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Polizisten der Davidwache tragen bald Bodycams

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Für Beamte der Reeperbahn-Wache steht ein Modellprojekt an: Sie werden mit Minikameras ausgerüstet, mit dem Ziel, deeskalierend zu wirken. Die Polizeigewerkschaft begrüßt das Vorhaben.

Videoaufnahmen in hoher Auflösung, geschützt gegen Wasser und Stöße, ein mehrere Gigabyte großer Speicher: die ZepCam T1 gehört zu den ausgereiftesten Bodycams (deutsch: Körperkameras) auf dem Markt, wird von Spezialeinheiten und Polizeien weltweit eingesetzt.

Ab Ende kommender Woche werden die mobilen Kameras die Beamten der Davidwache (PK 24) auf Streifengängen begleiten und im Bedarfsfall die Arbeit der Polizisten auch aufzeichnen. In einem einjährigen Pilotprojekt sollen die Schulterkameras getestet werden. Als Ziel steht ihr Einsatz bei der gesamten Schutzpolizei.

Am kommenden Donnerstag werden die Kameras erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Zunächst dem Führungszirkel der Polizei auf ihrem Jahresempfang am Vormittag und am Nachmittag dann Journalisten am originären Einsatzort der Minikameras an der Davidwache.

Schriftzug „Achtung Videoüberwachung“ auf Einsatzkleidung

Am Tag darauf werden die ersten vier mit Kameras ausgerüsteten Beamten auf dem Kiez rund um die Reeperbahn auf Streife gehen. Per Knopfdruck, der Taster wird am Handgelenk getragen, haben die Polizisten dann die Möglichkeit eine Videoaufnahme zu starten und auch wieder zu beenden.

Ausprobieren dürfen die neue Technik wohl Beamte der sogenannten Dienstgruppe operative Aufgaben (DGOA), einem Pool von Beamten, den es mittlerweile an jedem Kommissariat gibt. Die Beamten sind nicht in die Schichtdienste eingebunden, sondern werden unabhängig vom Tagesdienst eingesetzt und übernehmen vor allem Streifengänge.

Während die Kamera am Schulterstück befestigt werden kann, tragen die Beamten das Herzstück der Videoanlage – ein Modul mit Display, Speicher und Akku – in einer Brusttasche. Dazu sollen die Polizisten deutlich sichtbar gekennzeichnet werden: voraussichtlich mit der Aufschrift „Achtung Videoüberwachung“ auf der Einsatzkleidung.

Streams an die Einsatzzentrale

Wie die „Welt“ zudem erfuhr, können nicht nur Bild- sondern über ein Mikrofon auch Tonaufnahmen verschlüsselt gespeichert werden und Sequenzen mit entsprechender Technik-Erweiterung sogar in das Polizeikommissariat oder die Einsatzzentrale gestreamt werden.

Im Rennen ist aber nicht nur die ZepCam T1 sondern auch das noch kompaktere Kameramodell AXONBody der Firma Taser, bei dem Speicher und Kamera in einem Gehäuse verbaut sind. Auch die AXONBody-Kamera soll in Hamburg einem Test unterzogen werden. Wann ist allerdings noch nicht klar.

20.000 Euro haben die ersten vier Kameras gekostet, verriet SPD-Innensenator Michael Neumann am Montag dem Hamburger Abendblatt. Er sei zuversichtlich, dass der Einsatz der Kameras deeskalierend wirken werde. Rechtlich hält er ihn für unbedenklich: „Der Datenschutzbeauftragte hatte berechtigte Fragen, die aber alle geklärt sind.“

Als Vorbild für das Video-Modellprojekt diente die Polizei in Frankfurt am Main, die ihre Beamten im Vergnügungsviertel Alt-Sachsenhausen mit Kameras patrouillieren ließen. Die Ergebnisse aus Hessen, hieß es jüngst im Magazin der Polizeigewerkschaft DPolG, waren durchweg positiv: Delikte zum Nachteil von Polizisten seien zurückgegangen, potenzielle „Störer“ hätten sich angesichts der Kameras zurückgehalten.

