Skip to main content

SPARHAMMER Jetzt brennt’s lichterloh!

Bürgermeister Ole von Beust (CDU) lässt den Sparhammer kreisen. Prompt brennt’s an vielen Stellen lichterloh, bahnt sich massiver Protest an.

510 Millionen sollen in den kommenden Jahren eingespart werden, verkündete Beust in seiner Regierungserklärung. Die Betroffenen sind empört. BILD druckt die Wut-Liste.

Die Beamtengewerkschaft Komba fordert Beusts Rücktritt. Grund: die angekündigten Einschnitte beim Weihnachtsgeld. Komba-Chef Horst Weidemann: „Viele von uns haben das als schallende Ohrfeige empfunden.“

Trabrennfreunde fürchten: Unser Sport wird totgespart! Durch die Streichung der Doppelrennbahn in Horn verlieren die Traber spätestend 2015 ihre Heimat in Bahrenfeld, weil der Senat das Gelände in Autobahnnähe verkaufen will, um den A 7-Deckel zu finanzieren. Der sportpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Wolfhard Ploog: „Bei dem Gedanken blutet einem das Herz. “ Sein Vorschlag: „Vielleicht können die Traber ja nach Elmshorn ausweichen.“ Die Bahn dort ist vor drei Jahren geschlossen worden.

Die Polizeigewerkschaften warnen: keine Politik auf Kosten der Beamten! DPolG-Chef Joachim Lenders: „Mit den Sparplänen bricht Ole von Beust sein Wort. Statt Polizisten ist Portemonnaie zu greifen, sollte er lieber Leuchtturmprojekte beerdigen.“ Hamburgs BDK-Chef André Schulz: „Wir erwarten, dass die Weihnachtsgeld-Kürzung umgehend zurückgenommen wird.“

Der CDU-Wirtschaftsrat mahnt dringend den Verzicht auf das teure Stadtbahn-Projekt an. Chef Matthias Leutke: „Das Kostet mindestens 200 Millionen Euro, ist derzeit nicht darstellbar.“

Die Galopp-Sportler sind wütend. Seit 2007 zahlt die Stadt pro Jahr 400.000 Euro beim Deutschen Derby in Horn dazu, weil Sponsorengelder und Wetteinnahmen zurückgingen. Gestrichen! Rennclubpräsident Eugen-Andreas Wahler: „Ich war überrascht, bin niedergeschlagen. Das Derby ist gefährdet.“

Die Tennisfans zittern ums Traditionsturnier am Rothenbaum (läuft dieses Jahr zum 104. Mal). Mit rund 200.000 Euro sponsorte die Stadt die Veranstaltung. Vorbei! DTB-Präsident Georg von Waldenfels hofft noch: „Das Turnier muss eine Zukunft haben.“

Gewerkschaften laufen Sturm gegen die Senats-Sparpläne

Polizeigewerkschaft wirft Beust Missbrauch des Beamtenrechts und Wortbruch vor

Gewerkschaften haben die Sparpläne des schwarz-grünen Senats als Willkür kritisiert und scharfe Proteste angekündigt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) warfen Bürgermeister Ole von Beust (CDU) gestern einen Missbrauch des Beamtenrechts und Wortbruch vor. Der Regierungschef hatte am Mittwoch in der Bürgerschaft angekündigt, dass den Beschäftigten im öffentlichen Dienst wegen der desolaten Haushaltslage das Weihnachtsgeld gekürzt oder ganz gestrichen werde.

Insgesamt will der Senat die Ausgaben des Stadtstaates 2011 um rund 510 Millionen Euro kürzen. Der Wirtschaftsrat der CDU begrüßte dagegen die Sparbeschlüsse des Senats. „Als Tarifpartei werden wir nicht hinnehmen, dass ein Bürgermeister wie ein Gutsherr verkündet, was einen Bediensteten zusteht und was nicht“, sagte Hamburgs Ver.di-Chef Wolfgang Rose. Unter diesen Voraussetzungen müssen das Beamtenrecht geändert werden. „Das Verhandlungs- und Streikrecht muss für alle Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes gelten, ob angestellt oder verbeamtet.“ Rose kritisierte die Sparbeschlüsse scharf, wonach 100 Millionen Euro beim Personal und 150 Millionen Euro durch Effizienzsteigerungen bei Verwaltung und öffentlichen Betrieben erzielt werden sollen.

