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Chaos-Wochenende für Hamburgs Polizei

Es ist manchmal erschreckend, wofür Hamburgs Polizisten den Kopf hinhalten müssen. Fußball-Chaoten, Neo-Nazis, Autonome, Feuer-Anschläge: Für die Beamten war es ein Horror-Wochenende!

Für knapp 1000 Polizisten begann es Sonnabend um 11 Uhr in Harburg. Rechtsextremist Thomas Wulff hatte zur NPD-„Informationsveranstaltung“ geladen. 68 Gleichgesinnten standen 600 Nazi-Gegner gegenüber Dank des Großaufgebots blieb es weitgehend friedlich. Wenn es zu Übergriffen kam, dann auf Beamte, nicht auf Wulff und seine Kumpane.

Neues Unheil nahte um 12.35 Uhr mit der Ankunft von 770 Anhängern des 1. FC Köln am Hauptbahnhof. Schon aus dem Zug flogen Böller. Später versuchten sogenannte Fans, Lokale zu stürmen und zu verwüsten. Mit Schlagstöcken und Pfefferspray bekamen 200 Bundespolizisten die Lage in den Griff, doch nach dem Spiel gingen die Randale auf dem Kiez weiter! Insgesamt 538 Beamte nahmen 112 Kölner in Gewahrsam.

Auf dem Rückweg aus Nürnberg sorgten HSV-Anhänger für Ärger: In Lüneburg streikte ein ICE-Lokführer, weil 150 Fans immer wieder die Notbremse zogen. Erst nachdem Bundespolizisten zugestiegen waren, ging die Fahrt weiter.

Viele Beamte hatten ihren Dienst am Sonnabend gegen 8 Uhr begonnen und kamen erst nach Mitternacht in den Feierabend. Da ging es für ihre Kollegen erst richtig los! Unbekannte zündeten in Rotherbaum, Altona und Billstedt fünf Autos an, 40 Streifenwagen rückten aus.

Joachim Lenders, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft: „Unsere Polizisten werden an ihre Belastungsgrenze getrieben. Allein 2010 gab es über 800 000 Überstunden.“

Der Demo- und Fußball-Sonnabend kostete Hamburg rund 300 000 Euro.

Höhere Kosten für die Polizei?

Auf die Polizei kommen offenbar höhere Personalkosten zu: Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg müssen Bereitschaftszeiten von Polizisten voll bezahlt werden oder mit Freizeit ausgeglichen werden. Nach Angaben der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) entstehen für die Hamburger Polizei dadurch Mehrkosten von zwei Millionen Euro. Die Innenbehörde rechnet zwar mit zusätzlichen Ausgaben, diese würden aber „im Rahmen bleiben.“

Anwalt gibt Polizisten Schuld an Gewalt-Exzess Nach dem Großeinsatz in Neuwiedenthal

Im Prozess gegen die mutmaßlichen Polizistenprügler von Neuwiedenthal geraten die Anwälte der Angeklagten und die der verletzten Polizisten immer heftiger aneinander. Uwe Maeffert, einer der bekanntesten Strafverteidiger
Hamburgs, vertritt in dem Verfahren den Hauptangeklagten Amor S. Gestern forderte er die Aussetzung des Verfahrens und Aufhebung des Haftbefehls gegen den 32-Jährigen.

Begründung: Er war dem Nebenklagevertrer Andreas Karow, anmaßende Zensur vor. Maeffert: „Der wirft mir Knüppel zwischen die Beine.“ Anwalt Karow: „Unsachgemäße Zermürbungstaktik!“ Das Gericht lehnte beide Anträge ab.

Dagegen sieht Joachim Lenders, Landeschef der Polizeigewerkschaft, in den Vorwürfen von Maeffert „nur Nebelkerzen.“Lenders: Das war eine brutale Gewaltorgie. Die Angeklagten haben die Polizisten schwer verletzt. Herr Maeffert versucht, den Prozess zu drehen und die Polizisten zu Tätern zu machen.“

Der Fall: Am Abend des 26.06.2010 hatte eine Polizeistreife am Neuwiedenthaler Bahnhof einen 27-Jährigen wegen „Wildpinkelei“ angesprochen, um seine Personalien festzustellen. Die Situation eskalierte, Polizist Günter J. setze einen Schlagstock ein. Daraufhin versuchten rund zehn junge Männer, den Streifenwagen, in dem der „Wildpinkler“ saß, zu stürmen. Steine und Flaschen flogen, fünf Polizisten mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Polizist Jürgen J. erlitt schwerste Kopfverletzungen.

