Etwa 50 Albaner und Afghanen gehen im Flüchtlingsheim an der Dratelnstraße (Wilhelmsburg) mit Fäusten und Stangen aufeinander los – weil Albaner „Abgaben“ für die Benutzung der Waschräume gefordert haben sollen. Es ist die jüngste von mehreren Massenschlägereien in Unterkünften. Warum kracht es immer wieder? Die MOPO beantwortet die wichtigsten Fragen.
Warum eskalierte der jüngste Streit? Laut Polizei kam es gegen 16.40 Uhr im Toilettencontainer zu einer Auseinandersetzung zwischen einem Afghanen (18) und einem Albaner (17), bei der der Afghane verletzt wurde. Jeweils fünf Landsleute eilten hinzu, schlugen mit Gegenständen aufeinander ein. Laut Joachim Lenders, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, soll es um „Abgaben“ für die Benutzung der Duschen gegangen sein. Gegen 18 Uhr brach erneut ein Streit zwischen mehr als 30 Bewohnern los, bei dem ein Afghane (27) eine Platzwunde am Arm und ein 23-jähriger Landsmann eine Prellung am Sprunggelenk erlitten. Drei Albaner (21, 22 und 22) wurden vorläufig festgenommen, sie sollen mit einer Schusswaffe gedroht haben.
Was sagt die Polizei zu den jüngsten Auseinandersetzungen? Lenders: „In Flüchtlingsunterkünften bilden sich inzwischen Clan-Strukturen, das Gewaltpotenzial wird immer höher. Die Polizei ist mit ihren Kräften am absoluten Limit. Der private Sicherheitsdienst muss deutlich verstärkt werden!“
Ein 22-jähriger Albaner wird am Dienstagabend in Wilhelmsburg abgeführt. Einige Bewohner hatten angeblich eine Waffe gesehen.
Warum kommt es immer häufiger zu Auseinandersetzungen? Enge, Lärm, fehlende Privatsphäre, Perspektivlosigkeit – die Flüchtlinge sind mit ihren Nerven am Ende. „Da reicht der kleinste Anlass und die Situation eskaliert“, sagt ein leitender DRK-Mitarbeiter. Besonders an Waschcontainern würde es immer wieder Ärger geben. Deshalb bewacht in den DRK-Unterkünften der Sicherheitsdienst die Räume mit den Waschmaschinen.
Sollte man Flüchtlinge nach ihren Herkunftsländern trennen? „Flüchtlinge vom Balkan und Schwarzafrikaner sollten nie zusammengelegt werden“, sagt der Mitarbeiter, der nicht namentlich genannt werden möchte. Afrikaner seien häufig überschwänglich, Flüchtlinge vom Balkan eher ruhig. „Da prallen Welten aufeinander. Das gibt nur Ärger.“
Welche Rolle spielt der Glaube? „Das kann man nicht verallgemeinern, aber die Erfahrung zeigt, dass es bei Muslimen häufiger Probleme gibt, weil einige keine andere Religion akzeptieren.“ Drohgebärden gegenüber Christen seien keine Seltenheit – „zu handfesten Auseinandersetzungen kam es aber nicht“, so der DRK-Mitarbeiter.
Ein Wachmann versucht die Streithähne zu beruhigen – ohne Erfolg.
Gibt es Flüchtlinge, die immer wieder für Ärger sorgen, und welche, die nie auffallen? „Mit den Flüchtlingen vom Balkan gibt es häufiger Probleme. Sie wissen in der Regel, dass sie nicht hierbleiben dürfen, haben das Gefühl, Flüchtlinge zweiter Klasse zu sein, sind häufiger aufbrausend und fordernd.“ Syrer würden kaum Probleme machen. „Das mag daran liegen, dass derzeit noch überwiegend die syrische Elite, die sich gut anpassen kann, nach Deutschland kommt.“
Können Flüchtlinge, wenn sie eine Gewalttat begangen haben, abgeschoben werden? Das wird individuell geprüft – etwa, ob mehrere kleine oder eine gravierende Tat vorliegt. „Erst nachdem der Täter verurteilt ist, wird über seine Ausweisung entschieden“, sagt Christian Martens vom Einwohnerzentralamt. Sollte der Flüchtling nicht freiwillig ausreisen, wird er abgeschoben. Sollte das Leben des Flüchtlings in seiner Heimat bedroht sein, wird von einer Abschiebung abgesehen.
Innensenator Michael Neumann (SPD) sprach sich am Mittwoch am Rande einer Tagung dafür aus, Flüchtlinge stärker einzubinden, wenn es um die Einrichtung von Erstaufnahmen geht: „Wer erst mal 100 Ikea-Betten aufgebaut hat, der ist hinterher wahrscheinlich nicht mehr kraftvoll genug, sich noch zu prügeln.“