Die restlichen 260 Millionen Euro sollen die Behörden laut Beust bis zum Herbst in ihren Ressorts einsparen. Hamburgs DGB-Chef Uwe Grund fordert Beust auf, über Mehreinnahmen nicht nur laut nachzudenken, sondern im Bundesrat zu handeln und den Spitzensteuersatz wieder auf das Niveau zu Helmut Kohls Zeiten anzuheben und die Erben der Superreichen zu besteuern. Außerdem müsse er dafür sorgen, dass Milliardeneinkünfte nicht mehr an der Steuer vorbeigeschleust werden können. Die Kürzung des Weihnachtsgeldes kritisierte Grund scharf. „Zusammen mit Stellenstreichungen und Mehrarbeit wird, wenn das Sparpaket erst richtig geschnürt ist, ein Protest erwachse, wie ihn dieser Senat nicht besser verdient.“

Nach Ansicht der Deutschen Polizeigewerkschaft hat Bürgermeister Beust das Vertrauen seiner Beamten missbraucht. Noch vor wenigen Monaten habe Beust erklärt, dass bei den Beamten genug gespart worden sei. Genau dies wolle der Senat nun tun, obwohl er dies eigentlich gar nicht könne. Die Bezahlung der Beschäftigten werde nicht per Gesetz, sondern per Tarifvertrag geregelt, betonte die DPolG. Sie wies darauf hin, dass der schwarz-grüne Senat durch seine Leuchtturmprojekte über seine Verhältnisse gelebt habe. Der Hamburger Vorsitzende des CDU Wirtschaftsrats Matthias Leutke nannte die Sparbeschlüsse dagegen „gut und richtig“. „Wenn wir heute nicht bereit sind, verstärkte Einschnitte in der Struktur des Betriebskostenhaushaltes vorzunehmen, dann rollt ein Tsunami zur Konsolidierung auf uns zu.“ Die GAL begrüßte vor allem Beusts Ankündigung, sich für einen höheren Spitzensteuersatz einzusetzen.

„Wir freuen uns, dass sich Ole von Beust mit seinem Vorstoß unserer grünen Forderung angeschlossen hat und werden ihn nach Kräften unterstützen“, erklärte Hamburgs Grünen Chefin Katharina Fegebank. Die nicht im Parlament vertretene FDP verlangte ein neutrales Spargutachten für den Hamburger Haushalt. Der schwarz-grüne Senat habe sich mit seinem Haushalt in eine ideologische Einbahnstraße verirrt, aus der er aus eigener Kraft nicht mehr hinausfinde, sagte FDP-Chef Rolf Salo.

200 Beamte jagen Nacht für Nacht die Autozündler in Hamburg. Ohne Erfolg: Wieder brannten Autos, wieder entkamen die Täter. Jetzt packt ein Beamter aus: „Diese Taktik bringt gar nichts!“

Seit zwei Monaten sind sie auf der Jagd. Jede Nacht. 200 Polizisten der Soko „Florian“, die Autobrandstifter fangen soll. Bisher ohne Erfolg. Polizeiintern wurde die Truppe schon umgetauft in „Soko Sinnlos“.

Am Dienstag brannten wieder neun Autos – diesmal in Hohenfelde. Jetzt packt in der MOPO ein Beamter aus, fordert den Stopp des Mega-Einsatzes, weil er zu einer extremen Überlastung der Polizei führt und nichts bringt. Im Gegenteil: Wer 110 wählt, muss bei Routineeinsätzen eventuell mehrere Stunden warten, bis ein Streifenwagen kommt.