„Die Erfahrungen aus Hessen sind gut“

„Wir stehen dem Pilotprojekt aufgeschlossen gegenüber“, sagte DPolG-Landeschef Joachim Lenders. Wichtig sei, dass sowohl Bild- als auch Tonaufnahmen gespeichert werden, da sich Auseinandersetzungen oft verbal aufschaukelten. „Die Erfahrungen aus Hessen sind gut“, sagte Lenders, ob sie aber auch auf die hier anzutreffenden Milieus übertragbar seien, müsse sich erst zeigen. Er hoffe aber, dass durch diese Technik die Arbeit der Polizei sicherer werde und „gruppendynamische Prozesse“ abgeschwächt werden können.

Freie Fahrt für Rotlicht-Raser

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Zu wenig Polizisten für angekündigte Kontrollen

 

Unfälle und Verletzte durch Rotlicht-Verstöße, dazu eine riesige Dunkelziffer. Denn Hamburgs Ampel-Rüpel müssen nicht mal Angst haben, gefasst zu werden – in den zuständigen Verkehrsstaffeln fehlen die Polizisten!

Die schockierenden Zahlen: In den Einheiten der Polizei sind von 221 Stellen de facto nur 167 besetzt. Damit fehlen den Experten für Verstöße im Straßenverkehr rund ein Viertel der Stellen. Wie kommt das? 11,78 der Stellen sind dauerhaft nicht besetzt. Fast noch schlimmer: 42,58 Stellen werden für andere Dienststellen zweckentfremdet.
Heißt: Die Polizisten müssen dort ran, wo andere Kollegen aus Spargründen fehlen oder krank sind. Vor allem im Bereich Objektschutz und Sicherung von Amts- und Würdenträgern.

Laut Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der CDU gab es im vergangenen Jahr nur insgesamt 17 Maßnahmen gegen Rotlicht-Raser. Dabei wurden 284 Beamte eingesetzt, also 17 pro Einsatz. Ziemlich wenig, für eine Millionenstadt mit Tausenden Ampeln. Sieht auch die Opposition so.

CDU-Innenexperte und Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Joachim Lenders (53): „Ich fordere den Innensenator auf, alle Stellen zu besetzen, damit die vielen wichtigen Aufgaben auch angemessen wahrgenommen werden können. Und das ewige Zweckentfremden von Beamten muss aufhören!“

PS: Die Polizei geht zurzeit sowieso auf dem Zahnfleisch. Wegen des G7-Gipfels in Elmau sind seit einer Woche vier Hundertschaften (rd. 150 Beamte) in Bayern.Die Kollegen in Hamburg schieben seitdem 12-Stunden-Schichten in ihren Wachen.

G7-Gipfel in Elmau − Alarmdienste in Hamburg

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G7-Gipfel in Elmau Alarmdienste in Hamburg 

DPolG: Hamburger Polizei im Dauereinsatz – Auswirkungen des G7-Gipfels belasten Kolleginnen und Kollegen auch im täglichen Einsatzgeschehen

Die anstrengenden Einsatztage unserer Kolleginnen und Kollegen rund um den G7-Gipfel auf Schloss Elmau neigen sich dem Ende zu. Wieder einmal haben Hamburger Polizistinnen und Polizisten gezeigt, dass man sich auf sie uneingeschränkt verlassen kann!

Während die Einsatzkräfte in Bayern zum Teil bis an ihre Belastungsgrenze gehen mussten und sich der Schlafmangel nun bei allen Kolleginnen und Kollegen bemerkbar macht, sind auch die Daheimgebliebenen extrem gefordert und verrichten nun seit Tagen 12-Stunden-Schichten im Alarmdienst-Modus.

Gerade jetzt wird wieder einmal überdeutlich, dass der Kernvollzug unbedingt und schnellstens personell gestärkt werden muss! Mehr Personal, das bleibt aus Sicht der DPolG Hamburg das „A und O“, wenn es darum geht, den Polizeivollzug durchgreifend zu stärken!

Die Dienststellen sind derart unterbesetzt, dass trotz Alarmdienst die polizeiliche Arbeit kaum zu bewältigen ist − und dabei hatten wir noch „Glück“, dass es in Hamburg am vergangenen Wochenende eher „ruhig“ blieb.