Ein Polizeibeamter belastete den Angeklagten Amor S. gestern schwer: „Der hat den Kollegen J. mit einem Fußtritt am Kopf getroffen.“ Der Prozess wird fortgesetzt.

Senat will jungen Gewalttätern den Führerschein wegnehmen

Tödliche Messerstiche am Jungfernstieg, Angriffe auf Polizisten in Neuwiedenthal. Die Serie von extremer Jugendgewalt im Sommer 2010 hat die Stadt aufgeschreckt – nach sechs Monaten Arbeit in einer Kommission will die Politik nun gegensteuern. Innensenator Heino Vahldieck (CDU) greift zu neuartigen Mitteln: Gewalttätern soll der Führerschein abgenommen werden!

So steht es im gestern vorgestellten „Aktionsplan gegen Gewalt im öffentlichen Raum“. Viele Täter sollen zur medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) geschickt werden, die bisher Rasern und Drogensündern vorbehalten war. Fallen Sie dort durch, ist der Lappen weg. Die Kosten für die Untersuchung zahlen die Gewalttäter in jedem Fall selbst, laut Vahldieck gilt die neue Regelung „unverzüglich“.

Der Innensenator hofft, damit auch Jugendliche von Gewalttaten abzuhalten. „Die motorisierte Mobilität ist für diese Adressatengruppe besonders wichtig.“ Es gehe aber auch um die Verkehrssicherheit: Denn Gewalttäter stellen laut Vahldieck mit ihrem „erhöhten Aggressionspotenzial“ eine ernsthafte Gefahr für andere Autofahrer und Fußgänger dar.

Von der Deutschen Polizeigewerkschaft gibt’s deshalb Beifall für die Pläne. „Gewalttäter sind äußerst selten friedfertige Autofahrer“, so der Vorsitzende Joachim Lenders. „Ob sich viele Täter aber nicht einfach ohne Führerschein ans Steuer setzen, bleibt abzuwarten.“
Für SPD-Innenexperte Andreas Dressel war der Führerscheinentzug überfällig. „Wir halten das seit Jahren für ein probates Mittel.“ Es müssten aber weitere Maßnahmen folgen, um die Jugendgewalt effektiv einzudämmen.

Die Opfer leiden ewig, die Täter kriegen Geld

Straßburg – Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sorgt in Deutschland für Empörung.

Die Straßburger Richter sprachen drei mehrfach vorbestraften und als gefährlich eingestuften Sexualstraftätern wegen nachträglich verhängter Sicherungsverwahrung insgesamt 125 000 Euro Haftentschädigung zu – auf Steuerzahlerkosten! Zudem müssen die Männer freigelassen werden.

Die Praxis in Deutschland verstoße gegen die Menschenrechte, entschied der Gerichtshof.

Aber was ist mit den Opfern der Straftäter? In BILD sprechen Betroffene und Experten.

• Joachim R.s (54) Tochter Stephanie wurde im Jahr 2006 in Dresden von Sextäter Mario M. gefangenen gehalten, immer wieder vergewaltigt.

In BILD klagt der Vater an: „Es ist eine Schweinerei, dass diese Straftäter jetzt eine Entschädigung erhalten. Wir müssen für Geld betteln und kämpfen. Es geht uns hundsmiserabel bei solchen Meldungen. Wie Betroffene auf solche Gerichtsentscheidungen reagieren, interessiert offenbar niemanden.“

• CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach (58) kritisiert das Urteil scharf:
„Entschädigungen für die Schwerverbrecher wären eine erneute Demütigung der Opfer. Die zuständigen Regierungen sollten deshalb jetzt genau prüfen, ob die Entscheidung für Deutschland tatsächlich bindend sein muss.” Und weiter: „Das Urteil steht im Gegensatz zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das zu Recht eine nachträgliche Sicherungsverwahrung erlaubt. In manchen Fällen kann ein Richter bei der Urteilsverkündung nicht wissen, dass ein Schwerverbrecher in der Haft jede Therapie ablehnen wird und deshalb eine Gefahr für die Öffentlichkeit ist.“

Joachim Lenders von der Deutschen Polizeigewerkschaft:
„Polizisten müssen die Straftäter nicht nur fangen, sondern auch noch bewachen, wenn sie entlassen werden, damit sie nicht wieder etwas anstellen. Man fasst sich an den Kopf, wenn man hört, dass die Verbrecher auch noch Entschädigungen bekommen.“