Tobias H. (Name geändert) ist 29 Jahre alt und seit fast zwölf Jahren Polizist. Nacht für Nacht sitzt er zusammen mit einem Kollegen zwischen 21 und 7 Uhr in einem Zivilwagen. Bis zu 60 solcher Fahrzeuge der „Ermittlungsgruppe Florian“ sind nachts unterwegs, um die Autobrandstifter zu fassen.

Tobias H.: „Dass etwas gemacht werden muss, ist uns klar. Aber so geht es nicht weiter. Das gleicht der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Auf der anderen Seite gibt es kaum Einsätze gegen Gewalttäter auf dem Kiez, wird kaum noch nach Einbrechern oder Dealern gefahndet.“

Vor allem Bereitschaftspolizisten haben bisher die Beamten auf den Revieren regelmäßig unterstützt. Seit dem Dauer-Großeinsatz gegen die Autozündler fällt diese Unterstützung komplett weg. Obermeister H.: „Das ist nicht hinnehmbar. An den Polizeikommissariaten können zeitnah nur noch die dringendsten Einsätze gefahren werden.“

Aktuell gab es an diesem Wochenende bei Routineeinsätzen wie Ruhestörung oder bei Unfällen ohne Verletzte Wartezeiten von bis zu vier Stunden! Die Streifenwagen hetzten teilweise mit Blaulicht nur noch von Einsatz zu Einsatz. Normale Streifenfahrten fallen völlig flach.

Joachim Lenders, stellvertretender Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft: „Das Personalproblem in der Polizei ist eklatant. Ständig neue Sokos lindern vielleicht die Not der Politik, die dann nicht ganz so dumm in der Öffentlichkeit dasteht und Tatkraft demonstriert, dem Problem werden sie nicht gerecht, und den Tätern wird die Polizei so nicht Einhalt gebieten.“ 

Polizeisprecher Ralf Meyer kontert: „Es ist uns bewusst, dass der Einsatz gegen die Autobrandstifter ein Kraftakt ist, die Mindesteinsatzstärke an den Polizeikommissariaten wird aber nicht angetastet.“ Meyer verweist darauf, dass die Soko-Leute nebenbei auch andere Straftäter fassen.

Streit um Verkauf der Roten Flora

„Blanker Irrsinn“ So urteilt Joachim Lenders, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), über einen möglichen Rückkauf der Roten Flora durch den Senat. Lenders: Ich bin strikt gegen eine staatlich finanzierte Spielwiese für Linksautonome.“ Wenn der derzeitige Eigentümer der Roten Flora, Klausmartin Kretschmer, einen Käufer habe, solle man ihn verkaufen lassen.

Hintergrund: Wie BILD berichtete, behauptet Kretschmer, ein US-Sicherheitskonzern sei an der Roten Flora interessiert, biete 19 Millionen Euro. In vertraulichen Gesprächen soll Kretschmer jedoch gleichzeitig signalisiert haben, dass er am liebsten an die Stadt verkaufen würde.

SPD-Innenexperte Dr. Andreas Dressel will nun vom Senat wissen, ob es mit Kretschmer Verhandlungen gibt, ob der Senat ein langfristiges Konzept für den Umgang mit der Roten Flora hat, ob Kretschmer die Flora nur mit Zustimmung des Senats und der Bürgerschaft an Dritte verkaufen kann.

Im Internet machen Sympathissanten der Roten Flora schon jetzt mobil für den Fall des Verkaufs: „Ein Räumungszenario wird nicht ohne massiven Widerstand stattfinden“.

Wegen Gewaltdrohungen: Lenders sagt Diskussionsteilnahme ab

Zum Thema „Polizei und Gewalt“ sollte der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Joachim Lenders, bei der Veranstaltungsreihe „taz salon“ dabei sein. Jetzt ist die Veranstaltung geplatzt. Chaoten hatten angekündigt, die im Kulturhaus 73 am Schulterblatt geplante Veranstaltung massiv zu stören.