Die Pilotierung neuer Dienstzeitmodelle für den Schichtdienst und eine „entbürokratisierte“ Vereinfachung der Vorgangsfertigung sind das Eine – aber die Belastung infolge des Schichtdienstes muss auch finanziell angemessen gewürdigt werden.

Die DPolG Hamburg bleibt dabei: „Wertschätzung bemisst sich auch in Euro!“

Wir fordern ohne „Wenn und Aber“, 5 Euro je Stunde für den Dienst zu ungünstigen Zeiten!

Diese langjährige DPolG-Forderung muss endlich von der Behördenleitung aufgegriffen werden. Wer es mit der Steigerung der Attraktivität des Polizeiberufes ernst meint, darf es nicht bei wohlmeinenden Worthülsen belassen!

Der Landesvorstand                                                                                          Hamburg, 08.06.2015

 

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Lippenbekenntnisse der Politik helfen der Polizei nicht weiter

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Achtung Kersting! (Kerstings Kolumne)

 

Für Polizisten ist Hamburg ein gefährliches Pflaster. Jedes Jahr werden Hunderte Beamte im Dienst tätlich angegriffen, verletzt, bedroht und beleidigt.
„Immer mehr Leute haben vor der Polizei keinen Respekt mehr“, klagt Joachim Lenders, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft und CDU-Bürgerschaftsabgeordneter. Das ist allerdings kein ausschließliches Hamburger Problem. In allen Bundesländern steigt die Zahl der Angriffe auf Polizisten. 2014 waren es in ganz Deutschland 62 770 – sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Zahlen für Hamburg werden seit einigen Jahren in der Hamburger Kriminalstatistik nicht mehr gesondert ausgewiesen.

Warum eigentlich nicht? Aus Polizeikreisen habe ich erfahren, dass letztes Jahr bei 799 Angriffen 1279 Beamte verletzt wurden. Das bedeutet, dass jeder vierte der rund 5000 Polizisten, die tagtäglich auf den Straßen im Einsatz sind, im Dienst zu Schaden kam. Dass bei den alljährlichen Mai-Krawallen im Schanzenviertel immer um die 50 Polizisten verletzt werden, regt mittlerweile kaum noch jemanden auf. Ich finde das nicht normal. Anfang dieses Monats hatten unsere Politiker die Chance, sich einmal mit Taten und nicht nur mit Lippenbekenntnissen vor die Polizei zu stellen.

Die CDU hatte in der Bürgerschaft den Antrag gestellt, den Senat aufzufordern, eine hessische Bundesratsinitiative zur Änderung des Strafgesetzbuches zu unterstützen. Die schwarz-grüne Hessenregierung fordert die Einführung eines neuen „Schutzparagrafen 112“. Er soll Angriffe auf die Polizei, aber auch Feuerwehr und andere Rettungskräfte grundsätzlich unter Strafe stellen. Täter sollen mit mindesten sechs Monaten bis zehn Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden. SPD, Grüne, FDP und Linke in der Bürgerschaft lehnten den CDU-Antrag ab. Nur die AfD stimmte mit dafür. Was sollen unsere Polizisten davon halten?

Besseren Schutz bekommen sie von der Hamburger Politik nicht. Aber demnächst werden sie möglicherweise auch bei Demo-Einsätzen Namensschildchen tragen müssen. Damit sie von Gewalttätern nachträglich besser vor den Kadi gezerrt werden können. Gute Sicherheitspolitik geht anders.

DPolG informiert zur amtsangemessenen Alimentierung

Erstes Urteil des Bundesverfassungsgerichts liegt vor:

(Richter-)Besoldung kann verfassungswidrig sein!

Prüfungsschemata des BVerfG möglicherweise auch für Hamburg anwendbar.

Mit einem bemerkenswerten Urteil des BVerfG zu insgesamt sieben Vorlagebeschlüssen aus Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz bringt das BVerfG erstmals etwas Licht in das Dunkel der amtsangemessenen Alimentation; Das Urteil betrifft zunächst nur Richter und Staatsanwälte.

Jedoch ließen sich nach Überzeugung der DPolG Hamburg daraus auch Rückschlüsse auf die seit 2012 anhängigen Musterklagen zur Frage der amtsangemessenen Alimentation für die Beamtinnen und Beamten in Hamburg ziehen.