• Polizeihauptkommissar Lothar Engel (54, Mitglied der GdP) überwacht mit Kollegen in Heinsberg (NRW) einen weiteren bereits aus der Haft entlassenen Sexualstraftäter:
„Es kann nicht sein, dass gefährliche Verbrecher wie Mörder oder Sexualstraftäter frei kommen, weil die Gesetze lückenhaft sind. Hier müssen wir schon eine 24-Stunden-Überwachung für einen freigelassenen Gewalttäter stemmen. Dadurch fehlen die Kollegen natürlich an anderen Stellen, das Personal ist ohnehin knapp. Die Fälle in Duisburg und Steinfurt, wo aus der Sicherungsverwahrung entlassene Sexualstraftäter wieder rückfällig geworden sind, sind klare Belege, dass wir mit unserer kritischen Haltung recht haben.

• Opfer-Jurist Thomas Kämmer betreut seit sieben Jahren bundesweit Gewaltopfer:
„Dass die Beschwerdeführer jetzt mit Geld entschädigt werden und Hoffnung auf Freiheit haben, ist ein absolutes Armutszeugnis für die deutschen Politiker. Das sind Schwerverbrecher, die Opfern viel Leid zugefügt haben. Es ist ja nicht ausgeschlossen, dass die Verurteilten wieder eine Straftat begehen.“

Reiterstaffel hat Parkverbot

Neue Polizeieinheit darf nicht in Grünanlagen patrouillieren – Ärger über Pferdeäpfel

Es klingt wie ein Schildbürgerstreich. Hamburgs Polizeipferde haben Grünanlagenverbot. Während die Polizei die Fahrradstaffel, die zumindest ihre Räder durch Parks schieben und so auch dort Präsenz zeigen konnte, abschaffen will, dürfen Ross und Reiter der neuen, teuren Reiterstaffel wegen der fehlenden Sondernutzung nur Straßen oder ausgewiesene Reitwege nutzen. Da das Reitwegenetz in Hamburg nicht stark ausgebaut ist, sind die Einsatzmöglichkeiten außerhalb der asphaltierten Straßen gering. Nur im Bereich Harburg und Klövensteen sind längere Reiterrouten ausgewiesen. Doch dort, in den Waldgebieten, sind Einsätze der Polizeireiter kaum vorgesehen. Die Hamburger Innenstadt dagegen, Haupteinsatzgebiet der Reiterstaffel der Polizei, ist völlig ohne Reitwege. So ist beispielsweise Planten un Blomen tabu für die Polizeireiter. Auch rund um die Alster dürfen sie nicht auf den Wanderwegen traben. So steht es in der Grünanlagenverordnung unter Punkt sieben. Einzige Ausnahme: Im Rahmen von Fahndungen dürfen die Polizeireiter auch abseits der erlaubten Wege galoppieren. Dafür nehmen die Reiter dann wie ein Peterwagen mit Blaulicht Sonderrechte in Anspruch.

Das Grünanlagenverbot für die Polizeireiter war bislang ein gut gehütetes Geheimnis, das selbst intern wenig bekannt war. „Ich konnte es gar nicht glauben“, sagt Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Das ist doch absoluter Unsinn und scheint wenig durchdacht.“ Aus der Polizei heißt es: „Die Situation ist so. Das heißt aber nicht, dass es sich nicht ändert.“ Tatsächlich wird hinter den Kulissen um eine Sondernutzungsverordnung gerungen, die einen Reitereinsatz auch in Parks möglich macht.

„Das zeigt doch einmal mehr, dass das Konzept der Reiterstaffel nicht zu Ende gedacht ist und sie mehr PR als Einsatzmittel ist“, meint Andreas Dressel, innenpolitischer Sprecher der SPD. Um die Polizeipferde geht es auch in einer seiner nächsten Kleinen Anfragen. Die kommen bei den meisten Hamburgern zwar gut an. Die Pferdeäpfel aber nicht. Denn im Gegensatz zu den Hundeführern der Polizei beseitigen die Reiter die Hinterlassenschaften nicht. Es gibt laut Dressel bereits zahlreiche Beschwerden.

Achtung, Reifenkontrolle!

Die Polizei hat mit den ersten vorweihnachtlichen Verkehrskontrollen begonnen – und nimmt dabei besonders die Bereifung der Fahrzeuge ins Visier

 Für viele Autotypen sind Winterreifen nicht lieferbar, deswegen drückt auch die Polizei gelegentlich ein Auge zu.