„Wir laden alle Chaotinnen und Chaoten ein, diesem einmaligen Event beizuwohnen“, heißt es in dem Aufruf. „Ich habe keine Angst und lasse mich nicht einschüchtern“, sagt Lenders. „Ich will und werde aber meinen Kollegen angesichts der ohnehin besonders hohen Belastung nicht deswegen zusätzliche Mehrarbeit zumuten.“ Die hätte gleich Hunderte Beamte betroffen. Laut einer Lagebeurteilung der Polizei sollten für den Schutz dieser Veranstaltung fünf Einsatzhundertschaften aufgeboten werden, um einen sicheren Veranstaltungsablauf gewährleisten zu können. „Ohne diese Gewaltankündigung wäre es für mich selbstverständlich gewesen, der Einladung zu folgen“, sagt Lenders. „Dass bei einer solchen Diskussion differenzierte, auch gegensätzliche Meinungen aufeinandertreffen können, ist für mich eine demokratische Selbstverständlichkeit. Dem hätte ich mich gern gestellt.“

Nach Gewaltdrohung, Diskussion in der Schanze abgesagt!

Weil Protestler im Internet dazu aufgerufen hatten, die Veranstaltung zu stören, hat der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Joachim Lenders, eine Podiumsdiskussion abgesagt. Das Thema: „Polizei und Gewalt“.

Die Podiumsdiskussion im Rahmen des „taz salons“ sollte heute direkt neben der Roten Flora im Kulturhaus 73 am Schulterblatt (Sternschanze) stattfinden. Schon vor Tagen wurde im Internet zu Protesten aufgerufen. „Verschiedene Gruppen nehmen diese Veranstaltung zum Anlass, die Proteste gegen die Innenministerkonferenz etwas frühzeitiger zu beginnen. Wir wissen nicht, was die ,taz‘ geritten hat, einem Scharfmacher wie Lenders ein Forum zu bieten. Wir laden alle Chaotinnen und Chaoten ein, diesem einmaligen Event beizuwohnen“, heißt es auf der alternativen Medienplattform „Indymedia“ im Internet.

Seine Absage zu der Veranstaltung erklärt Joachim Lenders so: „Für den Schutz dieser Veranstaltung und meiner Person sollten etwa 650 Beamte aufgeboten werden. Die Belastungssituation meiner Kollegen ist in den vergangenen Wochen exorbitant gestiegen, sodass es unverantwortlich für mich ist, diese nochmals zu verschärfen.“ Allerdings wolle er sich „von ein paar Chaoten bestimmt nicht einschüchtern lassen“. Er halte es für unerträglich, dass ein Mob von ignoranten Chaoten ihren Stadtteilterror immer weiter ausdehnen könne.

Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) unterstützt Lenders. „Die Entscheidung verdient Respekt. Es ist bedauerlich, dass er die Teilnahme an der Veranstaltung absagen musste.“

Senat schweigt – Opposition bestellt Regierung „zum Rapport“

Im Innenausschuss soll der Fall aufgeklärt werden

Der Senat will die Hintergründe des Falls des „S-Bahn-Killers“ Elias A. nach eigenem Bekunden zwar aufklären. Offen zu dem Fall und der kriminellen Karriere des jugendlichen Täters äußern mochte sich am Dienstag von den Hamburger Behördenspitzen jedoch niemand. Justizsenator Till Steffen (GAL) lehnte eine Stellungsnahme zu dem Fall und der Rolle der Hamburger Justiz weiterhin ab. Auch die Sozialbehörde schweigt: Inwieweit der mutmaßliche Täter vom Jugendamt betreut wurde, will die Behörde unter Verweis auf Datenschutz nicht preisgeben. Einzig Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) hatte in der WELT Stellung bezogen und gefordert, jugendliche Intensivtäter wie Elias A. müssten schnell mit Strafen rechnen.