So hat das BVerfG erstmals zur Prüfung der amtsangemessenen Alimentation Prüfungsstufen festgeschrieben in denen unter anderem fünf Parameter benannt werden:

Nominallohnindex – Verbraucherpreisindex – Differenz Besoldung und Tarifentwicklung im ö.D – systeminterner Besoldungsvergleich und Quervergleich zum Bund oder zu anderen Ländern.

Auch nennt das BVerfG als „Grobziel“ Zeitspannen zwischen 5 und 15 Jahren und ein Zurückbleiben der Besoldung um 5 bis 10 % je nach Parameter.

Es ist ebenfalls zu prüfen, ob das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft ausreichend berücksichtigt wurde – auch in Hinsicht auf die geforderte Ausbildung und Beanspruchung. Weiterhin sind andere Besoldungsbestandteile wie Beihilfe und auch die Versorgung zu prüfen. Hinzu kommt, dass das BVerfG die „Salami-Taktik“ des Dienstherren als möglicherweise unangemessene Reduzierung der Besoldung ansieht.

Eine weitere Prüfung beschäftigt sich mit der Taktik des Dienstherren, sich mit der Finanzlage der öffentlichen Haushalte oder dem Ziel der Haushaltskonsolidierung – so es denn nicht Teil eines schlüssigen Gesamtkonzeptes dem Art. 109 Abs. 3 GG („Schuldenbremse“) isteiner angemessenen Alimentierung zu entziehen

Die DPolG Hamburg wird nun die ausführlichen Urteilsgründe des BVerfG juristisch eingehend prüfen. Dies wird auch der Senat machen müssen. Erfreulich für alle Beamtinnen und Beamten ist die Tatsache, dass uns vom BVerfG endlich Prüfungsschemata an die Hand gegeben wurden und die Politik nun von offizieller Seite sehr deutlich ins Buch geschrieben bekommen hat, dass die Besoldung nicht willkürlich von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt werden kann!

Die Pressemitteilung zum Urteil kann nachgelesen werden unter:

http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2015/bvg15-027.html 

Der Landesvorstand                                                                    Hamburg, den 06.05.2015  

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Einbrecher lässt man gleich wieder laufen

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Offene Worte: Zivilfahnder Maurice H. redet in der TV-Sendung „Beckmann“ über Sorgen und Nöte der Hamburger Polizei. Es ist ein Kampf, der nicht zu gewinnen ist. Sagen die, die es wissen müssen!

Einbruch-Hochburg Hamburg! 2014 gab es 7490 Einbrüche und nur 8,3 Prozent Aufklärungsquote. Montagabend sendete die ARD deshalb „Trauma Einbruch – Hilflos gegen Diebesbanden?“ mit Moderator Reinhold Beckmann (59). Vor 1,95 Mio. Zuschauern prangerten Hamburger Polizisten offen wie nie die Situation an.

„Das Allerschlimmste und was uns Polizisten am meisten juckt, ist, dass wenn sie (die Einbrecher, d. Red.) erwischt werden, dann oft genug nichts passiert“, klagt Maurice H., Dienstgruppenleiter der Hamburger Zivilfahnder. Beckmann fügt hinzu: „Oft kommen die Täter nicht in U-Haft, die Beweislage ist nicht ausreichend…“ Und noch schlimmer: Laut einer Studie des Kriminologen Prof. Christian Pfeiffer werden von hundert angezeigten Tätern am Ende nur 2,6 Prozent verurteilt. Ein anderer Hamburger Polizist, der nicht erkannt werden will, sagt: „Unser größtes Problem ist die Personalknappheit. Und, dass wir teilweise schlecht ausgerüstet sind. Wir laufen den Tätern hinterher, auch in der Technik.“ Beckmann: „Miserabler Funk, keine dienstlichen Smartphones, um Fotos schnell austauschen zu können, zu wenige Autos!“

CDU-Innenexperte und Polizeigewerkschafter Joachim Lenders (53, DPolG): „Es ist gut, dass die Kollegen das mal so offen ansprechen. Wir haben es mit marodierenden Banden häufig aus dem Ausland zu tun. Der „Ede“, der nachts mit seinem Säckel auf Klau-Tour ging, der wurde abgelöst von hochprofessionell operierenden Tätern.“