Nach einem Urteil des Landgerichts geht der Versicherungsschutz nicht automatisch verloren, wenn ein Fahrer ohne Winterreifen einen Unfall verursacht.

 Der erste Winterreifensünder, den Polizeikommissarin Marlies Farrar an der Kontrollstelle an der Nordkanalstraße ertappte, kam aus dem sonnigen Spanien. Eine Stunde zuvor war er in Hamburg gelandet und hatte sich einen Mietwagen besorgt. Jetzt machte er ungläubige Augen und zeigte einen Zettel vor, mit dem sich die Verleihfirma aus der Verantwortung stehlen wollte. Der kaum Deutsch sprechende Mann hatte unterschreiben müssen, dass er den Seat ohne Winterreifen und auf eigene Verantwortung fahren würde. „Dreist“, fällt der Polizistin dazu ein. In diesem Fall gibt es einen Strafzettel. Der geht direkt an die Mietwagenfirma. Ansonsten sind die Beamten auch mal nachsichtig. „Wenn einer keine Winterreifen drauf hat und glaubhaft beteuert, dass er keine mehr bekommen hat, dann kann man schon mal ein Auge zudrücken“, sagt ein Kollege.

 Das kann schnell passieren. Bei vielen Fahrzeugen heißt es: Winterreifen sind aus. „Das ist bei uns von Fahrzeug zu Fahrzeug verschieden“, sagt André Wendlandt, Verkaufsleiter bei Volkswagen Automobile am Großmoorbogen. „Für einige Typen sind Winterreifen gar nicht lieferbar.“ Selbst Händler stehen auf dem Schlauch. Vorführwagen müssen stehen bleiben, weil für sie keine Winterreifen mehr zu bekommen sind.

 „Die Lieferengpässe sind schon sehr arg“, weiß Reifenfachverkäufer Dennis Meyer von Reifen Helm in Eppendorf. Vor allem Besitzer mit Fahrzeugen, die kleine Reifengrößen haben, stehen vor einem Problem. „Da ist einfach nichts mehr zu bekommen“, sagt Meyer. Nachlieferungen wird es nach Einschätzung des Fachmanns bestenfalls in übersichtlichen Mengen geben.

 „Bei uns sind Winterreifen nicht das große Problem“, sagt dagegen David Breuer von B&K. Die BMW-Käufer ordern bei einem Neuwagen in der Regel gleich Winterräder mit. „Wir lagern sie ein und montieren sie, wenn in der Werkstatt die Fahrzeuge unserer Kunden fit für den Winter gemacht werden.“

 „Pech gehabt“, sagt Matthias Schmitting zu den Autofahrern, die keine Winterreifen mehr bekommen haben. Letztendlich gibt es die Bestimmung bereits seit dem vergangenen Jahr. „Es ist keine neue Erkenntnis, dass man im Winter Winterreifen braucht“, so Schmitting. „88 Prozent der Autofahrer haben sich auch darauf eingestellt.“

 Der Rest muss jetzt den Wagen stehen lassen oder oft deutlich höhere Preise für Reifen zahlen. „Die Preise für Winterreifen liegen selbst für Händler, die sich auf dem freien Markt versorgen müssen, um Engpässe zu überbrücken, durchschnittlich 30 Prozent über dem Listenpreis“, sagt Reifenfachmann Meyer. Bei besonders gesuchten Reifengrößen hat sich der Preis sogar verdoppelt. Motorradfahrer haben oft gar keine Chance, sich auf das Gesetz einzustellen. Für 98 Prozent der Maschinen gibt es keine Winterreifen. Wer ohne Winterreifen von der Polizei gestoppt wird, riskiert laut Schmitting einen Punkt in Flensburg und ein Bußgeld über 40 Euro. Behindert er auf winterlichen Straßen wegen seiner Sommerreifen den Verkehr, sind 80 Euro fällig. Der Versicherungsschutz geht bei einem Unfall mit Sommerreifen auf winterlichen Straßen aber nicht zwangsläufig verloren. Das entschied das Landgericht Hamburg. Es gab der Klage eines Autofahrers statt, der mit seinem mit Sommerreifen ausgerüsteten Wagen auf einer glatten, abschüssigen Straße gegen eine Mauer gerutscht war und dessen Versicherung deshalb nicht den vollen Schaden zahlen wollte. Nach Meinung des Gerichts liegt keine grobe Fahrlässigkeit vor, wenn nicht auszuschließen ist, dass sich der Unfall auch mit Winter- oder Ganzjahresreifen ereignet hätte.