Jetzt soll eine behördenübergreifende Kommission den Fall aufarbeiten. Mit Ergebnissen wird allerdings erst in einigen Wochen zu rechnen sein. „Das schlechte Gewissen ist deutlich spürbar“, sagt der SPD-Innenpolitiker Andreas Dressel. „Wir werden darauf drängen, dass der Senat im Innenausschuss Auskunft erteilt. Dort erwarten wir die Senatoren zum Rapport.“ Die Aufarbeitung müsse auch gegenüber Parlament und Öffentlichkeit passieren und nicht nur am grünen Tisch der Behörden. Einen entsprechenden Antrag der SPD auf Selbstbefassung im Ausschuss sei in Vorbereitung.

Dressel nimmt auch das „Protäkt-Programm“ der Justizbehörde für jugendliche Schwerstkriminelle in den Fokus: In einer Senatsanfrage will er das Programm genau hinterfragen. Es müsse geklärt werden, ob dieses Programm durch seinen Ansatz wirklich zukünftige Straftaten verhindern könne. Dressel: „Hierzu müssen die Zahlen auf den Tisch. Zumindest in diesem Fall hat das Senatsversprechen der „Manndeckung“ zur Vermeidung weiterer Straftaten erkennbar nicht funktioniert.“ Dressel erwartet, dass der Senat über den Erfolg des Programms auch wirklich Auskunft geben müsse, denn es müsse auch eine Evaluation dieser Maßnahmen geben. Bei der Vorstellung des Programms im Mai 2007 hatte der damalige Justizsenator Carsten Lüdemann (CDU) noch erklärt, gerade im Bereich der Jugendkriminalität sei es wichtig, den Tätern klare Grenzen aufzuzeigen und Strafen auf dem Fuße folgen zu lassen. Auch Justizsenator Steffen hatte sich wiederholt für das Programm ausgesprochen.

Den Blick auf die Opfer richtet Joachim Lenders, Landesvorsitzender der deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Es ist natürlich ein Einzelfall. Er zeigt aber auch, dass es Täter gibt, bei denen Hopfen und Malz verloren ist. Sie sind tickende Zeitbomben, die aus einem lächerlich nichtigen Anlass explodieren.“ Hier müsse der Schutz der Menschen vorgehen. „Der Präventionsgedanke muss dann hinter der Repression kommen“, so Lenders. „Die Gesellschaft muss vor solchen Leuten wirksam geschützt werden.“

Immer mehr Schrott-Laster unterwegs

Kaputte Bremsen, übermüdete Fahrer. Die Polizei warnt: Auf Hamburgs Straßen sind immer mehr Schrott-Laster unterwegs. Grund: Gerade Schwertransporte werden in den meisten Fällen nicht kontrolliert.

Zwar sind die Beamten verpflichtet, die Brummis zu überprüfen, bevor sie durch Hamburg fahren, doch sie würden Mängel nicht erkennen. Den Polizisten fehlt eine Ausbildung.

„Die Zahl der Schwertransporte ist dramatisch gestiegen“, sagt Joachim Lenders, Landes-Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Monatlich müssen die Beamten etwa 300 Transporte begleiten. Sie übernehmen die Laster nachts in Höhe der Raststätte Holmmoor an der A7. Zwar müssten die Polizisten die Brummis vorher kontrollieren, allerdings ist auf dem Parkplatz kein Platz, sodass sie die Transporte bei voller Fahrt übernehmen. Nicht das einzige Problem: Selbst wenn Platz wäre, könnten die Beamten die Kontrollen nicht professionell durchführen, da ihnen eine Ausbildung fehlt. „Das sind Polizisten von den Wachen, die keine notwendigen Lehrgänge bekommen haben. Wir fordern, dass diese Arbeit ab sofort von Polizei-Angestellten übernommen wird, die speziell geschult sind“, so Lenders.

Dass das nötig ist, zeigt eine kürzlich durchgeführte Kontrolle von Schwertransporten. Mehr als 90 Prozent der Laster hatten Mängel. Darunter ein mit Sprengstoff beladener Lkw, dessen gefährliche Ladung in keiner Form gesichert war.

„Hinzu kommt, dass die Beamten haftbar gemacht werden können.“ Wenn sich zum Beispiel wegen schlechter Ladungssicherung ein Unfall ereignet, tragen die Beamten eine Mitschuld, da sie nicht kontrolliert haben.

