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Nach Gewaltdrohung, Diskussion in der Schanze abgesagt!

Weil Protestler im Internet dazu aufgerufen hatten, die Veranstaltung zu stören, hat der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Joachim Lenders, eine Podiumsdiskussion abgesagt. Das Thema: „Polizei und Gewalt“.

Die Podiumsdiskussion im Rahmen des „taz salons“ sollte heute direkt neben der Roten Flora im Kulturhaus 73 am Schulterblatt (Sternschanze) stattfinden. Schon vor Tagen wurde im Internet zu Protesten aufgerufen. „Verschiedene Gruppen nehmen diese Veranstaltung zum Anlass, die Proteste gegen die Innenministerkonferenz etwas frühzeitiger zu beginnen. Wir wissen nicht, was die ,taz‘ geritten hat, einem Scharfmacher wie Lenders ein Forum zu bieten. Wir laden alle Chaotinnen und Chaoten ein, diesem einmaligen Event beizuwohnen“, heißt es auf der alternativen Medienplattform „Indymedia“ im Internet.

Seine Absage zu der Veranstaltung erklärt Joachim Lenders so: „Für den Schutz dieser Veranstaltung und meiner Person sollten etwa 650 Beamte aufgeboten werden. Die Belastungssituation meiner Kollegen ist in den vergangenen Wochen exorbitant gestiegen, sodass es unverantwortlich für mich ist, diese nochmals zu verschärfen.“ Allerdings wolle er sich „von ein paar Chaoten bestimmt nicht einschüchtern lassen“. Er halte es für unerträglich, dass ein Mob von ignoranten Chaoten ihren Stadtteilterror immer weiter ausdehnen könne.

Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) unterstützt Lenders. „Die Entscheidung verdient Respekt. Es ist bedauerlich, dass er die Teilnahme an der Veranstaltung absagen musste.“

Senat schweigt – Opposition bestellt Regierung „zum Rapport“

Im Innenausschuss soll der Fall aufgeklärt werden

Der Senat will die Hintergründe des Falls des „S-Bahn-Killers“ Elias A. nach eigenem Bekunden zwar aufklären. Offen zu dem Fall und der kriminellen Karriere des jugendlichen Täters äußern mochte sich am Dienstag von den Hamburger Behördenspitzen jedoch niemand. Justizsenator Till Steffen (GAL) lehnte eine Stellungsnahme zu dem Fall und der Rolle der Hamburger Justiz weiterhin ab. Auch die Sozialbehörde schweigt: Inwieweit der mutmaßliche Täter vom Jugendamt betreut wurde, will die Behörde unter Verweis auf Datenschutz nicht preisgeben. Einzig Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) hatte in der WELT Stellung bezogen und gefordert, jugendliche Intensivtäter wie Elias A. müssten schnell mit Strafen rechnen.

Jetzt soll eine behördenübergreifende Kommission den Fall aufarbeiten. Mit Ergebnissen wird allerdings erst in einigen Wochen zu rechnen sein. „Das schlechte Gewissen ist deutlich spürbar“, sagt der SPD-Innenpolitiker Andreas Dressel. „Wir werden darauf drängen, dass der Senat im Innenausschuss Auskunft erteilt. Dort erwarten wir die Senatoren zum Rapport.“ Die Aufarbeitung müsse auch gegenüber Parlament und Öffentlichkeit passieren und nicht nur am grünen Tisch der Behörden. Einen entsprechenden Antrag der SPD auf Selbstbefassung im Ausschuss sei in Vorbereitung.