 Eine weitere gute Nachricht für Winterreifen-Muffel kommt aus der Polizei. „Es wird weitere vorweihnachtliche Kontrollen geben“, sagt Freddi Lohse von der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Die werden aber einen geringeren Umfang als in den vergangenen Jahren haben, weil Zusatzaufgaben, wie die Bekämpfung der Autobrände, übernommen werden müssen. Außerdem fehlen die Präsenzschichten von den Wachen.“

Polizei fehlt Kraft für Suff-Kontrollen

Weihnachtsfeiern in der Firma, Glühweinstände an jeder Ecke. Nach der Arbeit schnell noch einen trinken -und anschließend hinters Steuer. Die Versuchung ist groß, in diesen Tagen.

Gerade in den Wochen vor Weihnachten sind deshalb zahlreiche große Verkehrskontrollen üblich. Doch nach Angaben der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) gibt es in diesem Jahr rund 30 Prozent weniger Kontrollen als in den Vorjahren. Der ADAC spricht von einer „katastrophalen Entwicklung“.

Brennende Autos, Schanzenkrawalle, Terror-Alarm, brisante Fußball-Derbys, Innenministerkonferenz, Castor-Transport – und obendrein das Tagesgeschäft. Dieses Jahr hat der Hamburger Polizei vieles abverlangt. Offenbar so viel, dass nun bei den Verkehrskontrollen gespart werden muss. Freddi Lohse, Vize-Landesvorsitzender der DPolG: „Nach unseren Informationen gibt es 2010 rund 30 Prozent weniger Kontrollen als in den vergangenen Jahren. Das ist einzig und allein auf die Überlastung der Beamten und den Personalmangel zurückzuführen.“

Beispielsweise müssten allein für die eigens wegen der Autobrände gegründete Soko „Florian“ bis zu 200 Beamte abgestellt werden. „Es fehlt schlichtweg an Personal“, sagt Lohse. Die Anzahl der Polizeibeschäftigten in Hamburg sei von 2005 bis heute von 10220 auf 9800 gesunken. Hinzu kämen steigende Einsatzzahlen.

Auch der ADAC warnt vor einem Rückgang der Kontrollen: „Sollten die Zahlen der DPolG stimmen, wäre das eine katastrophale Entwicklung für die Verkehrssicherheit in unserer Stadt“, sagt Sprecher Carsten Willms. „Bereits in den vergangenen Jahren gab es zu wenige Kontrollen. Da wird am ganz falschen Ende gespart.“

Haben Schluckspechte also freie Fahrt auf Hamburgs Straßen? „Auf keinen Fall“, sagt Polizeisprecher Mirko Streiber. „Ich kann einen angeblichen Rückgang von 30 Prozent nicht bestätigen. Wir führen das ganze Jahr über Kontrollen durch.“

Zuletzt am Donnerstagabend: 180 Beamte überprüften an sechs Kontrollstellen insgesamt 1544 Fahrzeuge. Das Ergebnis: Gerade einmal 16 Fahrer standen im Verdacht, unter Alkohol- oder Drogeneinfluss zu stehen. Streiber: „Die aktuellen Zahlen bestätigen einen erfreulichen Trend: Seit Jahren zeichnet sich ab, dass die Zahl von Autofahrern, die unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen, stetig zurückgeht.“

Sind Hamburgs Richter zu milde?

Zwei Männer verprügeln Matthias R. am U-Bahnhof Niendorf-Markt. Der Mann wird zum Krüppel, die Täter kommen mit einer Geldstrafe davon. Die Verurteilung wegen unterlassener Hilfeleistung macht nicht nur die Angehörigen und Freunde des 40-Jährigen fassungslos.

Klemens Burzlaff (38) von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG): „Hier wurde das Opfer viel härter bestraft als die Täter. Ähnlich ist es im 20-Cent-Fall auch gelaufen. Das Strafmaß muss nach oben ausgeschöpft werden, sonst kann es passieren, dass einige den Glauben an die Justiz verlieren.“

Sind Hamburgs Richter zu milde? Die MOPO sprach mit Kristina Erichsen-Kruse (68), Vize-Landesvorsitzende der Opferhilfsorganisation „Weißer Ring“.

Mopo: Was bedeutet solch ein mildes Urteil für die Opfer und deren Angehörige?