Sternschanze soll als Gefahrengebiet deklariert werden

Die Einrichtung eines neuen „Gefahrengebietes“ im Schanzenviertel könnte eine Möglichkeit sein, den Gewaltexzessen zu begegnen – die Innenbehörde steht hinter dem Vorschlag der CDU, dem auch die SPD beipflichtet. In einem Gefahrengebiet, auch wenn es zeitlich befristet so deklariert werden sollte, kann die Polizei auch ohne konkreten Anlass Kontrollen durchführen, etwa schon, wenn Jugendliche zu Veranstaltungen anreisen.

„Ziel aller Beteiligten muss sein, dass die Ausschreitungen im Schanzenviertel aufhören“, betont Thomas Butter, Sprecher der Innenbehörde. „Kontrollgebiete haben sich vielfach in Hamburg bewährt, sodass wir ganz genau prüfen werden, ob dieses erfolgreiche Instrument auch für die Schanze eine geeignete Option ist.“ Polizeisprecher Ralf Meyer erklärt, dass anrückende Krawallmacher auf diese Weise schon auf den Zugängen zum Schanzenviertel erfasst werden könnten. „Das Gefahrengebiet ist eine Möglichkeit“, sagt SPD-Innenexperte Andreas Dressel. „Man könnte verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen und so potenzielle Randalierer aus dem Verkehr ziehen.“ Er betont aber, dass die SPD bereits seit dem Schanzenfest 2008 gefordert habe, die gesamte Bandbreite des Polizeirechts einzusetzen, wie Platzverweise und Unterbindungsgewahrsam.

Skeptisch ist Freddi Lohse von der Deutschen Polizeigewerkschaft. Ein Gefahrengebiet sei sinnvoll, gleichwohl werde man aber viel Personal benötigen. „Ich glaube, dass es bei Kontrollen sehr schnell zu heiklen Situationen kommt, die, wenn man nicht gut aufgestellt ist, in massiven Auseinandersetzungen enden.“

Zurückhaltend ist die GAL: „Man kann den Vorschlag diskutieren, auch wenn er mich nicht überzeugt“, sagt GAL-Innenexpertin Antje Möller. Sie meint, der Fokus müsse auf die Jugendarbeit gelegt werden, in Schulen, Ämtern und Kirchen. Die Linke lehnt das Konzept des Gefahrengebiets ab. Innenexpertin Christiane Schneider pflichtet Altonas Bezirksamtsleiter Jürgen Warmke-Rose bei, der einen Pakt mit den Anwohnern gegen Gewalt anstrebt (die WELT berichtete).

„Wir haben den Randalierern die Straße überlassen“

Die Polizei sagte „weniger Krawalle“ voraus. Dann zerstörten 700 Hooligans in der Schanze Geschäfte, Bars und Banken. Die Ordnungshüter reagierten hilflos

Zerstörte Läden, verstörte Anwohner, verletzte Polizisten. Das von der Polizei als „verhältnismäßig ruhig“ prognostizierte erste Mai-Wochenende endete in einer Orgie der Gewalt. Noch nie wurden in einer Krawallnacht so viele Geschäfte zerstört oder sogar geplündert. Fachleute aus Polizeikreisen sprechen von einer „Katastrophe“ und einem „Versagen auf ganzer Linie“. Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) räumte am Sonntag ein, dass sich die „Hoffnung, es würde ruhiger werden, nicht erfüllt“ habe. „Die Prognose war nicht korrekt“, gab Ahlhaus unumwunden zu. Die Polizei hätte zwar richtig eingeschätzt, dass viele Linksautonome nach Berlin gefahren seien, um gegen den Neonazi-Aufmarsch zu demonstrieren. Das Potenzial an „erlebnisorientierten“ Randalierern habe man aber unterschätzt. Sie waren „nicht Teil der Lageeinschätzung“.