Dressel nimmt auch das „Protäkt-Programm“ der Justizbehörde für jugendliche Schwerstkriminelle in den Fokus: In einer Senatsanfrage will er das Programm genau hinterfragen. Es müsse geklärt werden, ob dieses Programm durch seinen Ansatz wirklich zukünftige Straftaten verhindern könne. Dressel: „Hierzu müssen die Zahlen auf den Tisch. Zumindest in diesem Fall hat das Senatsversprechen der „Manndeckung“ zur Vermeidung weiterer Straftaten erkennbar nicht funktioniert.“ Dressel erwartet, dass der Senat über den Erfolg des Programms auch wirklich Auskunft geben müsse, denn es müsse auch eine Evaluation dieser Maßnahmen geben. Bei der Vorstellung des Programms im Mai 2007 hatte der damalige Justizsenator Carsten Lüdemann (CDU) noch erklärt, gerade im Bereich der Jugendkriminalität sei es wichtig, den Tätern klare Grenzen aufzuzeigen und Strafen auf dem Fuße folgen zu lassen. Auch Justizsenator Steffen hatte sich wiederholt für das Programm ausgesprochen.

Den Blick auf die Opfer richtet Joachim Lenders, Landesvorsitzender der deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Es ist natürlich ein Einzelfall. Er zeigt aber auch, dass es Täter gibt, bei denen Hopfen und Malz verloren ist. Sie sind tickende Zeitbomben, die aus einem lächerlich nichtigen Anlass explodieren.“ Hier müsse der Schutz der Menschen vorgehen. „Der Präventionsgedanke muss dann hinter der Repression kommen“, so Lenders. „Die Gesellschaft muss vor solchen Leuten wirksam geschützt werden.“

Immer mehr Schrott-Laster unterwegs

Kaputte Bremsen, übermüdete Fahrer. Die Polizei warnt: Auf Hamburgs Straßen sind immer mehr Schrott-Laster unterwegs. Grund: Gerade Schwertransporte werden in den meisten Fällen nicht kontrolliert.

Zwar sind die Beamten verpflichtet, die Brummis zu überprüfen, bevor sie durch Hamburg fahren, doch sie würden Mängel nicht erkennen. Den Polizisten fehlt eine Ausbildung.

„Die Zahl der Schwertransporte ist dramatisch gestiegen“, sagt Joachim Lenders, Landes-Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Monatlich müssen die Beamten etwa 300 Transporte begleiten. Sie übernehmen die Laster nachts in Höhe der Raststätte Holmmoor an der A7. Zwar müssten die Polizisten die Brummis vorher kontrollieren, allerdings ist auf dem Parkplatz kein Platz, sodass sie die Transporte bei voller Fahrt übernehmen. Nicht das einzige Problem: Selbst wenn Platz wäre, könnten die Beamten die Kontrollen nicht professionell durchführen, da ihnen eine Ausbildung fehlt. „Das sind Polizisten von den Wachen, die keine notwendigen Lehrgänge bekommen haben. Wir fordern, dass diese Arbeit ab sofort von Polizei-Angestellten übernommen wird, die speziell geschult sind“, so Lenders.

Dass das nötig ist, zeigt eine kürzlich durchgeführte Kontrolle von Schwertransporten. Mehr als 90 Prozent der Laster hatten Mängel. Darunter ein mit Sprengstoff beladener Lkw, dessen gefährliche Ladung in keiner Form gesichert war.

„Hinzu kommt, dass die Beamten haftbar gemacht werden können.“ Wenn sich zum Beispiel wegen schlechter Ladungssicherung ein Unfall ereignet, tragen die Beamten eine Mitschuld, da sie nicht kontrolliert haben.

Sternschanze soll als Gefahrengebiet deklariert werden

Die Einrichtung eines neuen „Gefahrengebietes“ im Schanzenviertel könnte eine Möglichkeit sein, den Gewaltexzessen zu begegnen – die Innenbehörde steht hinter dem Vorschlag der CDU, dem auch die SPD beipflichtet. In einem Gefahrengebiet, auch wenn es zeitlich befristet so deklariert werden sollte, kann die Polizei auch ohne konkreten Anlass Kontrollen durchführen, etwa schon, wenn Jugendliche zu Veranstaltungen anreisen.

