermittelt der Staatsschutz gegen die Brandstifter. Die Anschläge haben auch zu einer verschärften Lageeinschätzung geführt. Dabei ist das gesamte Schanzenviertel schon von heute Abend, 18 Uhr, bis Sonntagmorgen um acht Uhr ein „Gefahrengebiet“. Hier darf die Polizei ohne dringenden Tatverdacht Personen überprüfen. Rund 2800 Polizisten werden voraussichtlich am Wochenende in Hamburg auf der Straße sein: Dazu zählt die komplette Bereitschaftspolizei mit rund 900 Beamten, etwa 700 Beamte der Alarmabteilung sowie rund 1200 zusätzlich angeforderte Polizisten. Diese kommen aus Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Bayern, Berlin und von der Bundespolizei. Die Einsatztaktik und die genaue Anzahl an Beamten will die Polizei offiziell nicht preisgeben.

Doch auch in der Nacht zum Sonntag werden noch einmal 100 Beamte in ganz Hamburg gegen Autobrandstifter eingesetzt, weil befürchtet wird, dass auch weiter vom Viertel entfernt Brände gelegt werden. Außerdem befürchten Experten des Staatsschutzes, dass eine größere Zahl von Krawalltouristen von außerhalb nach Hamburg kommt: Angehörige der linksautonomen Szene aus Berlin, die zu einer Demonstration gegen einen Neonaziaufmarsch in Düsseldorf gefahren sind, planen offenbar, auf dem Rückweg in Hamburg einen „Zwischenstopp“ einzulegen. „Wir rechnen mit zusätzlich 50 bis 100 gewaltbereiten Personen“, so ein Beamter. Allein für die Bewachung der Wache 16 im Schanzenviertel wird eine halbe Hundertschaft Polizisten abgestellt.

Die meisten Experten gehen davon aus, dass es auch nach diesem Schanzenfest zu den mittlerweile ritualartigen Krawallen kommt. Polizeisprecher Mirko Streiber formuliert es vorsichtig. „Wir müssen davon ausgehen, dass ein gewaltorientiertes Publikum angezogen wird. Das zeigen die Erfahrungen.“ Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, befürchtet schwere Krawalle. „Wenn man von den Vorboten, den Brandstiftungen an den Fahrzeugen und den Krawallaufrufen, ausgeht, wird es diesmal besonders heftig.“

Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) kündigt ein entschlossenes Eingreifen an, wenn es zu Straftaten kommen sollte. „Wir sind uns mit dem Bezirksamt einig, das Konzept der qualifizierten Duldung auch diesmal anzuwenden.“ So werde man schon beim friedlichen Teil des Festes genau hinschauen, etwa, um die technischen Voraussetzungen zu erfüllen – etwa beim Aufbau der Bühne und bei den Fluchtwegen. „Es ist die klare Vereinbarung mit dem Bezirk, dass er sich darum kümmert.“ Woran sich der Protest beim Schanzenfest entzünden soll, wisse er nicht, aber „Krawallmacher“ gingen auch selten nach logischen Mustern vor.