 

 

Wer „-ic“ heißt, klaut mehr…

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Provokante Ausländer-Diskussion bei „Hart aber Fair“

Eigentlich wollte Frank Plasberg mit seinen Gästen über steigende Einbruchszahlen diskutieren – doch die Talkrunde am Montagabend glitt ab, plötzlich ging es um provokante Thesen: Stammen besonders viele Straftäter aus dem Ausland? Und darf man in einer Talkshow über „alte Zigeunertricks“ plaudern? Zum Thema „Ängstliche Bürger, hilflose Polizei: Was schützt gegen Einbruch und Trickbetrug?“ hatte Plasberg unter anderem den früheren WDR-Intendanten Fritz Pleitgen eingeladen, der als Mitglied einer Nachbarschaftswache selbst Streife mit seinem Hund geht, um gegen Einbrecher zu kämpfen. Egal, welcher Herkunft.

„Wir haben Rumänen, wir haben Bulgaren…“

Doch die Runde kommt schnell auf die Nationalitäten der Täter zu sprechen. Joachim Lenders, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft in Hamburg, will „Klartext“ reden. Er berichtet von Banden aus dem Ausland, die „wie Heuschrecken“ über Deutschland herfallen. „Wir haben es in Hamburg insbesondere zu tun mit Reisenden aus Chile“, sagt er. „Wir haben Rumänen, wir haben Bulgaren…“ Zwar wird die Herkunft von Einbrechern nicht bundesweit statistisch erfasst, Plasberg bringt nur Zahlen von Intensivtätern aus Berlin an (21 Prozent deutsch, der Rest mit ausländischer Herkunft oder Migrationshintergrund). Doch die Talkgäste brauchen keine Statistik, sie blicken auf ihre eigene Erfahrung zurück – und die ist vor allem beim langjährigen Kölner Staatsanwalt Egbert Bülles eindeutig.

Seine steile These: „Insbesondere Straftäter mit den Endungen -ic“, seien – zumindest im Kölner Raum – auffällig stark bei bestimmten Delikten vertreten. „Ich weiß, ich bewege mich auf einem Minenfeld“, sagt Bülles – doch er habe sich kundig gemacht. Demnach seien Menschen mit diesen Nachnamen, die also vor allem aus dem früheren jugoslawischen Raum stammen, besonders häufig Straftäter.

Eine brisante Aussage – vor allem, da mit der Grünen-Politikerin Irene Mihalic eine Frau in der Talkrunde sitzt, die genau in dieses Schema passt. Die frühere Polizei-Oberkommissarin blickt pikiert: „Da bin ich dann prädestiniert“ – und Plasberg will Bülles auf seine These festnageln: Welche Taten könnte Frau Mihalic also begehen? „Zum Beispiel Eigentumsdelikte, Betrügereien, Enkeltrick…“, sagt Bülles. Das habe natürlich ein „Geschmäckle“, sagt Irene Mihalic. „In der Pauschalität kann man das so nicht stehen lassen.“ Doch niemand bestreite, dass es entsprechende Auffälligkeiten gebe, was die Ausländerrate unter Straftätern angehe.

Darf man „Zigeunertrick“ sagen? Und dann war noch ein etwas anderer Gesprächspartner im Studio: Hammed Khamis, früher Einbrecher und Gefängnis-Insasse. Nach seiner Knast-Zeit schrieb er das Buch „Ansichten eines Banditen“. Bei Plasberg plauderte er über seine Erfahrungen aus der Szene: Er habe immer eine Flasche Wodka bei Einbrüchen in der Tasche gehabt – um mildernde Umstände geltend machen zu können, falls er erwischt werde. Ein „alter Zigeunertrick“, sei das. Natürlich wurde das Thema auch bei Twitter leidenschaftlich diskutiert – mit ziemlich unterschiedlichen und provokanten Meinungen. Einig waren sich die meisten Zuschauer wohl nur in einer Sache: Diese Sendung hat polarisiert.