„Ziel aller Beteiligten muss sein, dass die Ausschreitungen im Schanzenviertel aufhören“, betont Thomas Butter, Sprecher der Innenbehörde. „Kontrollgebiete haben sich vielfach in Hamburg bewährt, sodass wir ganz genau prüfen werden, ob dieses erfolgreiche Instrument auch für die Schanze eine geeignete Option ist.“ Polizeisprecher Ralf Meyer erklärt, dass anrückende Krawallmacher auf diese Weise schon auf den Zugängen zum Schanzenviertel erfasst werden könnten. „Das Gefahrengebiet ist eine Möglichkeit“, sagt SPD-Innenexperte Andreas Dressel. „Man könnte verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen und so potenzielle Randalierer aus dem Verkehr ziehen.“ Er betont aber, dass die SPD bereits seit dem Schanzenfest 2008 gefordert habe, die gesamte Bandbreite des Polizeirechts einzusetzen, wie Platzverweise und Unterbindungsgewahrsam.

Skeptisch ist Freddi Lohse von der Deutschen Polizeigewerkschaft. Ein Gefahrengebiet sei sinnvoll, gleichwohl werde man aber viel Personal benötigen. „Ich glaube, dass es bei Kontrollen sehr schnell zu heiklen Situationen kommt, die, wenn man nicht gut aufgestellt ist, in massiven Auseinandersetzungen enden.“

Zurückhaltend ist die GAL: „Man kann den Vorschlag diskutieren, auch wenn er mich nicht überzeugt“, sagt GAL-Innenexpertin Antje Möller. Sie meint, der Fokus müsse auf die Jugendarbeit gelegt werden, in Schulen, Ämtern und Kirchen. Die Linke lehnt das Konzept des Gefahrengebiets ab. Innenexpertin Christiane Schneider pflichtet Altonas Bezirksamtsleiter Jürgen Warmke-Rose bei, der einen Pakt mit den Anwohnern gegen Gewalt anstrebt (die WELT berichtete).

„Wir haben den Randalierern die Straße überlassen“

Die Polizei sagte „weniger Krawalle“ voraus. Dann zerstörten 700 Hooligans in der Schanze Geschäfte, Bars und Banken. Die Ordnungshüter reagierten hilflos

Zerstörte Läden, verstörte Anwohner, verletzte Polizisten. Das von der Polizei als „verhältnismäßig ruhig“ prognostizierte erste Mai-Wochenende endete in einer Orgie der Gewalt. Noch nie wurden in einer Krawallnacht so viele Geschäfte zerstört oder sogar geplündert. Fachleute aus Polizeikreisen sprechen von einer „Katastrophe“ und einem „Versagen auf ganzer Linie“. Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) räumte am Sonntag ein, dass sich die „Hoffnung, es würde ruhiger werden, nicht erfüllt“ habe. „Die Prognose war nicht korrekt“, gab Ahlhaus unumwunden zu. Die Polizei hätte zwar richtig eingeschätzt, dass viele Linksautonome nach Berlin gefahren seien, um gegen den Neonazi-Aufmarsch zu demonstrieren. Das Potenzial an „erlebnisorientierten“ Randalierern habe man aber unterschätzt. Sie waren „nicht Teil der Lageeinschätzung“.

Der Senator kündigte Konsequenzen an. „Das Maß ist voll“, sagte Ahlhaus. „Wir werden zukünftig noch mehr auf Festnahmen setzen und uns für härtere Strafen einsetzen.“

Gleichwohl pocht der Innensenator darauf, dass die Beamten im Einsatz „die Sache unter Kontrolle hatten“. Lediglich 30 Beamte wurden in beiden Krawallnächten verletzt.

Auch Polizeisprecher Ralf Meyer räumte ein, dass die von der Polizei abgegebene Prognose „nicht zutreffend“ war. Bis zu 700 „Krawalljugendliche“, die nicht zur linksautonomen Szene gehören, hatten die Sicherheitskräfte nicht auf der Rechnung. Der jüngste Steinewerfer ist erst 13 Jahre alt.