Der Senator kündigte Konsequenzen an. „Das Maß ist voll“, sagte Ahlhaus. „Wir werden zukünftig noch mehr auf Festnahmen setzen und uns für härtere Strafen einsetzen.“

Gleichwohl pocht der Innensenator darauf, dass die Beamten im Einsatz „die Sache unter Kontrolle hatten“. Lediglich 30 Beamte wurden in beiden Krawallnächten verletzt.

Auch Polizeisprecher Ralf Meyer räumte ein, dass die von der Polizei abgegebene Prognose „nicht zutreffend“ war. Bis zu 700 „Krawalljugendliche“, die nicht zur linksautonomen Szene gehören, hatten die Sicherheitskräfte nicht auf der Rechnung. Der jüngste Steinewerfer ist erst 13 Jahre alt.

Anwohner zeigten sich schockiert vom Ausmaß der beiden Krawallnächte. Die Deutsche Bank am Schulterblatt liegt in Trümmern. Die Drogerie Rossmann gegenüber, die Haspa neben der Roten Flora, aber auch viele kleinere Geschäfte, wie ein Telefon- und ein Schallplattenladen, wurden demoliert und zum Teil sogar geplündert.

„Die haben unsere Stühle genommen, die draußen standen, und die Beine abgebrochen, um Knüppel zu haben, oder ganze Stühle in die Scheiben geworfen“, sagt ein Wirt, der aus Angst vor gezielten Repressalien lieber nicht mit Namen genannt werden will. Fahrradbesitzer suchten gestern ihre Räder, die ebenfalls durch Scheiben geworfen oder zu Barrikaden verbaut worden waren. Autos mit kaputten Scheiben stehen am Fahrbahnrand.

„Mit unglaublicher Brutalität hat ein randalierender Mob eine Schneise der Verwüstung durch das Schanzenviertel gezogen“, sagt der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lenders. Dabei war schon am Sonnabendnachmittag absehbar gewesen, dass es eine harte Nacht für die Polizei werden würde. Zu der „revolutionären 1.-Mai-Demo“ waren wenig „Revolutionäre“, dafür jede Menge „gewaltorientierte Jugendliche“ gekommen, die ganz offensichtlich dankbar jede Krawallgelegenheit wahrnehmen.

Die Polizei, die mit höchstens 500 Teilnehmern, davon 100 gewaltbereiten, rechnete, sah sich plötzlich 1550 Demonstranten gegenüber, unter denen laut Einsatzprotokoll „kein bürgerliches Klientel war“. Schon hier, so Lenders‘ Kritik, hätte der Leiter des Führungsstabes auf die Situation reagieren und den Großeinsatz gegen Autobrandstifter in dieser Nacht aussetzen müssen. Das tat der Leitende Polizeidirektor Peter Born offenbar nicht.

Die Demonstration endete um 21.24 Uhr am Sternschanzenbahnhof. Drei Minuten später begann die Randale im Viertel. Hektisch wurde eine Hundertschaft Bereitschaftspolizei mit Hubschraubern aus Berlin eingeflogen. Beamte, die im Einsatz gegen Autobrandstifter Streife fuhren, wurden in die Schanze gelotst. Sie konnten nur noch in Zivil zur Aufklärung eingesetzt werden.

„Hier wurde die Straße den Randalierern überlassen“, sagt Lenders. „Wer alles schützen will, schützt nichts“, tröstet sich ein Polizist. Die, die man nicht schützen konnte, wollen das nicht mehr hinnehmen. „Ich war dabei, als Du am 1. Mai mit Rucksäcken voll Steinen anreistest. Mit Mamas Monatskarte aus der Vorstadt, mit viel billigem Fusel und wenig Ideen im Kopf“, schreibt ein Anwohner in einer Mail über seine nächtlichen Erlebnisse. Das passt zu den nüchternen Zahlen, die für das Mai-Wochenende neben 30 verletzten Polizisten auch 40 Fest- und 29 Ingewahrsamnahmen ausweisen. „Fast alle stammen aus Hamburg oder dem Umland“, sagt Meyer.