Warum der „-ic“ mehr klaut als die anderen

 

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Bei „Hart aber fair“ diskutierten Plasbergs Gäste über die explosionsartig gestiegene Zahl von Einbruchsdelikten in Deutschland. Manch einer ließ dabei seine politisch korrekten Hosen runter. Frank Plasberg (r.) diskutierte mit seinen Gästen über „Ängstliche Bürger, hilflose Polizei: Was schützt gegen Einbruch und Trickbetrug?“

Joachim Lenders, Hamburger Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, wies aus eigener Erfahrung als Streifenpolizist und Fahnder auf die Flexibilität organisierter Gruppen aus dem Ausland hin: „Sie fallen wie Heuschrecken in eine Stadt ein und wechseln sofort den Standort, sobald ihnen das Pflaster zu heiß wird.“

Der langjährige Oberstaatsanwalt Egbert Bülles erklärte: „Deutschland gerät in den Würgegriff der Organisierten Kriminalität.“

Im Einzelgespräch interviewte Plasberg (l.) den ehemaligen Straftäter Hammed Khamis. Er ist Autor des Buches „Ansichten eines Banditen – Das Schicksal eines Migrantenjungen“. Ein Zivilfahnder klagt im nächtlichen Einsatz in Hamburg über ausländische Banden aus Osteuropa, die nur für ihre Beutezüge in die Stadt kommen: „Das Traurige ist, dass sich das für die lohnt. Sie wissen, dass man hier Beute ohne Ende holen kann und ihnen oft genug nichts passiert, wenn sie erwischt werden. Das ist für uns das Schlimmste.“ Reinhold Beckmann legte mit seiner Reportage „Trauma Einbruch – Hilflos gegen Diebesbanden?“ am Montagabend in der ARD vor. Aufgrund aktueller Statistiken ging die nicht nur der Frage nach, wieso die Aufklärungsquote bei Einbrüchen im Bundesdurchschnitt bei gerade einmal 16 Prozent liegt, sie machte auch deutlich, dass ein Drittel der Delikte auf das Konto ausländischer Täter und organisierter Banden aus dem osteuropäischen Raum gehen. So begleitete Beckmann etwa eine Polizeieinheit in Stuttgart, die darauf spezialisiert ist, genau solche Tätergruppen aufzuspüren. Die Richtung, in die Frank Plasberg anschließend seine Nachlese lenkte, wirkte dagegen zunehmend grotesk. Nachdem sich alle Anwesenden in der Runde schnell geeinigt hatten, dass die Polizei gestärkt und die Bürger vom Staat geschützt werden müssen, zündelte der Moderator an der Migrationslunte, um etwas Sprengkraft freizusetzen.

„Für Polizisten ist das Demotivation pur“

Mit Erfolg. Recht bald stritten der ehemalige WDR-Intendant Fritz Pleitgen und die Grünen-Politikerin Irene Mihalic mit dem langjährigen Oberstaatsanwalt Egbert Bülles und Joachim Lenders, dem Hamburger Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, darüber, ob man die Herkunft der Straftäter überhaupt thematisieren werden dürfe. Als lägen die zuvor präsentierten Fakten noch gar nicht öffentlich vor.

Lenders bestätigte aus seiner Erfahrung als Streifenpolizist und Fahnder die bei Beckmann bereits geschilderten Probleme und wies auf die Flexibilität organisierter Gruppen aus dem Ausland hin: „Sie fallen wie Heuschrecken in eine Stadt ein und wechseln sofort den Standort, sobald ihnen das Pflaster zu heiß wird. Sie gehen davon aus, dass ihnen nichts passiert. Das macht die Arbeit der Polizisten vor Ort nicht nur schwer, es lässt sie auch verzweifeln. Das ist Demotivation pur.

Joachim Lenders, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft in Hamburg: „Warum reden wir ständig um den heißen Brei herum? Natürlich sind nicht alle Einbrecher Ausländer. Doch unter den Einbrechern sind nun mal viele ausländische Banden. Denen müssen wir viel entschiedener begegnen.“

Pleitgen war das zu polemisch – alles Panikmache und Diskriminierung: „Vermutlich sind Steuerbetrüger auch in erster Linie Christen und Gewalt gibt es auch bei Fußballspielen unter deutschen Hooligans.“ Damit hatte er zweifellos Recht, nur kritisierte man etwa im Fall Hoeneß auch schnell einen vermeintlichen bayrischen Klüngel. Und bei randalierenden Fußballfans bleibt das rechtsradikale Gedankengut auch nie unerwähnt. Warum also nicht die Herkunft von Einbrechern dokumentieren und benennen? Sollte man zur Analyse nicht alle Verhaltensmuster der Täter erkennen und alle Erkenntnisse sammeln und zusammenzuführen? Auch zur Prävention und auch gerade zur Bekämpfung möglicher sozialer Ursachen?