Anwohner zeigten sich schockiert vom Ausmaß der beiden Krawallnächte. Die Deutsche Bank am Schulterblatt liegt in Trümmern. Die Drogerie Rossmann gegenüber, die Haspa neben der Roten Flora, aber auch viele kleinere Geschäfte, wie ein Telefon- und ein Schallplattenladen, wurden demoliert und zum Teil sogar geplündert.

„Die haben unsere Stühle genommen, die draußen standen, und die Beine abgebrochen, um Knüppel zu haben, oder ganze Stühle in die Scheiben geworfen“, sagt ein Wirt, der aus Angst vor gezielten Repressalien lieber nicht mit Namen genannt werden will. Fahrradbesitzer suchten gestern ihre Räder, die ebenfalls durch Scheiben geworfen oder zu Barrikaden verbaut worden waren. Autos mit kaputten Scheiben stehen am Fahrbahnrand.

„Mit unglaublicher Brutalität hat ein randalierender Mob eine Schneise der Verwüstung durch das Schanzenviertel gezogen“, sagt der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lenders. Dabei war schon am Sonnabendnachmittag absehbar gewesen, dass es eine harte Nacht für die Polizei werden würde. Zu der „revolutionären 1.-Mai-Demo“ waren wenig „Revolutionäre“, dafür jede Menge „gewaltorientierte Jugendliche“ gekommen, die ganz offensichtlich dankbar jede Krawallgelegenheit wahrnehmen.

Die Polizei, die mit höchstens 500 Teilnehmern, davon 100 gewaltbereiten, rechnete, sah sich plötzlich 1550 Demonstranten gegenüber, unter denen laut Einsatzprotokoll „kein bürgerliches Klientel war“. Schon hier, so Lenders‘ Kritik, hätte der Leiter des Führungsstabes auf die Situation reagieren und den Großeinsatz gegen Autobrandstifter in dieser Nacht aussetzen müssen. Das tat der Leitende Polizeidirektor Peter Born offenbar nicht.

Die Demonstration endete um 21.24 Uhr am Sternschanzenbahnhof. Drei Minuten später begann die Randale im Viertel. Hektisch wurde eine Hundertschaft Bereitschaftspolizei mit Hubschraubern aus Berlin eingeflogen. Beamte, die im Einsatz gegen Autobrandstifter Streife fuhren, wurden in die Schanze gelotst. Sie konnten nur noch in Zivil zur Aufklärung eingesetzt werden.

„Hier wurde die Straße den Randalierern überlassen“, sagt Lenders. „Wer alles schützen will, schützt nichts“, tröstet sich ein Polizist. Die, die man nicht schützen konnte, wollen das nicht mehr hinnehmen. „Ich war dabei, als Du am 1. Mai mit Rucksäcken voll Steinen anreistest. Mit Mamas Monatskarte aus der Vorstadt, mit viel billigem Fusel und wenig Ideen im Kopf“, schreibt ein Anwohner in einer Mail über seine nächtlichen Erlebnisse. Das passt zu den nüchternen Zahlen, die für das Mai-Wochenende neben 30 verletzten Polizisten auch 40 Fest- und 29 Ingewahrsamnahmen ausweisen. „Fast alle stammen aus Hamburg oder dem Umland“, sagt Meyer.

16 verletzte Einsatzkräfte bei Krawallen in der Schanze

Bei schweren Krawallen im Hamburger Schanzenviertel sind in der Nacht auf Sonntag mindestens 15 Polizisten und ein Feierwehrmann verletzt worden. Die Randalierer plünderten einen Drogeriemarkt, warfen die Scheiben von Banken und Geschäften ein und zündeten Barrikaden an, wie die Polizei gestern mitteilte. Die SPD warf der Innenbehörde vor, die Lage unterschätzt und zu wenig Polizisten mobilisiert zu haben.