Kristina Erichsen-Kruse: Es ist ein absolutes Debakel. Es wirkt wie ein Schlag ins Gesicht der Opfer. Gewöhnlich sind sie nach so einem Urteil zwar äußerlich ganz ruhig, doch sie fühlen sich um ihre Rechte betrogen, nicht wertgeschätzt und alleine gelassen. Sie verstehen die Welt nicht mehr.

Mopo: Das Opfer Matthias R. und seine Familie werden vom „Weißen Ring“ betreut. Wie helfen Sie den Betroffenen?

Erichsen-Kruse: In erster Linie helfen wir in diesem Fall mit Gesprächen.

Mopo: Wie beurteilen Sie den Fall aus Niendorf?

Erichsen-Kruse: Wir hätten niemals mit so einem Urteil gerechnet. Wir haben hier ein schwerbehindertes Opfer, das nicht mal mehr alleine wohnen kann. Der Mann lebt in einer betreuten Einrichtung. Wir werden das Urteil abwarten und wenn die Staatsanwaltschaft nicht tätig werden sollte, wird sich der Anwalt des Opfers weitere Schritte vorbehalten.

Mopo: Welche Strafe hätten Sie gerecht gefunden?

Erichsen-Kruse: Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe zwischen zwei und drei Jahren gefordert. Das hätte man akzeptieren können.

Mopo: Sind Hamburgs Richter zu milde?

Erichsen-Kruse: Die Urteile sind durchaus im mittleren Bereich. In Süddeutschland ist die Rechtsprechung viel schärfer. Ob die Richter generell zu milde sind, kann man nicht sagen. Es muss immer der Einzelfall beurteilt werden. Die Urteile in dem 20-Cent-Fall fand ich zum Beispiel in Ordnung. In diesem Fall waren es minderjährige Täter. Bei der Verurteilung hat der Erziehungsgedanke eine große Rolle gespielt.

Mopo: Wenn Sie die Urteile von heute mit denen von vor zehn Jahren vergleichen: Was hat sich bei Gewaltdelikten geändert?

Erichsen-Kruse: Das kann ich nicht sagen. Ich weiß bloß, dass die Gewaltdelikte zwar weniger geworden sind, die Schwere der Taten allerdings zugenommen hat.

Wie lange noch?

Gut zwei Wochen ist es her, dass Bundesinnenminister Thomas de Maizière vor die Öffentlichkeit trat. Auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz verkündete der CDU-Politiker: Es gebe konkrete Hinweise, dass Terroristen Ende November in Deutschland einen Anschlag verüben könnten.

Die Sicherheitsvorkehrungen wurden auf der Stelle hochgefahren. Jetzt ist Dezember – und zum Glück ist nichts passiert. Wird die Polizeipräsenz jetzt wieder aufs Normalmaß zurückgestuft?

Seit der Terrorwarnung des Ministers fahren die Behörden in Hamburg schwere Geschütze auf: Bewaffnete Bundespolizisten patrouillieren in Fernzügen und S-Bahnen. Sie tragen schusssichere Westen, die MPi immer im Anschlag, den Diensthund an der Leine. Gepanzerte Einsatzfahrzeuge stehen vor dem Hamburger Flughafen. Laut Bundespolizei gibt es derzeit keine Veranlassung, das Aufgebot zurückzufahren. „Unsere Präsenz bleibt auf unbestimmte Zeit bestehen. Wir sind noch immer 24 Stunden am Tag im Einsatz“, sagt Sprecher Rüdiger Carstens.

Um die Dauer-Überwachung durchführen zu können, wird die Bundespolizei derzeit von der Mobilen Kontroll- und Überwachungseinheit und der Bundesbereitschaftspolizei unterstützt. Wie viele Beamte im Einsatz sind, will man aber nicht verraten.

Auch die Innenbehörde gibt keine Entwarnung: „Es gibt keinen Grund, die Maßnahmen einzustellen“, sagt Sprecher Ralf Kunz. Man führe weiterhin „viele Maßnahmen“ durch, die für den Bürger nicht immer sichtbar seien.
Joachim Lenders, Landes-Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, bezweifelt, dass der derzeitige Aufwand dauerhaft betrieben werden kann: „Irgendwann müssen die Maßnahmen zurückgefahren werden, allein schon wegen der personellen Belastung. Es ist nur schwierig, dafür den richtigen Zeitpunkt zu finden. Ich vermute, dass wir erst im neuen Jahr auf ein niedrigeres Niveau zurückkehren werden.“

Bis dahin müssen sich die Hamburger wohl erst einmal an den Anblick schwer bewaffneter Polizisten gewöhnen.