„Soziale Situation ist die Ursache, nicht die Herkunft“

Mihalic sah darin hingegen nur „Geschmäckle“ und bezweifelte, dass das Wissen über einen möglichen Migrationshintergrund einen Nutzen für die Verbrechensbekämpfung habe. Wie Pleitgen vertrat sie die Ansicht, dass man beim sozialen Gefälle innerhalb der Gesellschaft ansetzen müsse. „Die soziale Situation ist die Ursache und nicht die Herkunft“, bekräftigte Pleitgen. Man dürfe Pegida nicht in die Hände spielen. Stellte sich nur die Frage, ob nicht genau das der Fall wäre, wenn man die Fakten über einreisende Einbruchsbanden verschwiege.

Damit zumindest im Studio keiner diese Fakten vergessen konnte, wiederholte sie Lenders gebetsmühlenartig. Zugleich wehrte sich der Hamburger Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft dagegen, in die rechte Ecke gestellt zu werden: „Es geht nicht um Diskriminierung sondern um die Frage der Einbruchskriminalität. Es gibt da nun mal reisende Straftäter, die einen großen Teil der Delikte ausmachen.“

„-ic“ bricht häufiger ein

Egbert Bülles sprang ihm eher unglücklich zur Seite, als er seine Erfahrung vortrug, dass Namen mit der Endung auf „ic“ bei Betrügereien wie dem Enkeltrick oder eben Einbrüchen besonders stark vertreten seien. Die ausgebildete Polizistin Mihalic wollte das natürlich nicht auf sich sitzen lassen: „Ich bezweifle, dass es dafür eine Studie gibt.“ Davon unbeeindruckt zog der baden-württembergische SPD-Innenminister Reinhold Gall die osteuropäischen Nachbarländer in der Verantwortung: „Überall wo Menschen diskriminiert werden, gibt es Handlungsbedarf. Die Regierungen dort müssen etwas tun.“ Deutschland sei zwar nach wie vor ein sicheres Land, dennoch sollten auch die Bürger mehr in ihre Sicherheit investieren. Am Ende durfte Bülles dann noch einmal seinen kriminalistischen Instinkt unter Beweis stellen und tippen, wer der anwesenden Gäste seinen Führerschein wegen Raserei abgeben musste. Dieses Ergebnis war vielleicht der größte Erkenntnisgewinn an diesem Abend.

Zigeunerkönige – Tschuldigung, darf der das sagen?

 

Einbruchstatistik, organisierte Kriminalität, Staatsverantwortung: Man hätte bei „Hart aber fair“ so viel diskutieren können. Stattdessen rutschte die Runde in platte Polemik ab.

Was ist bloß mit dieser Sendung passiert? Als die neueste Ausgabe von „Hart aber fair“ etwa eine Stunde alt ist, fragen sich das nicht nur die Zuschauer, sondern auch die Gäste am Podium. „Wir sind vom Ursprungsthema weggekommen“, klagt der baden-württembergische Innenminister Reinhold Gall (SPD). Und auch der Hamburg-Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft Joachim Lenders ist irritiert und erinnert, warum er eingeladen wurde: „Wir sind heute Abend in der Sendung, weil wir uns um Einbruchskriminalität kümmern wollen.

Stimmt, das war eigentlich der Anlass: Die Zahl der Wohnungseinbrüche in Deutschland steigt und die ARD widmet der Statistik einen Themenabend. Erst tritt Reinhold Beckmann in einer sehenswerten Reportage auf, interviewt im Kapuzenpulli eine Polizei-Zivilstreife, im Mantel einen Ex-Einbrecher und im Sakko den Innenminister. Danach kommt „Hart aber fair“ mit dem Thema „Ängstliche Bürger, hilflose Polizei: Was schützt gegen Einbruch und Trickbetrug?“.