Polizeisprecher Holger Vehren berichtete, erneut hätten sich zahlreiche jugendliche Krawalltouristen an den Ausschreitungen beteiligt. 40 Personen wurden vorläufig festgenommen, 29 in Gewahrsam genommen. Bereits in der Nacht zuvor waren in dem Viertel mindestens 18 Polizisten verletzt worden.

Die Ausschreitungen am Sonnabend begannen laut Polizei nach einer Demonstration mit rund 1500 Teilnehmern unter dem Motto „Revolutionäre 1. Mai Demonstration: Kapitalismus zerschlagen!“. Polizisten seien „massiv“ mit Steinen beworfen worden, die Polizei setzte Wasserwerfer ein.

Die Demonstranten zündeten den Angaben zufolge Barrikaden und Müllcontainer an und beschädigten Parkbänke, Verkehrsschilder und parkende Fahrzeuge. Laut Polizei plünderten und verwüsteten sie einen Drogeriemarkt und warfen die Scheiben zweier Banken  und mehrerer Geschäfte ein. Zur Höhe des Sachschadens gab es zunächst keine Angaben.

Im gesamten Bereich des Schanzenviertels seien Polizisten bis etwa 01.30 Uhr aus Gruppen mit bis zu 200 Personen heraus mit Steinen und Flaschen beworfen worden. Die Polizisten gingen den Angaben zufolge mit Schlagstöcken und Wasserwerfern vor. Der verletzte Feuerwehrmann musste ins Krankenhaus gebracht werden.

Polizeisprecher Vehren sagte, die Krawalle hätten in etwa das Ausmaß derjenigen im vergangenen Jahr gehabt. Dieses Jahr seien offenbar erneut auch zahlreiche nicht-politisch orientierte Jugendliche unter den Randalierern gewesen, für die die Auseinandersetzungen mit der Polizei eher „Eventcharakter“ hätten. In Hamburg seien rund 1200 Polizisten aus Hamburg und Schleswig-Holstein sowie der Bundespolizei eingesetzt worden.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion kritisierte die Polizeitaktik scharf. Ihr innenpolitischer Sprecher Andreas Dressel erklärte, die Sicherheitsbehörden hätten fälschlicherweise vorausgesagt, dass das Geschehen rund um den 1. Mai in Hamburg „vergleichsweise ruhig verlaufen“ werde.

„Was nützt eine Vorfeldaufklärung in der linksextremistischen Szene, wenn der Anteil der reinen Krawalltouristen und sogenannter erlebnisorientierter Jugendlichen, die sich einer politischen Einordnung entziehen, immer größer wird? Hierauf muss man vorbereitet sein und das war man offenkundig nicht“., erklärte Dresse.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte dagegen dem Sender N24, man könne nicht von einem Misserfolg in Hamburg sprechen. Die Krawalle hätten sich nicht von denen 2009 unterschieden. Die Polizei sei sehr entschlossen vorgegangen.

Krawall-Skandal

Mai-Randale überrascht Polizei +++ Dramatische Fehlplanung +++Zu wenig Beamte, weil sie in Berlin aushelfen mussten +++Chaoten immer jünger, viele Migranten

30 verletzte Polizisten, verwüstete Geschäfte und Banken, Plünderungen. 700 Chaoten fielen über das Schanzenviertel her, entzündeten Barrikaden, warfen Steine und Flaschen auf Einsatzkräfte. Dabei hatte die Hamburger Polizeiführung einen ruhigen 1. Mai vorausgesagt! BILD erklärt, wie es zu dieser Fehleinschätzung kam.

Polizei-Fehler 1: Die Beamten waren sich sicher, dass die Hamburger Autonomen zum Randalieren nach Berlin fahren. Das taten die meisten auch. Aber stattdessen kamen bis zu 500 meist unpolitische Jugendliche, die Krawall anzettelten. Viele mit Migrationshintergrund.

Polizeisprecher Ralf Meyer (50): „Das war etwas, das wir nicht so eingeschätzt hatten.“ Und Joachim Lenders von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DpolG): „Die Lageeinschätzung für das 1.-Mai-Wochenende war vollkommen daneben, hat zu einer Gefährdung unserer Einsatzkräfte geführt.“

Polizei-Fehler 2: Am Freitagabend trafen rund 150 vermummte Autonome auf gerade mal 60 bis 70 Polizisten. Beamte einer kompletten Hundertschaft durften zu Hause bleiben, hatten Rufbereitschaft. Sie wurden alarmiert, als die Lage eskalierte. Die Beamten waren dann erst nach zwei Stunden einsatzbereit.

Polizei-Fehler 3: Zwei Hamburger Hundertschaften wurden nach Berlin ausgeliehen. Die Hauptstadt war mit 7000 Polizisten gut gerüstet, Hamburg musste am Sonnabend mit 1200 Polizisten auskommen, auch noch das Bundesliga-Spiel HSV gegen den 1. FC Nürnberg bewältigen. Nachts wurde dann eine Reservehundertschaft mit sieben Hubschraubern nach Hamburg gebracht.

Auch SPD-Innenexperte Dr. Andreas Dressel kritisierte die Polizeitaktik, kündigte eine Senatsanfrage an.

16 verletzte Einsatzkräfte bei Krawallen in der Schanze

Bei schweren Krawallen im Hamburger Schanzenviertel sind in der Nacht auf Sonntag mindestens 15 Polizisten und ein Feierwehrmann verletzt worden. Die Randalierer plünderten einen Drogeriemarkt, warfen die Scheiben von Banken und Geschäften ein und zündeten Barrikaden an, wie die Polizei gestern mitteilte. Die SPD warf der Innenbehörde vor, die Lage unterschätzt und zu wenig Polizisten mobilisiert zu haben.

Polizeisprecher Holger Vehren berichtete, erneut hätten sich zahlreiche jugendliche Krawalltouristen an den Ausschreitungen beteiligt. 40 Personen wurden vorläufig festgenommen, 29 in Gewahrsam genommen. Bereits in der Nacht zuvor waren in dem Viertel mindestens 18 Polizisten verletzt worden.

Die Ausschreitungen am Sonnabend begannen laut Polizei nach einer Demonstration mit rund 1500 Teilnehmern unter dem Motto „Revolutionäre 1. Mai Demonstration: Kapitalismus zerschlagen!“. Polizisten seien „massiv“ mit Steinen beworfen worden, die Polizei setzte Wasserwerfer ein.

Die Demonstranten zündeten den Angaben zufolge Barrikaden und Müllcontainer an und beschädigten Parkbänke, Verkehrsschilder und parkende Fahrzeuge. Laut Polizei plünderten und verwüsteten sie einen Drogeriemarkt und warfen die Scheiben zweier Banken  und mehrerer Geschäfte ein. Zur Höhe des Sachschadens gab es zunächst keine Angaben.

Im gesamten Bereich des Schanzenviertels seien Polizisten bis etwa 01.30 Uhr aus Gruppen mit bis zu 200 Personen heraus mit Steinen und Flaschen beworfen worden. Die Polizisten gingen den Angaben zufolge mit Schlagstöcken und Wasserwerfern vor. Der verletzte Feuerwehrmann musste ins Krankenhaus gebracht werden.

Polizeisprecher Vehren sagte, die Krawalle hätten in etwa das Ausmaß derjenigen im vergangenen Jahr gehabt. Dieses Jahr seien offenbar erneut auch zahlreiche nicht-politisch orientierte Jugendliche unter den Randalierern gewesen, für die die Auseinandersetzungen mit der Polizei eher „Eventcharakter“ hätten. In Hamburg seien rund 1200 Polizisten aus Hamburg und Schleswig-Holstein sowie der Bundespolizei eingesetzt worden.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion kritisierte die Polizeitaktik scharf. Ihr innenpolitischer Sprecher Andreas Dressel erklärte, die Sicherheitsbehörden hätten fälschlicherweise vorausgesagt, dass das Geschehen rund um den 1. Mai in Hamburg „vergleichsweise ruhig verlaufen“ werde.