Neben Reinhold Gall und Joachim Lenders sind Egbert Bülles (pensionierter Oberstaatsanwalt), Fritz Pleitgen (Journalist und Anti-Rassismus-Botschafter) und Irene Mihalic (Grünen-Sprecherin für innere Sicherheit) zu Gast. Oder, um es zugespitzt zu formulieren:

Die Sendung beginnt mit der klassischen Einbruchs-Diskussion, die den Mediendiskurs seit Veröffentlichung der Kriminalitätsstatistiken der Länder bestimmt: Ist es vor allem Aufgabe des Staates, die Bürger vor Tätern zu schützen? Oder liegt die Verantwortung bei den Bürgern, sich mit sündhaft teuren Sicherheitsschlössern, Spezialfenstern und Alarmanlagen selbst zu wappnen? Reinhold Gall nimmt die Bürger in die Pflicht, und wird damit beim Rest der Runde schnell zum Buhmann. „Der Handlungsbedarf liegt doch beim Staat, nicht bei den Bürgern“, wettert zum Beispiel Fritz Pleitgen.

Man könnte das nun vertiefen. Oder über die Pläne der Regierung diskutieren, technische Prävention mit Zuschüssen und Krediten zu fördern. Oder über die Bemühungen des Bundes, mit mehr Polizisten für mehr Sicherheit zu sorgen. Oder darüber, dass die Union härtere Strafen und mehr Überwachung fordert. Stattdessen erteilt Moderator Frank Plasberg einem Einbruchsexperten das Wort.

Der Ex-Knacki Hammed Khamis, Autor des Buches „Ansichten eines Banditen“ mischt das Studio mit Insider-Wissen und flotten Sprüchen auf. Bei seinen Einbruchstouren sei er immer mit einer Flasche Vodka unterwegs gewesen, um bei einer Festnahme mildernde Umstände geltend machen zu können. „Alter Zigeunertrick“, sagt er, und stutzt: „Tschuldigung, darf ich das sagen?“ Gäste, Publikum und Plasberg können sich ihr peinlich berührtes Grinsen kaum verkneifen. Als Khamis anfängt zu erzählen, was Reinhold Beckmann in seiner Doku falsch erklärt habe und wie man wirklich eine Tür aufbreche, unterbricht Plasberg ihn hastig. Schließlich ist das hier eine Talksendung, kein TV-Ratgeber.

Dann lässt Plasberg Khamis noch kurz gegen den Polizeigewerkschaftler Lenders austeilen, bevor er den peinlichen Auftritt abwürgt und Khamis „ein schönes Leben weiterhin“ wünscht.

Schön wird diese Sendung danach nicht mehr. Denn statt um Einbrüche geht es nun nur noch darum, wie viele Straftäter aus dem Ausland kommen und ob man ihre Herkunft nennen darf – oder vielleicht auch muss. Im Prinzip eine wichtige Debatte. Aber spätestens als Ex-Oberstaatsanwalt Bülles alle Menschen, deren Namen auf -ic endet, unter Generalverdacht stellt, ist die Sendung zum Scheitern verurteilt. Das habe jetzt aber ein Geschmäckle, entgegnet Irene Mihalic, deutsche Polizistin mit Migrationshintergrund, säuerlich.

Plasberg lässt dann noch Einspieler laufen, die von ganz schlimm diskriminierenden Fällen erzählen – damit ein Gast seiner Wahl danach betonen kann, wie ganz schlimm diskriminierend dieser Fall sei. Zwischendurch die obligatorische Zwischenfrage: Was sagt das Netz? Das diskutiert über Selbstjustiz. Zurück zum Podium. Da geht es um political correctness – und um „Zigeunerkönige“ (Bülles). Tschuldigung, darf er das sagen?

„Sie wollen diskriminieren und das ist verwerflich“, poltert Fritz Pleitgen gegen Egbert Bülles. SPD-Politiker Gall hält lieber den Mund und versucht nicht aufzufallen. Doch als Plasberg ihn doch noch einmal direkt anspricht, sagt er das eigentlich perfekte Schlusswort: „Die Diskussion bekommt mir hier einen sehr polemischen Charakter.“ Schade, dass das wahre Schlusswort zu diesem Zeitpunkt der Sendung noch lange nicht gesprochen ist.