„Was nützt eine Vorfeldaufklärung in der linksextremistischen Szene, wenn der Anteil der reinen Krawalltouristen und sogenannter erlebnisorientierter Jugendlichen, die sich einer politischen Einordnung entziehen, immer größer wird? Hierauf muss man vorbereitet sein und das war man offenkundig nicht“., erklärte Dresse.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte dagegen dem Sender N24, man könne nicht von einem Misserfolg in Hamburg sprechen. Die Krawalle hätten sich nicht von denen 2009 unterschieden. Die Polizei sei sehr entschlossen vorgegangen.

Gut 100 Polizisten jagen jede Nacht die Auto-Brandstifter. Hamburgs Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft Joachim Lenders schlägt Alarm.

Die Polizisten konzentrieren sich bei ihrer Jagd schwerpunktmäßig auf nur wenige Stadtteile. Nun schlägt Joachim Lenders, Hamburger Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Alarm: „Das führt zu einem sicherheitspolitischen Kollaps.“ Die Belastungsgrenze der Polizei sei überschritten.

Laut dem Gewerkschafter gibt es schon jetzt Polizeireviere, die 70000 Menschen betreuen müssen, aber keine Streifenwagen zur Verfügung haben. Lenders: „Statt normal Streifen zu fahren, sind die drei Peterwagen des Polizeikommissariats abkommandiert, Autobrandstifter zu jagen, Schwertransporte zu begleiten, oder sie sind im Demo-Einsatz.“ Innenbehörden-Sprecher Ralf Kunz widerspricht: „Die Polizei kann alle Aufgaben professionell bewältigen.“

Am Sonnabend ruft der „Flüchtlingsrat“ zur Demo durch die City auf. Um 18.30 Uhr wollen knapp 1000 Demonstranten ab Glockengießerwall unter dem Motto „Abschiebehaft sofort abschaffen“ über den Jungfernstieg Richtung Schanze laufen. Ein Marsch durch die Mö wurde von der Polizei untersagt.

Polizeigewerkschaft sieht innere Sicherheit auf Dauer in Gefahr

Hamburgs Polizei ist überstrapaziert. So sieht es jedenfalls die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG). „Das wird in absehbarer Zeit zu einem sicherheitspolitischen Kollaps führen“, warnt Landeschef Joachim Lenders angesichts vieler neuer Schwerpunkteinsätze. „Die Belastungsgrenze in allen Bereichen der Polizei ist nicht nur erreicht, sondern überschritten.“ Dass die Aufgaben bewältigt werden müssten, sei unstrittig. Dafür müsse aber umgehend eine entsprechende Personalaufstockung stattfinden.

Dass die nicht schnell umsetzbar ist, ist Lenders klar. Es müssten aber die jetzigen Zustände geändert werden. „Bei der Bereitschaftspolizei sind 80 Stellen unbesetzt“, sagt Lenders. „Bei den Zivilfahndern sind es 30 Stellen.“ Nur in diesen beiden Bereichen würden mehr Beamte fehlen als jetzt für die allnächtlichen Schwerpunkteinsätze der Ermittlungsgruppe „Florian“ bei der Jagd nach den Autobrandstiftern benötigt werden. „Wir fordern die Polizeiführung und die politische Führung auf, den Bürgern offen zu sagen, dass sie deutliche Einschränkungen bei der Gewährleistung von innerer Sicherheit hinnehmen müssen“, sagt Lenders. „Unter den derzeitigen Bedingungen ist die innere Sicherheit auf Dauer nicht zu gewährleisten.“